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Dreizehnter Tag für Denkmalpflege
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der Klassierung nach Möglichkeit die musikalischen
Eigenschaften insoweit berücksichtigt, als unter gleich-
wertigen Glocken die von minder gutem Klang zu-
nächst geopfert wurden, sofern nicht Rücksichten auf
besonderem Kunst- oder Altertumswert entgegen-
standen. Auch von den glatten mittelalterlichen
Glocken wurden solche, die nichts besonders Be-
merkenswertes boten, preisgegeben. Im übrigen waren
maßgebend für die Zuweisung zu den drei Klassen:
besonderer geschichtlicher Wert, Bedeutung für die
Technik des älteren Glockengusses, künstlerischer
Schmuck in Schrift und Plastik, endlich auch Berück-
sichtigung des Gießers. In den drei Gruppen wurden
die Glocken unter diesen Gesichtspunkten im all-
gemeinen so eingeteilt, daß auch bei Inanspruch-
nahme der zweiten noch ein möglichst lückenloses
Bild von dem Stande der deutschen Glockengießer-
kunst aller Zeiten erhalten bleibt. Durch die Arbeit
■ der Sachverständigen ist ein für die' Glockenkunde
außerordentlich interessantes Material gewonnen worden,
dessen wissenschaftliche Verarbeitung allerdings noch
lange Zeit in Anspruch nehmen wird und zunächst
nur durch Teilarbeit in den Provinzen bewältigt werden
kann. Von irgend bemerkenswerten Glocken der
ersten Gruppe, die zur Vernichtung bestimmt sind,
sind einzelne Teile abgeformt worden. Auch wurden
die Inschriften für die Archive überall festgestellt.
Für die Beschläge von Kupfer, Messing, Bronze, die
zunächst nur freiwillig abzuliefern sind, gelten die
gleichen Gesichtspunkte für die Befreiung, wie bei
den Haus- und Küchengeräten. In erster Reihe stehen
die noch hier und da erhalten gebliebenen, meist
recht gut gestalteten Türklopfer, weiterhin die Griffe,
Türklinken, Schlüsselschilder, von denen auch unter
den Beständen handwerklich schlichter Ausführung
älterer Zeit jeweils eine möglichst vollständige Typen-
reihe erhalten bleiben sollte. Abschließend darf im
ganzen wohl festgestellt werden, daß dank dem Ent-
gegenkommen der Heeresverwaltung die Interessen
der Denkmalpflege bisher in weitem Umfang gewahrt
bleiben konnten.
Der bayrische Generalkonservator Dr. Hager legte
zunächst seine persönliche grundsätzliche Anschauung
dar: Die Metali beschlagnahme wird einheitlich im
ganzen Deutschen Reiche vorgenommen. Was aber
dabei zum Schutze und zur Erhaltung künstlerischer,
geschichtlicher und wissenschaftlicher Werte vorge-
sehen wird, kann und darf nicht in allen Staaten und
in allen Gauen nach der gleichen Schablone durch-
geführt werden. Hier wäre gleichmäßiges Vorgehen
sach- und zweckwidrig, sinnlos und verderblich. Ent-
sprechend der Vielgestaltigkeit und Mannigfaltigkeit
der Kunst- und Kulturentwicklung in den deutschen
Ländern und entsprechend der Verschiedenartigkeit
des Denkmalschutzes und des ganz verschiedenen
Schwerpunktes der Denkmäler müssen die Erhaltungs-
maßnahmen den bestehenden Verhältnissen angepaßt
werden. Wie die Kunstpflege und die Denkmalpflege
in den einzelnen Staaten eigenartig eingerichtet ist
und bleiben muß, so war auch die bei der allge-
meinen Metallbeschlagnahme gebotene Möglichkeit
schonender Berücksichtigung besonderer idealer Werte
individuell zu behandeln.
