Nr. 71
K u n st - B l a t t.
S 0 # * m ft a 3, Len 5. September r z 2 r.
Die Schlesische KunstauZstellnng
zu Breslau.
Wir können auch bep dieser fünften Kunstausstellung
mit der erfreulichen Bemerkung unfern nun schon ge-
wohnten Gang dur« die heiteren bunte» Zimmer anireten,
daß diese Anstalt durch ihr glückliches Gedeihen und ihre
lebhafte Theitnahme sich als iriffttg bewahrt, immer fester
begründet, und Regsamkeit, Weiteiser und gute Wirkungen
aller Art hervorbringt. Es war der Vaterlandsliebe und
dem Kunstsinne Schlesiens nicht zu viel zugerrauet. Auch
diese Ausstellung steht keiner der vorigen an Reichthum,
Waunichfaltigkeit und Trefflichkeit nach. Fvrkfchritlr und
Äuvermuihere Seilenfchritte der Bekannten, und manche
Neuaufrreiende machen sich bemerklich.
Es gehört zum Eigenthumlichen dieser Ausstellung,
daß ihr jetziger neuer Ort, so wie ihr vormaliger (oder viel-
mehr, wie zu hoffen, künftiger) sich selber mir ausstellt.
Das neuaufgesticgene große Gebäude au der Sanbbrücke,
so manches sich auch dagegen sagen laßt, ziert doch gar wohl
den eben so neu geebneten Platz der Vmzenzlirche und des
Oberlandesgerichts, wo alte und moderne Baukunst sich so
bedeutsam gegenüber stehen, lind hier füllt jrzr die Aus-
stellnng eine Reihe von Zimmern, welch« zugleich schone
Aussichten über die Oder nach der Sandinsel und dem Dome
Mit den hohen alten Kirchen und Gebäude» darbieren, wah-
rend ihre vormalige Stelle im Börscnhause auf dem Salz-
ringe herrlicher erneuert und zur würdigcrn Umgebung
von Blüchers kolossalem Standbilde bereitet wird.
Wir schreitrn über eine breite lichte Stiege in bas
erste Zimmer, und wenden uns zur Linken. Eine Himmel-
fahrt Christi, von Herrn Höcker dem Vater, will uns
gleich an der Thürc den Himmel öffnen; viele haben sich
jedoch an das Ohr gleich des ersten Apostels gestoßen. Wir
mögen ihn zwar nicht zum Malchus machen, aber rühmen
können >vir das Gemälde auch nicht, am wenigsten die Ler.
klärung oben, und die Engel unten, welche die nichis-
schaueilden Apostel nicht einmal deutlich darauf Hinweisen.
Ziaphae! war hier nicht wohl zu üderbieten, er hielt sich an
die Schrift, wenn er den Besessenen.unten hlnstellre, wel-
chen die Apostel nicht heilen konnten, und dadurch zu den
Verklärten hinaus wies. Die kleinen Figuren geben auch
in der Zeichnung manche Blöße, obwohl das Gewand sie
bedeckt. Das Ganze ist leblos und kalt. Desto wärmer
sind die bepden Morgeniandschasten heimischer Gegenden,
von demselben Maler; nur sind die Berge zu schön blau,
wenn sie auch im Morgen- und Abendlichtr wirkltch so er-
scheinen. Ließ gilt zugleich von mehrern anderen Land-
schaften hier. Dir Nar-ur ist oft eine zu grelle und bunte
Malerin: der Himmel sieht manchmal wirklich aus, al<
wenu ein Pfuscher ihn angestrichen hätte.
Am Fenster zieht uns an und erschreckt uns ein Brust-
bild, erhobene Arbeit in Wachs und angemalt, von Hrn.
Hetller: em andächtig anfblickendes junges Nonnen-
gesicht, in allcrthümlicher Tracht, im Rahmen mir gol-
denen Sternen, scheint es zu einem Vvlivdilde bestimmt
und kann eine Kapelle wohl schmücken. — An den derben
Fensterpseilern stehen die Gppsabgüsse der bepden reizeud-
sten antiken Standbilder der Potsdamer Sammlung,
zwo jener weiblichen Gestalten, welche von den Antiquaren
als Töchter des Lpkomedes (nicht Lpkophrvn, wie
in bepden Ausgaben des gedruckten Verzeichnisses steht)
getauft sind. Sie machen zwar durch ihre Schönheit an-
schaulich, wie Achilles bey ihnen verkleidet bleiben möch'r;
doch gehören sie, nach Vergleichung mir anderen ähnlichen
Antiken, eher zu einem Musen-Kreise. Jeder kann sich
hier überzeugen, daß die Anlike nicht blos >m Nackten
groß ist: man kann nicht reicher und zierlicher gekleidete
Gestalten sehen, welche sich selbst durch das, sichtlich drep-
fach übereinander gezogene Geivanb so richtig als schön
dnrchzeichnen, besonders bey der anmuthig aufgestüzten
Stellung der einen. Hr. Alerander Augustins hat
sich mehr als durch die früheren ähnlichen Arbeiten, ein
wahres Verdienst um die Kunst erworb-n, durch eine ge-
naue Abformung der Vorbilder, deren Versetzung hieher
wir dem Hrn. Prof. Raumer, jetzo in Berlin, verdan-
ken. Es sind treffliche Vorbilder zum Zeichnen, so wie edle
Zierden schöner Zimmer. Und bev ihnen wird billig der
Wunsch laut, daß unserer guten Sradt auch bald die v.r
heißenen Gppsabgüsse ans der großen Berliner Sammlung
K u n st - B l a t t.
