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brachten russischen Adler, ist auch nicht im geringsten etwas
modernes zu erblicken. Anders aber dürfte es sich verbalten,
wenn von den antiken Ansichten der Kunst im Allgemeinen
die Rede ist und insbesondere von denen, welchen die Alten bey
Bildnißstatuen folgten. Die Heroen des griechischen Alters
thums, welche meist nackt oder doch wenig bekleidet von
den Griechen sind rorgestellt worden, gehören wohl nicht
hiehcr, wenn gleich ein gewisser Typus von Porträten da-
bep befolgt scheint. Daß Porträt-Statuen der Sieger in den
griechischen Spielen nackt, wie sie dort auftraten, vorgesiellt
wurden, ist bekannt; sonst aber wüßte ich keine Beyspiele,
daß Vildnißstaiuen nackt oder baibnackt nach Art der Göt-
ter und Heroen von den Alten waren vorgesiellt. worden, (?•)
es sey denn, daß zu den Kaiserzeiten ihnen göttliche Ver-
ehrung hat sollen erwiesen werden-. Die Statue des'De-
mosthenes in Paris und noch einer schönere-, stehende bey
Camuccini, die zwev Statuen der griechischen Dichter im
Museum des Vaticans und daselbst so. viele andere von
römischen-Kaisern, Priestern,. Senatoren und Privatper-
sonen, zeigen alle, daß die Alten bev Bildnißstatuen mit
möglichster Strenge sich, an das Costüm ihrer-Zeiten hiel-
ten und es als etwas wesentlich zum Porträt Gehöriges
betrachteten; keineswegs-aber ließen sie sich von der wohl
nur modernen Ansicht beherrschen , als sey. die Schönheit
der Formen, und also das Nackte des menschlichen. Körpers;,
die erste und höchste Bedingung..bey allen Werken, , welche
Anspruch macken wollen, vollkommen künstgrmäß zu sepn:
Es ist frcylich begreiflich-, wie der geschmacklose Zuschnitt
unserer modernen Männerklcidung, deren Erfindung un-
sere Vorfahren wohl in einem Narrrnhaus könnten ent-
standen glauben, viele moderne Künstler in Verlegenheit
sezt; und wie diese, bey ihrem ausschließlichen Studium, der
antiken Werke; sind bewogen worden, ihre Zeitgenossen
als alte Griechen und Römer vorznsteüen; doch beschränkte
man sich, so vre! ich weist, bis jezt auf die römische Kriegs-
rüstung und bev Büsten auf die Toga; in erstrrerhat noch
kürzlich Canova den Washington und zwar-in einer sehr
affectirtcn sitzenden Stellung für die Nord-amerikanischen
Freystaaten ansgeführt; eben so in kolossaler Größe den König
von Neapel. Freylich hat er auch den Napoleon nach Art
der vergötterten römischen Kaiser ganz nackt in kolossaler
Größe vvrgesteilt. Sonst aber wüßte ich nicht, daß in un-
seren Zeiten eine Bildnißstatuc als griechischer Heros aus-
getreten wäre und in Paris, wo ein französischer Künstler
den General Dessair so in Erz als Zierde auf einem Platz
«ufsteUke, hielt es doch die französische Regierung für schick-
lich, ihn wieder wegnehmen und eine andere Statue
dieses für sein Vaterland gefallenen Helden machen zu
lassen. Bey der Statue des Polnischen Grafen Potosky
tritt nun noch der Umstand ein, daß dessen Landestracht
zu einer kunstmäßigen Bearbeitung sehr vortheilhafr ist;
nur das Nackte muß man etwas auscxsern, was dann in
solchen Fällen auch stets die Alten thateu. Wenn aber
sonst die Biidnjßstatue eines Mannes unserer Zeit gemacht
werden soll, so glaubeich, daß man weit besser lhut, da die
jetzige Kleidung einmal ganz unkünstlcrisch ist, die Trachten
und Rüstungen unserer Vorfahren zu studieren und ein
jedes Porträr in seinem natirnellcn Gewände erscheinen zu
lassen, so daß man den Deutschen als Deutschen und so
einen jeden in seiner Nationalität erkenne. Dieses ist aber
ein Studium, was bey der fast nnbegre-flichen Nichtachtung .
unserer-vortrefflichen altem Werke der Sculptur, den mei-
sten jetzigen Bildhauern ganz fremd zu seyu scheint.
Von Thorwaldsens Christus nebst den Statuen der
zwölf Apostel, welche er in kolossaler Größe für die Haupt-
kirche zu Kopenhagen verfertigen soll und wovon er zum
Thcil schon-kleinere Modelle gemacht. Igt, werden wir ein
andermal zu reden Gelegenheit finden, wenn eine so schwie-
rige und bedeutende Aufgabe erst etwas weiter vorgerückt
ist und deutlicher zeigt, in wie weit sie unserm Künstler
zu lösen gelungen sey.
