Nr. ii
K 11 n ft - Blatt.
Donnerstag, den 7. Februar 1822.
Bauwerke Pius II. zu Pieuza und Siena.
VcrnhardRvssellini und FrancescodiGivrgto.
'(Fortsetzung.)
Francesco di Giorgio war also einer der Begrün-
der der neueren Befestigungskunst; zunächst, weil er wlbstmit
großer Unbefangenheit als Resultate seines eigenen Nachden-
kens mittheilt, was fein Buch darüber enthält; dann, weil
diest Resultate an sich selbst höchst wichtig sind, indem sie be-
reits die Grundzügc der gegenseitigen Berrheidigunz vorzeich-
nen. Er 2*) sagt nämlich: num m>:ß die Bastenen, die er noch
rund anlegt, an den Winkel» anbringen, welche die Seiten
des Pqlpgons bilden, damir deode anstoßende Seiten da-
von bestrichen werden und eine »5) Bastey die andere ver-
lheidigen könne." Nun mußte der Kriegesrnhm des Her-
zogs von Urbinv diesen Verbesserungen überall in Italien
einen schnellen Eingang verschaffen. Die Geschichtschreiber
der Kriegs - Baukunst scheinen daher unserem Künstler
lange nicht den Platz einzuräumen, der ihm gebührt.
Späterhin als Francesco, nach dem Tode des Her-
zogs Friedrich, wieder in Siena verweilte, trat er aus-
drücklich als Ingenieur in die Dienste der Republik. In
seiner Bestallung vom 29. December 1485 heißt es
24) Cod. cit. so. 5r. tergo.
j5) Die H S. hat: iorrione, großer, runder, nicht sehr er-
hobener Thurm, aus dem späterhin das Bastion mit Fa-
ßen und Flanken entstanden ist. Ein neueres Werk mißt
das ausgebildctc Bastion dein San-Michrii bey und citirt.
als das früheste, ein Bastion zu Verona von 1527. In
den Randzeichuungcn des florentinischen Codex kommen schon
Bastione mit laugen Faßen und zurückgezvgeuen.Flanken
vor. Ich will nicvt behaupten, daß diese Zeichnungen von
Francesco d i G i 0 rgiv selbst herrührcn; im Gegenthei!
ich läugnc cL, wci! ste nicht mit dem Text übereintrcffen,
und halte ste dem Ansehen nach für Jugendarbeiten des Bal-
thasar Pcruzzi. Auf jede» Fall aber lehrt die Zeichnungsart,
daß ste alter sind, als das Jahr 1527.
2Ü) 4rebir. dello riform. di Siena. DeHberazioni di
Ualia. To. XXXI. fo. tergo.
unter andern: „in Dienst genommen — für die Nothdurft
der Stadt, so wie der Ortschaften und Festungen derselben."
Er nennt sich selbst in einer Bittschrift vom Jahre 27)
4488; „Fancesco di Gio rg.io Ingegnerc,“ und so
benennt ihn auch das Decret der Bewilligung vom 18. No-
vember dess. I. Im 28) Jahre 1499 werden ihm die Kosten
der Rückreise von Moutepulciano nach Siena vergütet,
ohne genaue Angabe der Ursache der Reise; doch ist sie,
höchst wahrscheinlich, die Sicherung dieser wichtigen Be-
sitzung, weil jeder andere Bau nicht die Regierung von
Siena, sondern die Gemeine von Montepulciano angiag.
Endlich im Jahre iZoi wird er ins 20) Ffth gesandt und
erhält dafür zehn Ducaten Reiscvergütung. — Fassen wir
nun zusammen, daß Francesco, als Schriftsteller, nur iq
dcr Fortification originell, ausführlich und erschöpfend ist;
daß er als Baumeister des Herzogs von Urbino, sechs Fe-
stungen gegen einen einzigen Stall erbaut; daß er später-
hüT im Dienste der Republik Siena geradehin: Ingenieur,
benannt wird, und für die Festungswerke des Staates zu
sorgen hat: so muß man wenigstens dieses zugeben, daß
die Kriegs - Baukunst einen sehr wichtigen Theil seines
Berufes ausmachtc.
Freplich war die Befestigung in jenen frühen Zeiten
durchaus in den Händen der Architekten. Die Beschäfti-
gung mit dem Festungsbau schloß daher die schöne Architek-
tur nicht aus, in welcher unser Franz, alles Angeführten
ungeachtet, ein großer Meister seyn konnte. Allein wie wäre
es denn erklärlich daß wir von keinem einzigen seiner schö-
nen Bauwerke sichere Kenntniß haben, da wir doch seine
anderweitige Wirksamkeit etwa sechs und drevßig Jahre
lang in den Urkunden und in seinen eigenen Schriften ver-
folgen können? - Die siencser Briefe 3o) 9eben „ns ein
langes Verzeichniß seiner Bauwerke; sollte man glauben,
27) Del. di Bali«. To. XXXIII. fo. 5i.
28) Del. di Balia. To XL. fo 5 tergo. Es heißt 6a*
selbst: pro occurentiis Montis politiani.
29) Archiv, cit. Decrcti di pagamento di Balia. To, i
fo. i55. tergo.
30) To. III. p ioi.
