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402

sonst die Mitte der Bühne, wo doch die Schauspieler
am häufigsten sich befinden, nicht mehr von den Coulis-
sen aus gehörig erleuchtet werden kann; nimmt man
dieses als erwiesen an, so folgt hieraus, daß für Theater
von einiger Größe der Kreis oder die Ellipse des Audi-
toriums einen größeren Durchmesser erhalten muß, als
die Weite innerhalb der vorderen Coulissen. Diese Ei-
genschaft ist allen größeren Theatern gemein, und sie
geht aus der Natur der Sache hervor. Vergleicht man
dieselben, so ergibt sich, daß die Ausbiegung des Krei-
ses an den ersten Ranglogen gemessen, wenn die Weite

des Prosceniums davon abgezogen

wird,

auf

jeder Seite

beträgt:




zu Darmstadt .


4

Fuß

zu Berlin im Opernhause


4-



zu Paris im Opernhause .





zu Karlsruhe . . .


8



zu Neapel, (8t. Carlo)


12



zu Mailand, (della Scala)


II



zu London, (Drurylane) .


13



Hierbep ist der Vortheil offenbar auf der Seite des
Darmstädter S»auspielhauseS. 2» allen diesen Theatern
sind aber außerdem an den Seiten viele ganz verlorene
Plätze und die Logen dem Theater gegenüber find nicht
tiefer, als die Seitenlogen, während in dem Darmstädter
Theater jener Fehler vermieden ist, indem das Prosce-
nium abgeschrägt, und die Seicenlogen weniger tief ge-
halten find; der hierdurch entbehrte Platz ist aber durch
die größere Tiefe der mittleren Logen, wo man am besten
siehet, wieder gewonnen.

z. Die Unterstützung der Logen durch ei-
serne Säulen.

Es ist Niemanden eingefallen zu behaupten, wie
Recensent meynt, daß diese eisernen Säulen schöner als
antike seyen. Leztere sind weggelassen worden, weil sie
am Sehen hindern, und die eisernen sind gemacht, weil
cs nickt räthlich und nicht schön ist, Logen von der Tiefe
der hiesigen ohne Unterstützung zu lassen. Das Audito-
rium des Thcätre francais zu Paris hatte eine sehr
schöne Kolonnade, welche jezt durch eiserne Säulen ersezt
ist. Zu Berlin und London sind die neuesten Theater
gleichfalls so konstruirt, und es fehlen also für deren
Anwendung weder Gründe noch Autoritäten.

4. Die Logen sollten durchbrochene Brü-
stungen haben.

Dieser Vorschlag möchte in akustischer Hinsicht ge-
fährlich se»n, indem der Ton, anstatt von den festen
glatten Vrnstgeländern reflektirt zu werden, durch die
Kleider der Zuschauer verschluckt werden würde. Ob die
Schönheit durch den Anblick der vielen Füße und Beine
gewänne, ist ebenfalls sehr problematisch. Bisher hat

meines Wissens noch kein Architekt es gewagt diese Ein-
richtung zu machen.

5. Das Ab schrägen des Prosceniums hält
Recensent nicht gut für den Gesang.

Diese Meynung ist ganz irrig, denn die hier ange-
brachten schiefen Prosceninmswände reflektiren den Ton
mehr gegen die Mitte, also gegen den entfernteren Theil
des Auditoriums, während die mehr geraden Wände des
Prosceniums den Ton gegen die nächsten Seitenlogen
werfen würden, wo man ohnehin gut hören kann. Die
Erfahrung widerlegt ebenfalls jene Meynung, indem be-
kanntlich der Gesang in diesem Hause sich ganz vorzüg-
lich gut auSnimmt.

Recensent kommt nun auf die übrigen Theile des
Hauses und an das Aeußere. Die von ihm gerügten
angeblichen Fehler sind:

1. DerMangei des charakteristischenAeus-
sercn eines TheaterS.

Außer den halbrunden Theatern der Alten, welche
wohl verdienten nachgeahmt zu werden, ist mir kein
Theater bekannt, welches sich als solches ausspräche. Vey
den Theatern der Alten ergab sich die eigenthümlichc
Form ganz ungezwungen, indem Bogengänge das halb-
runde Auditorium umgaben. Bey den Forderungen,
welcve man aber gegenwärtig an die Theater macht, wo

man Säle und Zimmer um das Auditorium verlangt,
muß natürlich das individuell Bezeichnende verloren ge-
hen; es scheint mir sehr unbillig, an das vorliegende
Theater eine Forderung zu machen, welche kein gegen-
wärtig cristirendes Theater erfüllt, und aus dem ange,
führten Grunde nicht erfüllen kann.

2. Der Mangel au bezeichnenden Bild-
werken.

Niemand wird läugnen, daß solche ein schöner
Schmuck sevn können, aber für wesentlich hielten sie
weder die Alten, noch die testen neueren Architekten.
Gute Bildhauerarbciten setzen überdcm einen großen Ko-
stenaufwand voraus, und mittelmäßige sind schlimmer
als gar keine.

3. Daß die Fußgänger nicht unter dersel-
ben Vorhalle mit den Fahrenden in das
Vestibül treten.

Die fünf großen Tbüren unter der Halle stehen den
Fußgänaern so gut offen, als den Fahrenden. Daß er-
stere außerdem besondere Eingänge haben, möchte wohl
Lob verdienen, und Rezensent widerspricht sich hier selbst,
indem er bev den Grundrissen die getroffene Einrichtung
als zweckmäßig anerkennt.
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