Rudv.lpH Schadow, dessenfchvwr'Diskuswerfer'
vollendet ist, beschäftigt sich nun mit der Ausführung deS
Basreliefs von Castor und Pollnr und lmt seine kolossale
Gruppe, den Achilles mit der sterbenden Anazone, aus den
Punkten hauen, da er, diests große Werk ansführen zur
können, eine bedeutende Unterstützung von derpreußifchen Re-
gierung erhälten hat. In dessen Werkftätte steht man auch
noch eine sehr schöne Büste eines Albaner Mädchens, diewc
gen ihrer Schönheit und ihres zarte» Ausdrucks von mehreren
der ausgezeichnetesten Bildhauer und Maler ist abgebuort
worden.
Fabri, ein Venetiancr, hat eine kolossale Gruppe
vollendet, welche an Größe alles-übersteigen soll, was jetzo
noch besteht; sie ist 28 Palmen hoch, also 3 Palmen höher,
als die Kolosse von Monte Cavallo. Sie'stellt Milon von
Croton vor, wie er mit seinen Händen in euren Baum-
sturz geklemmt, von .dem Löwen zerrissen wird; außer dem
gräßlichen Anblick, wie ein Mensch hüls-und wehrlos von
einer Bestie aufgefrrffcn wird,, der in der'Tbat kein Vor-
wurf für die Kunst ist , läßt sichauch noch Vieles über die
Bewegung-und Zeichnung, sagen:. Mich'dauert nur der
ungeheuere- Geldaufwand, welcher bey-einem solchen Werke
verschwendet' wird; denn nur das Modell in Gpps ab-
sorme» zu lassen, soll mehr denn 600 römische Thalcr kosten!
'Erfreulicheres ist von dem französische» Bildhauer
Ramep Söhn'j» sagen, welcher verflossenes Jahr die
Statue eines halbsitzenden, ganz nackten Mädchens unter
dem Titel der Unschuld ausgestellt hat. Dieses Jahr war vor
seiner Abreise nach Paris eine stark lebensgroße Gruppe in
Gypsvon ihm Zusehen, die Theseus vorstellt, welcher den Mi-
notaurus- in Menschengestalt mit einem Ochsenkopfe, erschlägt,-
. In diesen beyden Werken herrscht eine strenge Zeichnung
1 und treues Studium her Natur, welche er in diesen drey
brachten russischen Adler, ist auch nicht im geringsten etwas
modernes zu erblicken. Anders aber dürfte es sich verbalten,
wenn von den antiken Ansichten der Kunst im Allgemeinen
die Rede ist und insbesondere von denen, welchen die Alten bey
Bildnißstatuen folgten. Die Heroen des griechischen Alters
thums, welche meist nackt oder doch wenig bekleidet von
den Griechen sind rorgestellt worden, gehören wohl nicht
hiehcr, wenn gleich ein gewisser Typus von Porträten da-
bep befolgt scheint. Daß Porträt-Statuen der Sieger in den
griechischen Spielen nackt, wie sie dort auftraten, vorgesiellt
wurden, ist bekannt; sonst aber wüßte ich keine Beyspiele,
daß Vildnißstaiuen nackt oder baibnackt nach Art der Göt-
ter und Heroen von den Alten waren vorgesiellt. worden, (?•)
es sey denn, daß zu den Kaiserzeiten ihnen göttliche Ver-
ehrung hat sollen erwiesen werden-. Die Statue des'De-
mosthenes in Paris und noch einer schönere-, stehende bey
Camuccini, die zwev Statuen der griechischen Dichter im
Museum des Vaticans und daselbst so. viele andere von
römischen-Kaisern, Priestern,. Senatoren und Privatper-
sonen, zeigen alle, daß die Alten bev Bildnißstatuen mit
möglichster Strenge sich, an das Costüm ihrer-Zeiten hiel-
ten und es als etwas wesentlich zum Porträt Gehöriges
betrachteten; keineswegs-aber ließen sie sich von der wohl
nur modernen Ansicht beherrschen , als sey. die Schönheit
der Formen, und also das Nackte des menschlichen. Körpers;,
die erste und höchste Bedingung..bey allen Werken, , welche
Anspruch macken wollen, vollkommen künstgrmäß zu sepn:
Es ist frcylich begreiflich-, wie der geschmacklose Zuschnitt
unserer modernen Männerklcidung, deren Erfindung un-
sere Vorfahren wohl in einem Narrrnhaus könnten ent-
standen glauben, viele moderne Künstler in Verlegenheit
sezt; und wie diese, bey ihrem ausschließlichen Studium, der
antiken Werke; sind bewogen worden, ihre Zeitgenossen
als alte Griechen und Römer vorznsteüen; doch beschränkte
man sich, so vre! ich weist, bis jezt auf die römische Kriegs-