K 11 n ft - Blatt.
Donnerstag, den 7. Februar 1822.
Bauwerke Pius II. zu Pieuza und Siena.
VcrnhardRvssellini und FrancescodiGivrgto.
'(Fortsetzung.)
Francesco di Giorgio war also einer der Begrün-
der der neueren Befestigungskunst; zunächst, weil er wlbstmit
großer Unbefangenheit als Resultate seines eigenen Nachden-
kens mittheilt, was fein Buch darüber enthält; dann, weil
diest Resultate an sich selbst höchst wichtig sind, indem sie be-
reits die Grundzügc der gegenseitigen Berrheidigunz vorzeich-
nen. Er 2*) sagt nämlich: num m>:ß die Bastenen, die er noch
rund anlegt, an den Winkel» anbringen, welche die Seiten
des Pqlpgons bilden, damir deode anstoßende Seiten da-
von bestrichen werden und eine »5) Bastey die andere ver-
lheidigen könne." Nun mußte der Kriegesrnhm des Her-
zogs von Urbinv diesen Verbesserungen überall in Italien
einen schnellen Eingang verschaffen. Die Geschichtschreiber
der Kriegs - Baukunst scheinen daher unserem Künstler
lange nicht den Platz einzuräumen, der ihm gebührt.
Späterhin als Francesco, nach dem Tode des Her-
zogs Friedrich, wieder in Siena verweilte, trat er aus-
drücklich als Ingenieur in die Dienste der Republik. In
seiner Bestallung vom 29. December 1485 heißt es
24) Cod. cit. so. 5r. tergo.
j5) Die H S. hat: iorrione, großer, runder, nicht sehr er-
hobener Thurm, aus dem späterhin das Bastion mit Fa-
ßen und Flanken entstanden ist. Ein neueres Werk mißt
das ausgebildctc Bastion dein San-Michrii bey und citirt.
als das früheste, ein Bastion zu Verona von 1527. In
den Randzeichuungcn des florentinischen Codex kommen schon
Bastione mit laugen Faßen und zurückgezvgeuen.Flanken
vor. Ich will nicvt behaupten, daß diese Zeichnungen von
Francesco d i G i 0 rgiv selbst herrührcn; im Gegenthei!
ich läugnc cL, wci! ste nicht mit dem Text übereintrcffen,
und halte ste dem Ansehen nach für Jugendarbeiten des Bal-
thasar Pcruzzi. Auf jede» Fall aber lehrt die Zeichnungsart,
daß ste alter sind, als das Jahr 1527.
2Ü) 4rebir. dello riform. di Siena. DeHberazioni di
Ualia. To. XXXI. fo. tergo.
unter andern: „in Dienst genommen — für die Nothdurft
der Stadt, so wie der Ortschaften und Festungen derselben."
Er nennt sich selbst in einer Bittschrift vom Jahre 27)
4488; „Fancesco di Gio rg.io Ingegnerc,“ und so
benennt ihn auch das Decret der Bewilligung vom 18. No-
vember dess. I. Im 28) Jahre 1499 werden ihm die Kosten
der Rückreise von Moutepulciano nach Siena vergütet,
ohne genaue Angabe der Ursache der Reise; doch ist sie,
höchst wahrscheinlich, die Sicherung dieser wichtigen Be-
sitzung, weil jeder andere Bau nicht die Regierung von
Siena, sondern die Gemeine von Montepulciano angiag.
Endlich im Jahre iZoi wird er ins 20) Ffth gesandt und
erhält dafür zehn Ducaten Reiscvergütung. — Fassen wir
nun zusammen, daß Francesco, als Schriftsteller, nur iq
dcr Fortification originell, ausführlich und erschöpfend ist;
daß er als Baumeister des Herzogs von Urbino, sechs Fe-
stungen gegen einen einzigen Stall erbaut; daß er später-
hüT im Dienste der Republik Siena geradehin: Ingenieur,
benannt wird, und für die Festungswerke des Staates zu
sorgen hat: so muß man wenigstens dieses zugeben, daß
die Kriegs - Baukunst einen sehr wichtigen Theil seines
Berufes ausmachtc.
Freplich war die Befestigung in jenen frühen Zeiten
durchaus in den Händen der Architekten. Die Beschäfti-
gung mit dem Festungsbau schloß daher die schöne Architek-
tur nicht aus, in welcher unser Franz, alles Angeführten
ungeachtet, ein großer Meister seyn konnte. Allein wie wäre
es denn erklärlich daß wir von keinem einzigen seiner schö-
nen Bauwerke sichere Kenntniß haben, da wir doch seine
anderweitige Wirksamkeit etwa sechs und drevßig Jahre
lang in den Urkunden und in seinen eigenen Schriften ver-
folgen können? - Die siencser Briefe 3o) 9eben „ns ein
langes Verzeichniß seiner Bauwerke; sollte man glauben,
27) Del. di Bali«. To. XXXIII. fo. 5i.
28) Del. di Balia. To XL. fo 5 tergo. Es heißt 6a*
selbst: pro occurentiis Montis politiani.
29) Archiv, cit. Decrcti di pagamento di Balia. To, i
fo. i55. tergo.
30) To. III. p ioi.