Nr. 91
K u n st
B l a t t.
Montag, den
12. N -o v e m b e r r 8 L r.
Biographische Notizen über Johann Gotthard
von Müller.
Wir liefern hier unfern Lesern einige kurze biogra-
phische Notizen über diesen berühmten Künstler, nebst ei-
ner genauen Angabe-der Werke, durch welche er sich und
der deutschen Kupferstecherkunst so hohe» Ruhm erwor-
ben. Es wäre überflüssig, Aber den Werth dieser Werke
selbst noch ein Wort zu sagen, da die gesammte Kunstweit
ihn längst anerkannt har, und von jedem Kupferstich-Lieb-
haber vorausgesczt -iverden -darf, -daß er damit innig ver-.
traut ist. Mit der Madonna nach Lionello Spada hat der
ehrwürdige Greis seine kupscrstecherische Laufbahn zwar
geschloffen; aber an fortwährende Beschäftigung gewohnt,
und bep der heiteren Gesundheit, welche er zur Freude
seiner Familie und seiner Freunde genießt, hat er noch
jezt in seinem 74sten Lebensjahre nicht ausgehört, sich künst-
lerischen Beschäftigungen zu widmen. So sahen wir -das
Bildniß der Höchstseligen Königin Katharina von Württem-
berg von seiner Hand lilhographirr und einem wvhlthätigen
Zwecke gewidmet, und hoffen noch mehrere andere Kreide-
Zeichnungen, welche er in seiner bekannten vorlrefflichen
Art später ausgesührt, auf diese Art von ihm vervielfältigt
zu sehen. Möge er noch lange dieses glücklichen und hei-
tern Alters genießen! ;
Schon im Jahr 180Y wurden im Frepmüthigen -
(August Nr. 164. i65.) biographische Nachrichten über
diesen Künstler ohne sein Vorwissen bekannt gemacht,
welche nach seiner eigenen Erklärung nur in einigen An-
gaben nicht ganz genau und befriedigend waren. Wir ha-
ben daher jenen Aufsatz für das Folgende zu Grunde ge-
iegt, und denselben hauptsächlich nur mit den Berichti-
gungen und Zusätzen vermehrt, weiche wir der Mittheilung
des Künstlers selbst verdanken. Es wird unfern Lesern
angenehm sepn, ans diese Weise eine ganz zuverlässige bio-
graphische Nachricht zu erhalten.
Gern hätten wir auch über seinen zu früh verstorbenen
und von ihm tief betrauerten Sohn, Friedrich Mül-
ler, dessen Meisterwerke, der heil. Johannes nach Do-
uünichmv und die Madonna des heil. Sirtus nach Raphael,
die bewunderten Lieblinge jedes kunstbefteundeten Auges
bleiben, und ihm den unvergänglichsten Nachruhm bewah-
ren werden, eine biographische Nachricht folgen lassen,
wenn nicht ein schon im Jahr 18I6 im Morgenblatt vom
8. August mitgetheilter Aufsatz solche zu einer überflüssigen
Wiederholung machte. Er rührt -von der Hand eines treff-
lichen Kunstkenners und Freundes des Verstorbenen, wel-
cher auch wir schon manche erfreuliche Bepträge verdanken,
-und enthält das Befriedigendste, was über die kurze Lauf-
bahn des Künstlers gesagt werden kann. Das chronologische
Verzcichniß seiner Werke findet sich in dem als Bepiage
zum Morgenblatt im November 1816 ausgegebenen Kunst-
blatt Nr. .Li. Red.
Johann Gotthard Müller wurde den 4. Map
174" zu Bernhausen, einem Flecken, zwep Stunden von
Stuttgart, geboren, wo sein Vater Beamter war. Die-
ser bestimmte ihn zum Studium der Theologie, wozu er
im Gymnasium zu Stuttgart den Grund legte. Daneben
besuchte er aus Liebhaberey und Neigung zur Kunst die
17.61 von seinem Landesherrn Herzog Earl errichtete Kunst-
Akademie. Dort machte er schnelle Fortschritte in der
frepen Handzeichuung, worauf er, eben im Begriff, die
Universität Tübingen zu beziehen, wvN seinem Fürsten auf-
gefordert wurde, sich ganz den Künsten zu widmen. Die
natürliche Neigung bewog ihn, dem Rufe des Herzogs zu
folgen, der ihn auch auf seiner neuen, 1764 betretenen
Laufbahn gcoßmüthig unterstüzte. Ec kam erst als Maler
in die Schule des damaligen ersten Hofmalers Gu iba!,
widmete sich aber nach dessen Wunsch der Kupfcrstecherkunst,
und hatte sich dann während eines sechsjährigen Aufent-
halts in Paris, von 17.70 —76 des Raths und Umgangs
des berühmten Wille zu erfreuen. In dieser Zeit er-
warb sich unser Künstler schon einen bedeutenden Namen,
wie er denn auch 1776 zum Mitglied der Königlichen Aka-
demie der Künste in Paris ausgenommen wurde. In dem-
selben Jahr aber berief ihn der Herzog nach Stuttgart zu-
rück, um hier eine Schule für Kupferstecher einzurichten.
Die Meisterwerke, die er darauf in Stuttgart lieferte,
wird man aus dem Verzeichniß ersehen. Seine erste Ar-
K u n st
B l a t t.