S 0 # * m ft a 3, Len 5. September r z 2 r.
Die Schlesische KunstauZstellnng
zu Breslau.
Wir können auch bep dieser fünften Kunstausstellung
mit der erfreulichen Bemerkung unfern nun schon ge-
wohnten Gang dur« die heiteren bunte» Zimmer anireten,
daß diese Anstalt durch ihr glückliches Gedeihen und ihre
lebhafte Theitnahme sich als iriffttg bewahrt, immer fester
begründet, und Regsamkeit, Weiteiser und gute Wirkungen
aller Art hervorbringt. Es war der Vaterlandsliebe und
dem Kunstsinne Schlesiens nicht zu viel zugerrauet. Auch
diese Ausstellung steht keiner der vorigen an Reichthum,
Waunichfaltigkeit und Trefflichkeit nach. Fvrkfchritlr und
Äuvermuihere Seilenfchritte der Bekannten, und manche
Neuaufrreiende machen sich bemerklich.
Es gehört zum Eigenthumlichen dieser Ausstellung,
daß ihr jetziger neuer Ort, so wie ihr vormaliger (oder viel-
mehr, wie zu hoffen, künftiger) sich selber mir ausstellt.
Das neuaufgesticgene große Gebäude au der Sanbbrücke,
so manches sich auch dagegen sagen laßt, ziert doch gar wohl
den eben so neu geebneten Platz der Vmzenzlirche und des
Oberlandesgerichts, wo alte und moderne Baukunst sich so
bedeutsam gegenüber stehen, lind hier füllt jrzr die Aus-
stellnng eine Reihe von Zimmern, welch« zugleich schone
Aussichten über die Oder nach der Sandinsel und dem Dome
Mit den hohen alten Kirchen und Gebäude» darbieren, wah-
rend ihre vormalige Stelle im Börscnhause auf dem Salz-
ringe herrlicher erneuert und zur würdigcrn Umgebung
von Blüchers kolossalem Standbilde bereitet wird.
Wir schreitrn über eine breite lichte Stiege in bas
erste Zimmer, und wenden uns zur Linken. Eine Himmel-
fahrt Christi, von Herrn Höcker dem Vater, will uns
gleich an der Thürc den Himmel öffnen; viele haben sich
jedoch an das Ohr gleich des ersten Apostels gestoßen. Wir
mögen ihn zwar nicht zum Malchus machen, aber rühmen
können >vir das Gemälde auch nicht, am wenigsten die Ler.
klärung oben, und die Engel unten, welche die nichis-
schaueilden Apostel nicht einmal deutlich darauf Hinweisen.
Ziaphae! war hier nicht wohl zu üderbieten, er hielt sich an
die Schrift, wenn er den Besessenen.unten hlnstellre, wel-
chen die Apostel nicht heilen konnten, und dadurch zu den
Verklärten hinaus wies. Die kleinen Figuren geben auch
in der Zeichnung manche Blöße, obwohl das Gewand sie
bedeckt. Das Ganze ist leblos und kalt. Desto wärmer
sind die bepden Morgeniandschasten heimischer Gegenden,
von demselben Maler; nur sind die Berge zu schön blau,
wenn sie auch im Morgen- und Abendlichtr wirkltch so er-
scheinen. Ließ gilt zugleich von mehrern anderen Land-
schaften hier. Dir Nar-ur ist oft eine zu grelle und bunte
Malerin: der Himmel sieht manchmal wirklich aus, al<
wenu ein Pfuscher ihn angestrichen hätte.
Am Fenster zieht uns an und erschreckt uns ein Brust-
bild, erhobene Arbeit in Wachs und angemalt, von Hrn.
Hetller: em andächtig anfblickendes junges Nonnen-
gesicht, in allcrthümlicher Tracht, im Rahmen mir gol-
denen Sternen, scheint es zu einem Vvlivdilde bestimmt
und kann eine Kapelle wohl schmücken. — An den derben
Fensterpseilern stehen die Gppsabgüsse der bepden reizeud-
sten antiken Standbilder der Potsdamer Sammlung,
zwo jener weiblichen Gestalten, welche von den Antiquaren
als Töchter des Lpkomedes (nicht Lpkophrvn, wie
in bepden Ausgaben des gedruckten Verzeichnisses steht)
getauft sind. Sie machen zwar durch ihre Schönheit an-
schaulich, wie Achilles bey ihnen verkleidet bleiben möch'r;
doch gehören sie, nach Vergleichung mir anderen ähnlichen
Antiken, eher zu einem Musen-Kreise. Jeder kann sich
hier überzeugen, daß die Anlike nicht blos >m Nackten
groß ist: man kann nicht reicher und zierlicher gekleidete
Gestalten sehen, welche sich selbst durch das, sichtlich drep-
fach übereinander gezogene Geivanb so richtig als schön
dnrchzeichnen, besonders bey der anmuthig aufgestüzten
Stellung der einen. Hr. Alerander Augustins hat
sich mehr als durch die früheren ähnlichen Arbeiten, ein
wahres Verdienst um die Kunst erworb-n, durch eine ge-
naue Abformung der Vorbilder, deren Versetzung hieher
wir dem Hrn. Prof. Raumer, jetzo in Berlin, verdan-
ken. Es sind treffliche Vorbilder zum Zeichnen, so wie edle
Zierden schöner Zimmer. Und bev ihnen wird billig der
Wunsch laut, daß unserer guten Sradt auch bald die v.r
heißenen Gppsabgüsse ans der großen Berliner Sammlung