rüstung und bev Büsten auf die Toga; in erstrrerhat noch
kürzlich Canova den Washington und zwar-in einer sehr
affectirtcn sitzenden Stellung für die Nord-amerikanischen
Freystaaten ansgeführt; eben so in kolossaler Größe den König
von Neapel. Freylich hat er auch den Napoleon nach Art
der vergötterten römischen Kaiser ganz nackt in kolossaler
Größe vvrgesteilt. Sonst aber wüßte ich nicht, daß in un-
seren Zeiten eine Bildnißstatuc als griechischer Heros aus-
getreten wäre und in Paris, wo ein französischer Künstler
den General Dessair so in Erz als Zierde auf einem Platz
«ufsteUke, hielt es doch die französische Regierung für schick-
lich, ihn wieder wegnehmen und eine andere Statue
dieses für sein Vaterland gefallenen Helden machen zu
lassen. Bey der Statue des Polnischen Grafen Potosky
tritt nun noch der Umstand ein, daß dessen Landestracht
zu einer kunstmäßigen Bearbeitung sehr vortheilhafr ist;
nur das Nackte muß man etwas auscxsern, was dann in
solchen Fällen auch stets die Alten thateu. Wenn aber
sonst die Biidnjßstatue eines Mannes unserer Zeit gemacht
werden soll, so glaubeich, daß man weit besser lhut, da die
jetzige Kleidung einmal ganz unkünstlcrisch ist, die Trachten
und Rüstungen unserer Vorfahren zu studieren und ein
jedes Porträr in seinem natirnellcn Gewände erscheinen zu
lassen, so daß man den Deutschen als Deutschen und so
einen jeden in seiner Nationalität erkenne. Dieses ist aber
ein Studium, was bey der fast nnbegre-flichen Nichtachtung .
unserer-vortrefflichen altem Werke der Sculptur, den mei-
sten jetzigen Bildhauern ganz fremd zu seyu scheint.
Von Thorwaldsens Christus nebst den Statuen der
zwölf Apostel, welche er in kolossaler Größe für die Haupt-
kirche zu Kopenhagen verfertigen soll und wovon er zum
Thcil schon-kleinere Modelle gemacht. Igt, werden wir ein
andermal zu reden Gelegenheit finden, wenn eine so schwie-
rige und bedeutende Aufgabe erst etwas weiter vorgerückt
ist und deutlicher zeigt, in wie weit sie unserm Künstler
zu lösen gelungen sey.
Rudv.lpH Schadow, dessenfchvwr'Diskuswerfer'
vollendet ist, beschäftigt sich nun mit der Ausführung deS
Basreliefs von Castor und Pollnr und lmt seine kolossale
Gruppe, den Achilles mit der sterbenden Anazone, aus den
Punkten hauen, da er, diests große Werk ansführen zur
können, eine bedeutende Unterstützung von derpreußifchen Re-
gierung erhälten hat. In dessen Werkftätte steht man auch
noch eine sehr schöne Büste eines Albaner Mädchens, diewc
gen ihrer Schönheit und ihres zarte» Ausdrucks von mehreren
der ausgezeichnetesten Bildhauer und Maler ist abgebuort
worden.
Fabri, ein Venetiancr, hat eine kolossale Gruppe
vollendet, welche an Größe alles-übersteigen soll, was jetzo
noch besteht; sie ist 28 Palmen hoch, also 3 Palmen höher,
als die Kolosse von Monte Cavallo. Sie'stellt Milon von
Croton vor, wie er mit seinen Händen in euren Baum-
sturz geklemmt, von .dem Löwen zerrissen wird; außer dem
gräßlichen Anblick, wie ein Mensch hüls-und wehrlos von
einer Bestie aufgefrrffcn wird,, der in der'Tbat kein Vor-
wurf für die Kunst ist , läßt sichauch noch Vieles über die
Bewegung-und Zeichnung, sagen:. Mich'dauert nur der
ungeheuere- Geldaufwand, welcher bey-einem solchen Werke
verschwendet' wird; denn nur das Modell in Gpps ab-
sorme» zu lassen, soll mehr denn 600 römische Thalcr kosten!
'Erfreulicheres ist von dem französische» Bildhauer
Ramep Söhn'j» sagen, welcher verflossenes Jahr die
Statue eines halbsitzenden, ganz nackten Mädchens unter
dem Titel der Unschuld ausgestellt hat. Dieses Jahr war vor
seiner Abreise nach Paris eine stark lebensgroße Gruppe in
Gypsvon ihm Zusehen, die Theseus vorstellt, welcher den Mi-
notaurus- in Menschengestalt mit einem Ochsenkopfe, erschlägt,-
. In diesen beyden Werken herrscht eine strenge Zeichnung
1 und treues Studium her Natur, welche er in diesen drey