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Prachtvollen Kunsthimmel schimmernd hervor, und man
macht keinen Schratt ohne m Genuß und Kenntnissen zu
gewinnen. Wir haben an diesem Vormittage schon-so
viele neue Bekanntschaften mit chrenwerthen Meistern
der lombardischen Schule geschlossen, daß wir bereits
Mühe haben, das Alles festzuhalten, zu ordnen, und aus
dem richtigen Standpunkte zu beurtheilen. Was wird
es erst werden, wenn uns Parma, Mantua, Padua,
Venedig ihre Schatzkammern werden geöffnet haben!
Und dazu kömmt noch vollends dieser unübersehbare Reich-
thum an bedeutenden Bauwerken, der reichhaltigen
Sammlungen antiker Fragmente noch gar nicht zu er-
wähnen.

Wir forschten vor allem wie natürlich nach Rafaels
Sposalizio. Gerade weil dieses Bild noch unvollkommen
ist, muß man es sehen und studiren, um den Rafael
ganz kennen zu lernen. Es ist schon voll von jener In-
nigkeit, Tiefe und Sanftmnth des Ausdrucks, welche ein
Erttheil dieses göttlichen Bildners ist; ohne schon ein
bedeutendes Maaß von Entwicklung, Frepheit und Selbst- j
standigkeit kund zu geben. Die Schranken der perugini-
schen Schule sind noch zu fest um das Ganze gezogen,
und daher weniger Handlung als Ausdruck in den Fi-
guren. Das Beste ist auch hier schon der mit unend-
licher Zartheit und stiller Anmuth gebildete Madounen-
kopf; weniger ist der Ausdruck in den Köpfen S. Jo-
sephs und des Priesters gelungen.

Nahe an diesem Gemälde hängt die Zeichnung Ra-
faels, welche einige schwebende, nach einer Scheibe zie-
lende Bogenschützen darstellt, und uns durch Venetiano's
trefflichen Kupferstich bekannt ist. Es war uns recht er-
freulich, ein Bild von Rafaels Vater Giovanni Sanzio
hier zu finden, darstellend eine Verkündigung, in lebens-
großen Figuren. Auch ein schönes Bild von Timoteo
della Vite ein schöner Fraucia und ein herrlich Altarbild
von Dominichino zogen unsere Aufmerksamkeit an sich.
Sonst ist diese Gallerie nicht sehr reich an Werken des
tieferen Italiens. Doch sind aus Casa Zampieri kürz-
lich schöne Bologneser erworben. Dagegen ist Alles
ganz vortrefflich bestellt in den Schulen der oberen Pro-
vinzen; und man bemerkt sogleich, daß mit viel Verstand,
Umsicht und Auswahl gesammelt wurde. Frevlich muß-
ten auch hier wieder die Kirchen und Klöster ihr Bestes
thun; denn die Hauptwerke sind denn doch fast immer
Altartafeln ; und ohne Revolutionen, wie die der lezten
Zeiten, wären solche Sanrmlungen gar nie möglich ge-
worden. Es sind fast, lauter bedeutende Werke aus al-
len obern Schulen und ihren Nebenzweigen hier beysam-
men; und schon beym ersten Besuche dieser Säle ahnet man
einen großen den Geist erfreuenden Zusammenhang, urkd
gewisse tiefliegende Berührungspunkte. Freplich schwin-

delt einem Anfangs bep diesem Reichthume., denn nach
dem, was hier beysammen ist, zu urtheilen, hat fast
jede bedeutende Stadt ihre eigene Schule und in dieser
einige ausgezeichnete Männer gehabt. Es wird einem
zulezt zu Muthe werden, als sähe man in klarer Winter-
nacht zum gestirnten Himmelsgewölbe empor, und wollte
nur versuchen, das Alles zu zähle» und zu ordnen.

Folgende Meister habe ich hier theils zum ersten-
male gesehen; theils erst in Hauptwerken kennen gelernt:
Gevrgins 0354); Andreas Medivlanensis (1495); Einig
da Conegliano; Santa Eroce; Pamfilo; Vittore Car-
paccio; Franca Bigiv; Marco d'Oggione; Lanini; Ca-
listo da Lodi; Ambragio Ficinv; Tanzio da Varallo;
Zoppo da Lugano; Cerano; Girolamo Savaldi; Moroni
d'Albino; Borromeo d'Albino; Moretto; Filippo Ma-
zuoli; Atabello Melloni; Zenvbio da Valsessina: Agostino
Bonacina; Nicolo Folignate; Vincenzio Foppa; Aurelia
Luini; Lorenzo Costa; Crivelli; Martino da Udine,5c>7;
Steffano da Ferrara; Bonone di Ferrara; Fra Carno-
l vale, Palmiziano; Montagna; Genga; Orazio Genti-
leschi, Molvsso. Von jedem dieser Meister ist wenigst
ein an sich treffliches oder bedeutendes Werk hier zu fin-
den. Viele aber, die mir weni ger merkwürdig schienen,
sind hier noch gar nicht genannt. Und auch von den
übrigen, schon be» uns mehr bekannten Meistern, sind
fast von jedem ein Paar große, tüchtige Werke anzu-
treffen.

Nach Beschauung der Gemälde machten wir noch
einen Gang durch die Säle der Abgüsse. Ich sah hier
weniger auf das Antike mir schon anderwärts bekannte,
als auf die Sachen der Florentiner, und Canova's. Von
dem lezten liegt auch eine colossale Statue Napoleons in
einer finstern Kammer. Das Alles behielten wir in
petto; es ruhig aufzufassen, dazu war der Geist durch
das bereits Gesehene zu sehr beschäftigt und bewegt.

(Die Fortsetzung folgt.)

Nekrolog.

• • ■ ■ ' ‘”'i r

. Zu Breslau starb am 10. Dec. 1825 in einem Alter
von 72 Jahren Joseph v. Mattersberger, Prof.,
kaiserl. russischer Cabinctsbildhauer und Lehrer an der
Kunst-, Bau - und Handwerksschule zu Breslau. In den
kaiserlichen Schlössern von Moskau hat er allein 75 Sta-
tuen in Marmor aiisgeführt. Besonders bcsizt Peters-
burg eine große Anzahl Kunstwerke von seiner Arbeit.
Bekannt sind seine sechs Apostel, die den Preis in Rom
und Florenz erhielten, die vier kolossalen Figuren in
Gips, die er in Mailand in sieben Tagen vollendete.
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