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2V 61.

Kunstblatt.

Donnerstag, den 31. Juli 1845.

Moderne Malerei nnd Scnlptnr in Frankreich.

(Fortsetzung.)

Bedeutend markiger, gesunder in der Malerei, aber
auch bedeutend materialistischer, ohne Anspruch auf Idea-
lismus, sind die Bilder von Sch netz. Hier im Louvre
malte er Karl den Großen, umgeben von Bischöfen
und Mönchen, welche reichgeschnitzte Kisten, und von
mvrgenländischen Fürsten, welche andere kostbare Kunst-
sachen zu ihm herantragen. Schnetz scheint es zu ver-
schmähen oder ist cs nicht im Stande, die Form bis zu
einer gewissen Feinheit auszubilden; diese erscheint da-
her überall noch roh, in dem Ganzen aber zeigt sich
ein großes Gleichgewicht der Composition und der Farbe.
Schnetz ist mehr Genre- als Historienmaler; außer eini-
gen biblischen Darstellungen in Nütre-Dame de Loröte,
welche allerdings zu seinen besten Arbeiten gehören, und
einigen weniger guten Scencn aus der Geschichte der
Kreuzzüge, für Versailles, hat er bis jetzt meistentheils
nur Genrebilder mit lebensgroßen Figuren gemalt. Kürz-
lich trat er nun wieder in Rom mit einem großen Hi-
storienbilde ans, welches uns eine Scene aus der Er-
stürmung von Aquileja durch die Hunnen, unter König
Etzel, vorführt, so bedeutend, daß ich es hier gern ein-
schalte. Ganz im Vordergrund liegt ein junger Römer
erschlagen, seine alte Mutter verbindet ihm die bluten-
den Wunden; der Barbar, welcher ihn erschlug, sitzt ge-
wappnet fest auf seinem Scheckenroß, in der einen Hand
den Morgenstern, in der andern den Strick haltend,
mit welchem er das junge Weib des Gefallenen gefesselt
hat und mit sich fortreißen will; ein zerbrochenes Kreuz
und die rauchenden Trümmer der Hütte zeigen an, daß
diese unglückliche Familie Alles durch die Barbaren ver-
lor, welche im Hintergründe, unter Anführung ihres
wilden Königs, die steile Stadt hinanstürmen. Das ist
Alles mit grausenhafrer Wahrheit dargestellt, die Technik
eine gewaltige, die Zeichnung des nackten jungen Mannes
vortrefflich, das Kolorit an diesem dem Besten ver-

gleichbar; weniger gut aber das junge Weib, welches
der Hunne mit sich fortschleppt; die Beine sind ver-
zeichnet und das Kolorit ist weder warm noch schön,
der Barbar selbst aber läßt im Machwerk den Meister
erkennen. Dem Ganzen fehlt jedoch wieder jene Fein-
heit, von deren Gränze Schnetz gar so weit nicht ent-
fernt steht, die er aber dennoch wohl schwerlich je er-
reichen wird. Das thut Einem leid, denn gerade bei
so merkwürdiger Geschicklichkeit wünscht man, daß auch
diese Linie erreicht,.daß die Idee, die wohl klar und
kräftig ausgesprochen, in sich mehr abgerundet und in
der Darstellung feiner zur Anschauung gebracht, kurz,
daß die ganze Activn nicht nur lebendig markirt, son-
dern edler ausgeführt sey. Trotz dieser Mängel gehört
das Bild zu einer der frischesten und bedeutendsten
Kunsterscheinungen neuer Zeit. Von großer Technik
zeugte ebenfalls der Studienkopf eines Mönches, welcher,
obgleich zu schwach in den Schatten, trefflich im Licht
und merkwürdig gut modellirt war; die unbedeutenden
Genrebilder aber hätte der Künstler lieber nicht aus-
stellen sollen.

Kehren wir nach Frankreich zurück in den Louvre.
Die zwei Bilder von Fragonard, Scenen aus dem
Leben Franz I., weichen wieder sehr von den so eben be-
sprochenen Leistungen ab; sie sind weniger derb mate-
riell als vielmehr dekorativ elegant gemalt; zuerst „der
Ritterschwur/' den der König am Altäre vor dem von
Damen, Rittern und Bannerträgern umgebenen Bayard
leistet, zeigt uns den galanten Fürsten in prächtig wei-
ßem Atlasstoffe, das Barett mit wallenden Straußfe-
dern geschmückt, aber in der Zusammenwirkung der Far-
ben ist keine Ruhe, in der Composition kein Ernst, und
woher kommt's, daß die Kerzenflammen nach der einen,
die Banner nach der andern Seite wallen, fürchten sich
diese vor jenen und jene vor diesen? Ferner sehen wir
Francois mir seiner Schwester Margarethe die Stufen
zu einer Kapelle hinaufsteigen, um das von Rom an-
gclangte Madounenbild zu betrachten; Gefolge von
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