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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 56.1920/​1921 (April-September)

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Nr. 31
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Literatur / [Notizen] / Kunstmarkt
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594

Literatur

LITERATUR
O, Cartellieri, Das Fafanenfeft. Am
Hofe der Herzoge von Burgund <1454).
<S.»A. aus den hiltor.=polit. Blättern f. d.
kath. Deutfchland, Jan./Febr. 1921).
Anlaß, Vorbereitungen und Verlauf des
berühmten Fafanenfeltes in Lille von 1454
werden zum erftenmaf auf der Grundlage
der überlieferten Berichte ausführlich und
anfchaulich dargelegt. Durch ein Feltmahl
voll Pomp und Luxus fuchte Philipp von
Burgund die Ritterfchaft zu einem neuen
Kreuzzuge zu gewinnen, den ihm der Fall
von Konltantinopel eingegeben hatte. Er
war nicht wählerifch in den Mitteln, mit
denen die Sinneswerkzeuge der Teilnehmer
gereizt wurden, und das Blendwerk der
üppigen Tafel entbehrte ebenfo des Ur»
teils und des Gefchmacks, wie die Kreuz»
zugsidee ernltere Motive vermißen ließ.
Sie entfprangen der romantifchen Auffaf»
fung des Rittertums, die fich allenthalben
im Norden am Ausgang des fpäten Mittel»
alters ausbreitete. Philipp verhalf ihr zu
einem glänzenden, aber wenig befiändigen
Ausdruck. Sie charakterifiert auch die
bibliophilen Neigungen des Herzogs. Die
Künltler kamen trotz ausgiebiger Befchäf»
tigung hier wie dort nicht zur Geltung; fie
find Diener einer ihnen fremden Idee. Ihr
beites gaben fie in den Gebetbüchern und
Gemälden, die unabhängig vom Hofe ge»
fchaffen wurden, wenn auch nicht ver»
gelfen werden darf, daß erft die politifche
Einstellung Philipps gegenüber Frankreich
die Entfaltung einer heimifchen altnieder»
ländifchen Malerei ermöglicht hat. W.
*
Otto Grautoff, Die franzöfilche Ma»
lerei feit 1914.
James Rousseau, Die Portierfrau. Illu»
Itrationen von Daumier.
James Rousseau, Robert=Macaire, der
uniterbliche Betrüger. Ulultrationen von
Daumier. '—Alle drei Mauritius»Verlag,
Berlin, 1921.
Ein neuer Berliner Verlag erfcheint mit
drei Büchlein über franzöfilche Kunlt.
Otto Grautoff, der durch längeren Auf»
enthalt in Paris mit den dortigen Ereig»
nilfen Wohl vertraute, Ichildert in einem
kleinen Bändchen auf etwa 50 Textfeiten
die Entwicklung der franzöfifchen Malerei

im letzten Jahrzehnt. Begreiflicherweife
bleibt es bei Andeutungen, Da diefe in»
deflen nicht nur auf Kenntnis der Ob»
jekte, fondern auf einem innigen Verliehen
beruhen, fo ilt ihr Wert für den Freund
moderner Malerei, der fich zu orientieren
wünfcht, nicht gering. Die Akzente der
Bedeutung werden richtig verteilt: Matisse,
als der Führer einer nun fchon falt hilto»
rifchen Gruppe der jünglten Vergangenheit
charakterifiert, Picasso, Derain hervorge»
hoben. Das Problematifche an Matisse
— feine Intelligenz, die ihn zu einem aus»
gezeichneten Kritiker befähigt und fein
Schaffen vielmehr lenkt als befruchtet —
wird umlchrieben, wenn auch nicht klar
bezeichnet. Der derbe Marquet und die
überzarte Marie Laurencin werden viel»
leicht ein wenig überfchätzt. Dagegen
wünfchte man Vlaminck und Othon Friesz
noch mehr und liebevoller gewürdigt zu
fehen. Vorausfnhtlich werden fie neblt
der Harken Perfönlidhkeit Andre Derain's
allmählich mehr hervortreten, wenn im
Laufe der Zeit die Begabungen nach ihrem
Range gerechter gegeneinander abgewogen
werden. In der Klage über Picasso's Um»
fall vom Kubismus zur traditionellen fran»
zöfifchen Akademie vernehmen wir ein
Echo der enttäufchten Jünger. Picasso ilt
fraglos eine der Itärklten und edellten Be»
gabungen. Eben deswegen verhalf er der
doktrinären Verrücktheit des Kubismus zu
einem ungebührlichen Anfehen. Gewiß,
wir mußten auch diefes erleben. Man
könnte fogar auf gut Hegelifch fagen, daß
der Kubismus durch feine bloße Exifienz
feine Vernünftigkeit bewiefen habe. Allein
— verrückt oder philofophilch bedeutfam
— gleichviel, eine andere Rolle als die
einer vorübergehenden Epifode hat er nicht
gefpielt. Lind mit ihm erbleicht der Ruhm
feiner hartnäckigen Vertreter, Unter den
Illultratoren wird der Belgier Mafereel laut
gerühmt. Ob nicht aber doch von feiner
vielmehr gelchickten und gefchmackvollen,
als Harken Begabung neuerdings zu viel
Aufhebens gemacht wird?
Die Wahl der Ulultrationen von Matisse
und Vlaminck — bis herab zu Herbin und
dem recht unbeträchtlichen Juan Gris ilt
belehrend, zumal da alles Technifche wohl
geraten ilt.
 
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