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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 11.1900

DOI Artikel:
Hofmann, Albert: Alphons Maria Mucha
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.4360#0013

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ALPHONS MARIA MUCHA



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r.ntwurf zu dem Plakat: »Die Cameliendame«. Von ALPHONS MUCHA.

leben eine Bedeutung erlangt hat, was unzweifelhaft der
Fall ist, so ist es auf eine gewisse nationale Wahlver-
wandtschaft zurückzuführen, die sie der französischen
Kunst folgen und diese zum Vorbild nehmen Hess. Die
Anmut der Linie, die Feinheit der Farbengebung, die
Grazie der Formen der Werke Mucha's sind ohne Zweifel
auf französischen Einfluss zurückzuführen, während die
Weichheit und die besondere Charakterisierung seiner
weiblichen Gestalten, ihre materielle Üppigkeit vielleicht
das slavische Element in der Weise des Künstlers
erkennen lassen. Mucha begann seine Studien in
München und setzte sie, wenn wir recht unterrichtet
sind, an der Wiener Akademie fort, als deren Stipendiat
er dann nach Paris ging, um hier an der Akademie
Julien und in den Ateliers von J. Lefebre, Boulanger
und Jean Paul Laurens sich weiter zu bilden. Laurens
war es, welcher die eigenartige Begabung des Künstlers
bald erkannte und durch seine Vermittlung erhielt
er schon früh Aufträge für französische Firmen. Auch
Mucha durchlebte die «Bohemienne» der französischen
Künstler mit allen ihren Freuden und Leiden; auch
Mucha machte zehn Jahre des Elends und der Namen-
losigkeit durch, bis er eines schönen Tages durch
Brunhoff, den Direktor des Renaissance-Theaters in
Paris, den Auftrag erhielt, für Mine. Sarah Bernhardt
das Plakat zu ihrem ersten Auftreten in der Rolle als
Ghismonda zu zeichnen (S. 13).

Dieses Werk war es, welches den Ruf Mucha's
begründete. Es folgen nun in rascher Reihenfolge
zahlreiche Affichen, wie die für den «Salon des Cent»,
für die Theaterstücke Lorenzaccio (S. 3), die Came-
liendame (S. 2) und für «La Samaritaine» (S. 12);
ein interessantes Blatt schuf er für die «Societe popu-
laire des Beaux-Arts», wieder ein anderes für Sarah
Bernhardt, mit deren von Lilien umgebenem Kopf-
bild (S. 14). Ausserordentlich fein ist das Plakat
für Cigarettenpapier «Job» (S. 9), sehr vornehm
die verschiedenen Plakate und Umschläge für die
Zeitschrift «La Plume». Prächtige Kompositionen
sind in Form und Farbe die beiden Rundbilder
mit weiblichen Köpfen, die wir auf S. 10 u. 11 wieder-
geben. Alle diese Werke zeigen, wie ein öster-
reichischer Beurteiler Mucha's sich ausdrückt, «tüch-
tige Durchbildung, Pietät für die Form, Feinfühligkeit
für Linien- und Farbenreiz. Wir lernen da Mucha
r.ls Meister der historischen Komposition, des Sitten-
bildes, der intimen Studie und als schöpferischen Geist
in Erfindung pikanter Plakate und von Illustrationen
kennen, welche ganz im Geiste der Dichtungen, welche
sie veranschaulichen sollen, ausgeführt sind. Ob er
uns nun in einem Karton, als Glasfenster auszuführen,
den Ritter Hubertus oder eine anmutige Scene aus
dem Foyer der Grossen Oper vorführt, immer zeigt
er sich vollkommen Herr des Vorwurfes, den er dar-
stellen soll. Der Cyklus «Die vier Jahreszeiten»,
reizende weibliche allegorische Figuren, als Plakat Rh-
eine grosse Industrie gedacht, sind mit derselben Sorg-
falt für alle Details ausgeführt, wie die Geschichtsbilder
«Johann von Leyden», «Der Prager Fenstersturz» u. s. w.
Ob er nun eine Affiche für eine Cigarettenpapier-
Fabrik oder das Titelblatt für die Zeitschrift «La Plume»
 
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