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19

des Jünglings war mit viel Anmuth ausgeführt, je-
doch der des Dädalns von zu kurzem Leib und zu großen
Ertremitäten. Auch schien uns seine Stellung nicht völ-
lig sicher und zu gespreizt, so daß sie der Anordnung
des Ganzen auffallend schadet. In dem Bestreben eine
heftige und leidenschaftliche Bewegung auszudrücken, mag
wohl der Künstler nicht genug auf die Natürlichkeit ge-
achtet haben, ein Versehen, aus welchem in der neuern
französischen Schule unter den verschiedensten. Meistern
Viele Mängel und Jrrthümer und zum großen Tbeil die
sogenannten theatralischen Compositionen entsprungen
sind.

Die stehende Figur des Aristides, welcher seinen
Namen auf eine Scherbe schreibt, ebenfalls lebensgroß
und mit vieler Sorgfalt in Gpps ausgeführt, schien uns
mehr das Studium einer guten Stellung und Drapi-
rung, als die wirkliche Darstellung des Moments, in
welchem der gerechte Athcnicnser zu seiner eigenen Ver-
bannung seine Stimme gibt, Nächst der Ruhe und Ent-
schlossenheit, womit er seine» Namen schreibt, mußte
wohl auch einige Betroffenheit über die Zumuthung des
Bürgers ausgedrückt seyn. Der Ausdruck dieser Figur
hat aber eher etwas Unbedeutendes. Auch hier sind Kopf
und Füße verhältnismäßig zu groß.

Eine jugendlich männliche Figur, lebensgroß in
Gpps, war blos als ein Akt nach der Natur bezeichnet:
Hr. Schöpf batte sie aber mit Ausnahme der auch hier
zu großen Füße, so wohl verstanden ausgeführt, daß sie
leicht als ein bedeutungsvolleres Kunstwerk halte gelten
können. Auf dem Wege genauen Naturstudiums ver-
bunden mit dem einfachen und wahren Gefühle des Aus-
drucks der Empfindungen wird der noch junge Künstler
ohne Zweifel einst etwas Bedeutendes zu leisten im
Stande leim.

Weniger gefallen wollten uns drey Reliefs, in wel-
chen eine zu entschiedene Weise des Vortrags herrschte,
als daß sie vollkommen aus eigenem innerem Gefühl
hätten entsprungen scpn können. Auch fiel besonders in
der Darstellung des Odysseus, welcher von seinem Hunde
Argos erkannt wird, der Mangel auf, daß die Figur
des Helden nud die s er im Gemache sitzenden Gattin
zu weit von einander entfernt gedacht und zu verschieden
in der Größe waren, welches dem guten Styl des Re-
liefs nicht angemessen ist.

Die Säle der Architekturschule enthielten eine große
Menge von Arbeiten ihrer Zöglinge, welche im Allgemei-
nen sowohl von dem Fleiß der Schüler, als von der
Suren Leitung, deren sie genießen, ehrenvolles Zeugniß
gaben. befanden sich darunter mehrere ausgcführte
Entwürfe von großem Verdienst, unter welchen uns be-
sonders der Man zu einem Hafen an der Ausmündung
eines Stromes von Friedrich Ziebland aus Regens-

burg die ehrenvollste Anerkennung zu verdienen schien.
Der Grundplan war äußerst zweckmäßig und schön ge-
dacht; der Aufriß von ausgezeichnet guten Verhältnissen,
und in allen seinen Tbeilen vollkommen ausgebildet.
Von vieler Anlage zeigte ferner der Plan zu einem öf-
fentlichen Bade^von Wilhelm Riedel aus Bayreuth,
nur daß die obern korinthischen Säulen im Verhältniß
zu dem untern Theile etwas zu hoch erschienen. Sehr
gute Wirkung that die perspektivische Ansicht .des Ein-
gangs zu einem Leichenacker in dorischer Ordnung, in
welcher derselbe Künstler das Ernste und Strenge der
Architektur mit dem Malerischen der Umgebung glücklich
vereinigt hatte. — Jakob Roth Haas aus Bergzabern
hatte die Pläne zu einem Kaufhause von schönen Ver-
hältnissen und glücklicher Anordnung geliefert. — Durch
zweckmäßigen Grundplan, charakteristische Auffassung der
Formen und einfach schöne Verhältnisse zeichnete sich auch
der Entwurf zu einem Hospitium von Theodor Sta-
witz ans Wisbaden, aus. Der Anblick des Gebäudes
erregte die Idee seines Zwecks und dieses Verdienst der
architektonischen Charakteristik ist desto höher anzuschlagen,
je schwerer es in vielen Fällen erreicht werden mag. —
Unter den übrigen Entwürfen nennen wir noch die von
Albert Fromme!, da der Raum uns verbietet, aller
übrigen Versuche namentlich zu gedenken, obgleich viele
von guten Anlagen zeugten.

Doch dürfen wir nicht mit Stillschweigen die radirte»
Werke der beyden Architekten Thürmer und Guten-
sohn, ehemaligen Zöglingen der Akademie und jezt in
Rom befindlich, übergeben, welche hier zur Beschauung
des Publikums aufgelegt waren. *) Sie enthalten die
schönsten Theile und Ornamente aus den Loggien des
Vatikan und der Villa Madama, besonders aus der lcz-
tern die trefflichen und nun halb verlornen Deckengemälde
des Julio Romano, und die Herausgeber haben sich so-
wohl durch die Treue als durch die Zierlichkeit, womit
sie diese Werke nachgebildct, ein wahres Verdienst um
die Kunst und ihre Geschichte erworben.

Zum Schluß haben wir noch dreper vonHrn.Frank
ausgeführter Glasgemälde zu gedenken: die Beschneidung
nach Golzius, die heil. Barbara nach Holbein, und die
heil, drey Könige nach Rubens. Einzelne Theile waren
dem Künstler recht wohl gelungen, auch fehlte es den
meisten Farben nicht an Feuer und Reinheit, doch wäre
dem Ganzen mehr Harmonie, und hauptsächlich der Car-
nation in Köpfen und Händen eine größere Wahrheit
und zartere Verschmelzung zu wünschen gewesen.

Die bedeutende Zahl verkäuflicher Gemälde, die sich

*) Bergt, die Anzeige im Kunstbl. i8rü. Nr. 3j>.
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