Nr. rar.
Kunst-Blatt.
Donnerstag, den 19. D e c e tu b e r i 8 2 r.
Die Pfcrdebändiger auf Monte Cavallo.
„Tiert Dcuimalüdertrifft in Hinsicht auf wahre Graßheit
des Sinnes, aus daS Edle und Mächtige >m Styl der
Zer men und im Ausdruck jedes andere antike Kunstwerk."
Heinr. Mexer zu Winctelrn. Werke V4 56o.
Das größte noch erhaltene Denkmal der alten Scnlp-
tur sind die beyden marmornen Pfcrdebändiger, auf dem,
nach ihnen denauntcn Monte Cavallo in Rom vor dem
Quirinalischen Palast anfgest--llt; die weniger beschädigte
Figur ist der links stehende, dem das Gewand, über den
.emporgelivdenen linken Arm, hinten bis auf den Boden
herabrelcht, mit d,r auf der Base befindliche» nicht origi-
nalen, aber alten lateinischen Inschrift „l’hidL® opus —
von welcher rolossalen Figur ein trefflicher Gxpsabguß, auf be-
weglichem Untergestell, feit mehreren Jahren hier in München
ausgestellt ist. Die andere rechts stehende nicht so gvt cr-
haiiene Figur ist an der Base mit der Zuschrift
opijs“ bezeichnet. In Rom nannte man die bevden Fi-
guren gewöhnlich die Giganten auf dem Monte Cavallo,
und bar sie jederzeit ohne Vergleich höher gcschazt, als die
andern bepden ruhig neben ihren Pferden stebenden, eben-
falls rvlcfialen Bilder des Castor und Pellpr vor bcm Ca-
pirolinm, von denen sich nicht einmal ein irgend genügen-
der Kupsersilch Nachweisen läßt, wie ich denn auch nirgends
das Werbältniß der Größe der beyberseitigen Werke bemerkt
finde. Die Höhe unsres Gpps-Ldgusses beträgt drep und
zwanzig Fuß.
Ueder den Kunstwerth jener Denkmale, die so glück-
lich gegen einander abgewogene Handlung ic., füge ich
nichts weiter hinzu, da hierüber anderswo zur Genüge von
Andern gesprochen worden. So äußerte z. B. Canvva 1802,
„daß depde große Meister, Pdidias und Prariteles, sehr
zufriedrn sepn würden, ihre Namen fo herrlichen Denk-
malen eingegraden zu feden, die, ohne ihnen Schande zu
machen, sich anmaßen dürfen, ihre Kinder zu seyn." Die
Möglichkeit der völligen Richkigkeir depber alten Zuschrif-
ten wurde eben fo nachher von Herne. Mcper in den An-
merkungen zu Winckclmann's Werken, dargethan. Bis
conti dagegen (Mmeo Fio Clem. 1., zu T. 3?) war der
Meinung, diese Colvsse wären Copieen, zur Zeit Nero'«,
da die Sculptur blühte, nach den bronzenen Figuren der
Dioskuren des Hegesia« *) verfertigt, hie vor dem Tem-
pel des,kapitolinischen Jupiters standen. Allein von deren
Vorstellnugsweise wissen wir gar nichts, und die mar-
mornen Colvsse scheinen uns von solcher Originalität,
daß der Gedanke an solche Copirung hier kaum statt fin-
det. Zch möchte sogar fragen, ob überhaupt nur diese
kräftige Gebärde und Stellung dem Charakter der alten
bronzenen Bilder angemessen sey? -
Jene Pferdebändiger wurden nicht weit von ihrem dcr-
maligen Ori in den Thermen des ConstankinuS gefun-
den, wie es heißt; das Wann wird nicht angegeben, so
wenig als die Zeit, da sie an ihrem dermalizen Platz,
verstümmelt, zuerst ausgestellt wurden. Zm Jahr 1589
wurde» sie unter Papst Eirtus V. völlig restaurirt, und
auf einem neuen Postament durch Domcnico Fonlaua aus-
gestellt. Daß das alte Postament, auf dem sic ohne Zwei-
fcl über tausend Jahre gestanden, wahrscheinlich wegen
seines verfallenen Zustands, nicht beobehalten worden, ist
wohl sehr zu beklagen; wir erblicken dieses «och auf meh-
reren alten Kupferstichen, nebst der Umgegend, die da-
mals mit ihren altrvrnifchen Ruinen durch Eirtus V. ad>
plauirt worden. — Wenn nun, als der zunächst sich bar-
bierende Grund, die ungeheure Größe jencr Colvsse, und
das Imposante der Handlung, sic gegen den Zahn der Zeit
und die Zerstörungslust der Menschen gesichert hat: so ist
dagegen keine eigentlich historische Notiz über diese Werke
uns aufbehalten worden, wie doch ihre Bedrutenheit es
verdient hätte. Plinius gedenkt ihrer mit keinem Worte,
daher man mir allem Recht vermuthen dürfte, daß zu sei-
ner Zeit diese LUdwerke in Rom noch nicht vorhanden wa-
ren. Auch werden sie urcht benannt in dem Verzeichnis
des Publ. Victor ,,äe re.giouibus urbis Roma?“, wo in
der Reg- VI. die Therme Comtanliiuans;, und lll der
•) Ulber tti Plinius Aufübrimg der Hcistas und Hearstat.
und den Bildhauer Agastas, vergl. ina» die schgrWemjge»
Nerwatbungen Tvstrsch'S i» der zweiten Äei »udlun-
„über die Epoche» der bndeuderi Kunst unter den Griechen ■.