Die bayrischen Maßregeln bei der Beschlagnahme
von Hausgerät waren im ganzen dieselben wie die
schon geschilderten. Mehr als 200 Abnahmestellen
wurden eingerichtet, Sachverständige zur Prüfung und
Sichtung bestellt. Wertvolle Stücke sind nur ver-
schwindend wenige zum Vorschein gekommen, darunter
ein kleines römisches Tropaion aus Bronze. Die ge-'
schützten Gegenstände wurden den kleinen Museen
in dem betreffenden Bezirk überwiesen. Bei den
Orgeln wurde der Schatz solcher aus dem Barock,
dem Rokoko, dem Klassizismus und dem Empire als
wesentlich charakteristisch für Bayern besonders sorg-
fältig in acht genommen, zumal da das alte künst-
lerische Bild durch Entfernung der Pfeifen ganz
wesentlich gestört wird. Geschützt wurden alte Zinn-
pfeifen an alten Gehäusen von 1820 und dekorierte
Pfeifen, auch neue Pfeifen an alten Gehäusen, wenn
die Gefahr bestand, daß durch Wegnahme das Ge-
häuse beschädigt werden könnte. Diese Bestimmungen
haben sich bewährt: es sind nur wenige Anfragen
eingelaufen. Von den Glocken wurden zunächst
alle vor 1770 in Klasse B gestellt, dann geprüft und
die schutzwürdigen nach Klasse C übergeführt. Beim
Dachkupfer wurde bestimmt: wenn alte Kirchtürme
nach 1850 mit Kupfer eingedeckt worden sind, sollten
jetzt beim Ersatz etwaige Änderungen der Dachform
rückgängig gemacht werden; man solle sich an die
landesübliche Form halten und wieder handgespaltene
Schindeln verwenden. In Württemberg, Baden und
Hessen liegen die Verhältnisse im ganzen ähnlich wie
in Bayern. In Württemberg wurden die Pfeifen bei
alten Orgeln des Barock- und Rokokostils sämtlich
befreit. Eine Verfügung mit Abbildungen klärte über
die Merkmale der alten Glocken auf (ebenso wurde
in Braunschweig ein Merkblatt mit Abbildungen vom
Oberbaurat Hans Pfeifer herausgegeben). In Württem-
berg und Baden wurde der musikalische Tonwert be-
rücksichtigt. In Hessen wurde eine bestimmte Anzahl
der beschlagnahmten Kunstwerke und Geräte geschützt,
damit von allen Herstellungsorten und Typen Beleg-
stücke bewahrt blieben.
Aus dem Bericht des Ministerialrats Ritter von
Förster-Streffleur über die Metallbeschlagnahme
in Österreich ist folgendes hervorzuheben. Ein Staats-
denkmalamt wurde geschaffen mit festangestellten Be-
amten im Hauptamt. Dieses hat sich bei der Denk-
malpflege in dem vorliegenden Falle vorzüglich be-
währt. Von den eingelieferten Geräten wurden 8000
als wertvoll zurückbehalten und darüber ein ausführ-
licher beschreibender Katalog mit Abbildungen ver-
öffentlicht. Es ergab sich eine nahezu lückenlose Reihe
solcher Erzeugnisse der Kleinkunst handwerklicher
Herkunft: Apothekermörser, Zinngerät, Leuchter, Kan-
nen, Weihwasserbecken usw. Nach der freiwilligen
Ablieferung wurde eine Metallzentrale A.-G. gegründet;
auch bei dieser wurden von den angekauften Gegen-
ständen die wertvollen ausgeschieden und dabei der
Grundsatz aufgestellt, in zweifelhaften Fällen eher
mehr als weniger zurückzustellen. Reiches Kunstgut
Dreizehnter Tag für Denkmalpflege
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der Klassierung nach Möglichkeit die musikalischen
Eigenschaften insoweit berücksichtigt, als unter gleich-
wertigen Glocken die von minder gutem Klang zu-
nächst geopfert wurden, sofern nicht Rücksichten auf
besonderem Kunst- oder Altertumswert entgegen-
standen. Auch von den glatten mittelalterlichen
Glocken wurden solche, die nichts besonders Be-
merkenswertes boten, preisgegeben. Im übrigen waren
maßgebend für die Zuweisung zu den drei Klassen:
besonderer geschichtlicher Wert, Bedeutung für die
Technik des älteren Glockengusses, künstlerischer
Schmuck in Schrift und Plastik, endlich auch Berück-
sichtigung des Gießers. In den drei Gruppen wurden
die Glocken unter diesen Gesichtspunkten im all-
gemeinen so eingeteilt, daß auch bei Inanspruch-
nahme der zweiten noch ein möglichst lückenloses
Bild von dem Stande der deutschen Glockengießer-
kunst aller Zeiten erhalten bleibt. Durch die Arbeit
■ der Sachverständigen ist ein für die' Glockenkunde
außerordentlich interessantes Material gewonnen worden,
dessen wissenschaftliche Verarbeitung allerdings noch
lange Zeit in Anspruch nehmen wird und zunächst
nur durch Teilarbeit in den Provinzen bewältigt werden
kann. Von irgend bemerkenswerten Glocken der
ersten Gruppe, die zur Vernichtung bestimmt sind,
sind einzelne Teile abgeformt worden. Auch wurden
die Inschriften für die Archive überall festgestellt.
Für die Beschläge von Kupfer, Messing, Bronze, die
zunächst nur freiwillig abzuliefern sind, gelten die
gleichen Gesichtspunkte für die Befreiung, wie bei
den Haus- und Küchengeräten. In erster Reihe stehen
die noch hier und da erhalten gebliebenen, meist
recht gut gestalteten Türklopfer, weiterhin die Griffe,
Türklinken, Schlüsselschilder, von denen auch unter
den Beständen handwerklich schlichter Ausführung
älterer Zeit jeweils eine möglichst vollständige Typen-
reihe erhalten bleiben sollte. Abschließend darf im
ganzen wohl festgestellt werden, daß dank dem Ent-
gegenkommen der Heeresverwaltung die Interessen
der Denkmalpflege bisher in weitem Umfang gewahrt
bleiben konnten.