Montag, den
12. N -o v e m b e r r 8 L r.
Biographische Notizen über Johann Gotthard
von Müller.
Wir liefern hier unfern Lesern einige kurze biogra-
phische Notizen über diesen berühmten Künstler, nebst ei-
ner genauen Angabe-der Werke, durch welche er sich und
der deutschen Kupferstecherkunst so hohe» Ruhm erwor-
ben. Es wäre überflüssig, Aber den Werth dieser Werke
selbst noch ein Wort zu sagen, da die gesammte Kunstweit
ihn längst anerkannt har, und von jedem Kupferstich-Lieb-
haber vorausgesczt -iverden -darf, -daß er damit innig ver-.
traut ist. Mit der Madonna nach Lionello Spada hat der
ehrwürdige Greis seine kupscrstecherische Laufbahn zwar
geschloffen; aber an fortwährende Beschäftigung gewohnt,
und bep der heiteren Gesundheit, welche er zur Freude
seiner Familie und seiner Freunde genießt, hat er noch
jezt in seinem 74sten Lebensjahre nicht ausgehört, sich künst-
lerischen Beschäftigungen zu widmen. So sahen wir -das
Bildniß der Höchstseligen Königin Katharina von Württem-
berg von seiner Hand lilhographirr und einem wvhlthätigen
Zwecke gewidmet, und hoffen noch mehrere andere Kreide-
Zeichnungen, welche er in seiner bekannten vorlrefflichen
Art später ausgesührt, auf diese Art von ihm vervielfältigt
zu sehen. Möge er noch lange dieses glücklichen und hei-
tern Alters genießen! ;
Schon im Jahr 180Y wurden im Frepmüthigen -
(August Nr. 164. i65.) biographische Nachrichten über
diesen Künstler ohne sein Vorwissen bekannt gemacht,
welche nach seiner eigenen Erklärung nur in einigen An-
gaben nicht ganz genau und befriedigend waren. Wir ha-
ben daher jenen Aufsatz für das Folgende zu Grunde ge-
iegt, und denselben hauptsächlich nur mit den Berichti-
gungen und Zusätzen vermehrt, weiche wir der Mittheilung
des Künstlers selbst verdanken. Es wird unfern Lesern
angenehm sepn, ans diese Weise eine ganz zuverlässige bio-
graphische Nachricht zu erhalten.
Gern hätten wir auch über seinen zu früh verstorbenen
und von ihm tief betrauerten Sohn, Friedrich Mül-
ler, dessen Meisterwerke, der heil. Johannes nach Do-
uünichmv und die Madonna des heil. Sirtus nach Raphael,
die bewunderten Lieblinge jedes kunstbefteundeten Auges
bleiben, und ihm den unvergänglichsten Nachruhm bewah-
ren werden, eine biographische Nachricht folgen lassen,
wenn nicht ein schon im Jahr 18I6 im Morgenblatt vom
8. August mitgetheilter Aufsatz solche zu einer überflüssigen
Wiederholung machte. Er rührt -von der Hand eines treff-
lichen Kunstkenners und Freundes des Verstorbenen, wel-
cher auch wir schon manche erfreuliche Bepträge verdanken,
-und enthält das Befriedigendste, was über die kurze Lauf-
bahn des Künstlers gesagt werden kann. Das chronologische
Verzcichniß seiner Werke findet sich in dem als Bepiage
zum Morgenblatt im November 1816 ausgegebenen Kunst-
blatt Nr. .Li. Red.
Johann Gotthard Müller wurde den 4. Map
174" zu Bernhausen, einem Flecken, zwep Stunden von
Stuttgart, geboren, wo sein Vater Beamter war. Die-
ser bestimmte ihn zum Studium der Theologie, wozu er
im Gymnasium zu Stuttgart den Grund legte. Daneben
besuchte er aus Liebhaberey und Neigung zur Kunst die
17.61 von seinem Landesherrn Herzog Earl errichtete Kunst-
Akademie. Dort machte er schnelle Fortschritte in der
frepen Handzeichuung, worauf er, eben im Begriff, die
Universität Tübingen zu beziehen, wvN seinem Fürsten auf-
gefordert wurde, sich ganz den Künsten zu widmen. Die
natürliche Neigung bewog ihn, dem Rufe des Herzogs zu
folgen, der ihn auch auf seiner neuen, 1764 betretenen
Laufbahn gcoßmüthig unterstüzte. Ec kam erst als Maler
in die Schule des damaligen ersten Hofmalers Gu iba!,
widmete sich aber nach dessen Wunsch der Kupfcrstecherkunst,
und hatte sich dann während eines sechsjährigen Aufent-
halts in Paris, von 17.70 —76 des Raths und Umgangs
des berühmten Wille zu erfreuen. In dieser Zeit er-
warb sich unser Künstler schon einen bedeutenden Namen,
wie er denn auch 1776 zum Mitglied der Königlichen Aka-
demie der Künste in Paris ausgenommen wurde. In dem-
selben Jahr aber berief ihn der Herzog nach Stuttgart zu-
rück, um hier eine Schule für Kupferstecher einzurichten.
Die Meisterwerke, die er darauf in Stuttgart lieferte,
wird man aus dem Verzeichniß ersehen. Seine erste Ar-