üi9i Aumerlk. S. z-, — d.
Kunst-Blatt.
Donnerstag, den 19. D e c e tu b e r i 8 2 r.
Die Pfcrdebändiger auf Monte Cavallo.
„Tiert Dcuimalüdertrifft in Hinsicht auf wahre Graßheit
des Sinnes, aus daS Edle und Mächtige >m Styl der
Zer men und im Ausdruck jedes andere antike Kunstwerk."
Heinr. Mexer zu Winctelrn. Werke V4 56o.
Das größte noch erhaltene Denkmal der alten Scnlp-
tur sind die beyden marmornen Pfcrdebändiger, auf dem,
nach ihnen denauntcn Monte Cavallo in Rom vor dem
Quirinalischen Palast anfgest--llt; die weniger beschädigte
Figur ist der links stehende, dem das Gewand, über den
.emporgelivdenen linken Arm, hinten bis auf den Boden
herabrelcht, mit d,r auf der Base befindliche» nicht origi-
nalen, aber alten lateinischen Inschrift „l’hidL® opus —
von welcher rolossalen Figur ein trefflicher Gxpsabguß, auf be-
weglichem Untergestell, feit mehreren Jahren hier in München
ausgestellt ist. Die andere rechts stehende nicht so gvt cr-
haiiene Figur ist an der Base mit der Zuschrift
opijs“ bezeichnet. In Rom nannte man die bevden Fi-
guren gewöhnlich die Giganten auf dem Monte Cavallo,
und bar sie jederzeit ohne Vergleich höher gcschazt, als die
andern bepden ruhig neben ihren Pferden stebenden, eben-
falls rvlcfialen Bilder des Castor und Pellpr vor bcm Ca-
pirolinm, von denen sich nicht einmal ein irgend genügen-
der Kupsersilch Nachweisen läßt, wie ich denn auch nirgends
das Werbältniß der Größe der beyberseitigen Werke bemerkt
finde. Die Höhe unsres Gpps-Ldgusses beträgt drep und
zwanzig Fuß.
Ueder den Kunstwerth jener Denkmale, die so glück-
lich gegen einander abgewogene Handlung ic., füge ich
nichts weiter hinzu, da hierüber anderswo zur Genüge von
Andern gesprochen worden. So äußerte z. B. Canvva 1802,
„daß depde große Meister, Pdidias und Prariteles, sehr
zufriedrn sepn würden, ihre Namen fo herrlichen Denk-
malen eingegraden zu feden, die, ohne ihnen Schande zu
machen, sich anmaßen dürfen, ihre Kinder zu seyn." Die
Möglichkeit der völligen Richkigkeir depber alten Zuschrif-
ten wurde eben fo nachher von Herne. Mcper in den An-
merkungen zu Winckclmann's Werken, dargethan. Bis
conti dagegen (Mmeo Fio Clem. 1., zu T. 3?) war der
Meinung, diese Colvsse wären Copieen, zur Zeit Nero'«,
da die Sculptur blühte, nach den bronzenen Figuren der
Dioskuren des Hegesia« *) verfertigt, hie vor dem Tem-
pel des,kapitolinischen Jupiters standen. Allein von deren
Vorstellnugsweise wissen wir gar nichts, und die mar-
mornen Colvsse scheinen uns von solcher Originalität,
daß der Gedanke an solche Copirung hier kaum statt fin-
det. Zch möchte sogar fragen, ob überhaupt nur diese
kräftige Gebärde und Stellung dem Charakter der alten
bronzenen Bilder angemessen sey? -
Jene Pferdebändiger wurden nicht weit von ihrem dcr-
maligen Ori in den Thermen des ConstankinuS gefun-
den, wie es heißt; das Wann wird nicht angegeben, so
wenig als die Zeit, da sie an ihrem dermalizen Platz,
verstümmelt, zuerst ausgestellt wurden. Zm Jahr 1589
wurde» sie unter Papst Eirtus V. völlig restaurirt, und
auf einem neuen Postament durch Domcnico Fonlaua aus-
gestellt. Daß das alte Postament, auf dem sic ohne Zwei-
fcl über tausend Jahre gestanden, wahrscheinlich wegen
seines verfallenen Zustands, nicht beobehalten worden, ist
wohl sehr zu beklagen; wir erblicken dieses «och auf meh-
reren alten Kupferstichen, nebst der Umgegend, die da-
mals mit ihren altrvrnifchen Ruinen durch Eirtus V. ad>
plauirt worden. — Wenn nun, als der zunächst sich bar-
bierende Grund, die ungeheure Größe jencr Colvsse, und
das Imposante der Handlung, sic gegen den Zahn der Zeit
und die Zerstörungslust der Menschen gesichert hat: so ist
dagegen keine eigentlich historische Notiz über diese Werke
uns aufbehalten worden, wie doch ihre Bedrutenheit es
verdient hätte. Plinius gedenkt ihrer mit keinem Worte,
daher man mir allem Recht vermuthen dürfte, daß zu sei-
ner Zeit diese LUdwerke in Rom noch nicht vorhanden wa-
ren. Auch werden sie urcht benannt in dem Verzeichnis
des Publ. Victor ,,äe re.giouibus urbis Roma?“, wo in
der Reg- VI. die Therme Comtanliiuans;, und lll der
•) Ulber tti Plinius Aufübrimg der Hcistas und Hearstat.
und den Bildhauer Agastas, vergl. ina» die schgrWemjge»
Nerwatbungen Tvstrsch'S i» der zweiten Äei »udlun-
„über die Epoche» der bndeuderi Kunst unter den Griechen ■.
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