Der bayrische Generalkonservator Dr. Hager legte
zunächst seine persönliche grundsätzliche Anschauung
dar: Die Metali beschlagnahme wird einheitlich im
ganzen Deutschen Reiche vorgenommen. Was aber
dabei zum Schutze und zur Erhaltung künstlerischer,
geschichtlicher und wissenschaftlicher Werte vorge-
sehen wird, kann und darf nicht in allen Staaten und
in allen Gauen nach der gleichen Schablone durch-
geführt werden. Hier wäre gleichmäßiges Vorgehen
sach- und zweckwidrig, sinnlos und verderblich. Ent-
sprechend der Vielgestaltigkeit und Mannigfaltigkeit
der Kunst- und Kulturentwicklung in den deutschen
Ländern und entsprechend der Verschiedenartigkeit
des Denkmalschutzes und des ganz verschiedenen
Schwerpunktes der Denkmäler müssen die Erhaltungs-
maßnahmen den bestehenden Verhältnissen angepaßt
werden. Wie die Kunstpflege und die Denkmalpflege
in den einzelnen Staaten eigenartig eingerichtet ist
und bleiben muß, so war auch die bei der allge-
meinen Metallbeschlagnahme gebotene Möglichkeit
schonender Berücksichtigung besonderer idealer Werte
individuell zu behandeln.
Die bayrischen Maßregeln bei der Beschlagnahme
von Hausgerät waren im ganzen dieselben wie die
schon geschilderten. Mehr als 200 Abnahmestellen
wurden eingerichtet, Sachverständige zur Prüfung und
Sichtung bestellt. Wertvolle Stücke sind nur ver-
schwindend wenige zum Vorschein gekommen, darunter
ein kleines römisches Tropaion aus Bronze. Die ge-'
schützten Gegenstände wurden den kleinen Museen
in dem betreffenden Bezirk überwiesen. Bei den
Orgeln wurde der Schatz solcher aus dem Barock,
dem Rokoko, dem Klassizismus und dem Empire als
wesentlich charakteristisch für Bayern besonders sorg-
fältig in acht genommen, zumal da das alte künst-
lerische Bild durch Entfernung der Pfeifen ganz
wesentlich gestört wird. Geschützt wurden alte Zinn-
pfeifen an alten Gehäusen von 1820 und dekorierte
Pfeifen, auch neue Pfeifen an alten Gehäusen, wenn
die Gefahr bestand, daß durch Wegnahme das Ge-
häuse beschädigt werden könnte. Diese Bestimmungen
haben sich bewährt: es sind nur wenige Anfragen
eingelaufen. Von den Glocken wurden zunächst
alle vor 1770 in Klasse B gestellt, dann geprüft und
die schutzwürdigen nach Klasse C übergeführt. Beim
Dachkupfer wurde bestimmt: wenn alte Kirchtürme
nach 1850 mit Kupfer eingedeckt worden sind, sollten
jetzt beim Ersatz etwaige Änderungen der Dachform
rückgängig gemacht werden; man solle sich an die
landesübliche Form halten und wieder handgespaltene
Schindeln verwenden. In Württemberg, Baden und
Hessen liegen die Verhältnisse im ganzen ähnlich wie
in Bayern. In Württemberg wurden die Pfeifen bei
alten Orgeln des Barock- und Rokokostils sämtlich
befreit. Eine Verfügung mit Abbildungen klärte über
die Merkmale der alten Glocken auf (ebenso wurde
in Braunschweig ein Merkblatt mit Abbildungen vom
Oberbaurat Hans Pfeifer herausgegeben). In Württem-
berg und Baden wurde der musikalische Tonwert be-
rücksichtigt. In Hessen wurde eine bestimmte Anzahl
der beschlagnahmten Kunstwerke und Geräte geschützt,
damit von allen Herstellungsorten und Typen Beleg-
stücke bewahrt blieben.
Aus dem Bericht des Ministerialrats Ritter von
Förster-Streffleur über die Metallbeschlagnahme
in Österreich ist folgendes hervorzuheben. Ein Staats-
denkmalamt wurde geschaffen mit festangestellten Be-
amten im Hauptamt. Dieses hat sich bei der Denk-
malpflege in dem vorliegenden Falle vorzüglich be-
währt. Von den eingelieferten Geräten wurden 8000
als wertvoll zurückbehalten und darüber ein ausführ-
licher beschreibender Katalog mit Abbildungen ver-
öffentlicht. Es ergab sich eine nahezu lückenlose Reihe
solcher Erzeugnisse der Kleinkunst handwerklicher
Herkunft: Apothekermörser, Zinngerät, Leuchter, Kan-
nen, Weihwasserbecken usw. Nach der freiwilligen
Ablieferung wurde eine Metallzentrale A.-G. gegründet;
auch bei dieser wurden von den angekauften Gegen-
ständen die wertvollen ausgeschieden und dabei der
Grundsatz aufgestellt, in zweifelhaften Fällen eher
mehr als weniger zurückzustellen. Reiches Kunstgut