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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 11.1900

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Plehn, Anna L.: Die Zimmerausstattung auf den Ausstellungen in Berlin, München und Dresden im Sommer 1899
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https://doi.org/10.11588/diglit.4360#0030

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Fliesenbild von Professor MAX LÄUGER, Karlsruhe.

DIE ZIMMERAUSSTATTUNG AUF DEN
AUSSTELLUNGEN IN BERLIN, MÜNCHEN UND DRESDEN

IM SOMMER 1899

DIE Wiederkehr der sommerlichen Ausstellungen,
die eine Übersicht in grösserem Umfange
über den augenblicklichen Stand des deutschen
Kunstgewerbes ermöglichte, giebt Veranlassung eine
Reihe von Fragen aufzuwerfen, deren Beantwortung
nicht unwichtig ist. Die erste Frage lautet: Thun
die Ausstellungen das Ihrige, um eine gesunde Ent-
wicklung zu fördern? Zweitens: Ist ein einheitlicher
Fortschritt in bestimmter Richtung zu erkennen?
Endlich: Wohin könnte eine neue Stilbildung sich
wenden? Diese Fragen sollen im Folgenden an der
Hand der Zimmerausstattungen und Gebrauchsgegen-
stände, wie die Ausstellungen sie zeigten, geprüft
werden mit Beiseitestellung aller dem Schmuck dienen-
den Einzelwerke der Kleinkunst.

Wir haben fast bis zum Überdruss die Leitsätze
wiederholen hören, die beim Beginn dieser Bewegung
m Deutschland dem Auslande nachgesprochen wurden.
Aber haben wir sie befolgt? Da hiess es zuerst, der
Künstler solle sich nicht zu vornehm dünken, Hand-
werker zu sein. Er solle mit seiner Phantasie die
nüchterne Erfahrenheit im Technischen befruchten.
Und die Künstler gingen ans Werk. Sie hatten geist-

reiche Einfälle für Einzelheiten die Fülle, aber nun
drängte die Einzelheit sich vor und lebte als Schmarotzer
von der Kraft, die das Gebilde als organische Einheit
sollte wachsen lassen. Statt dass der Künstler selbst
Handwerker wurde, verdrängte er ihn. Und es war.
nicht einmal überall der Künstler, der diese Stelle
einnahm. Hin und wieder war es der Dilettant.
So gut wie in der Malerei kann der Dilettantismus
auch in jeder angewandten Kunst förderlich wirken,
indem er Geschmack und Interesse für Dinge weckt,
die so lange geduldig und ohne viel Nachdenken
aus der Hand des Handwerkers angenommen wurden.
Es ist auch sehr begreiflich, dass ein Künstler, selbst
wenn er nicht grade neue Vorschläge für die Tisch-
lerei zu machen hat, sich das Möbel für seinen Gebrauch
nach eigenem Geschmack zeichnen will, wenn er die
Masse und die Zahl der Fächer an einem Schrank an-
giebt, die grade seinen Gewohnheiten und Ansprüchen
entgegenkommen. Aber wenn er solch einfaches Gerät
im Kastenstil entworfen hat mit einfach rechteckigen
Flächen und mit Bretterstärken, welche lieber zu plump
gewählt wurden, damit sie nur nicht zu schwach
gerieten denn die Erfahrung im Technischen fehlt—

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