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DIE ZIMMERAUSSTATTUNG AUF DEN AUSSTELLUNGEN IM SOMMER 1899
ungemütliche Vorstellung hat, dass er nicht feststehe.
Man überzeugt sich wohl durch den Augenschein,
dass er nicht fällt, aber unsere Augen lassen sich auch
durch diese Beobachtung nicht widerlegen, ihnen ist
ein Anpassen an den logisch notwendigen Aufbau
ein unübertretbares Gesetz, das durch keine selbst-
gefällig ausgeführten Manöver umgangen werden darf.
Dieselbe Willkür waltet auch in Bezug auf die Masse
und Holzstärken. Alles in allem liebte Pankok von
jeher das Behäbige, das bei ihm leicht in das Plumpe
umschlug. Aber auch darin erkennt er keine Kon-
sequenz an. Er wählt Hölzer von übertriebener Stärke
und bildet sie zu knolligen Formen aus, und dicht
daneben stellt er wieder ganz dünne Stäbe, die in
solcher Nachbarschaft doppelt zerbrechlich erscheinen.
Ein kleines Ziertischchen ruht auf ungeschlachtem
Gestell und ein grösserer Ecktisch im selben Raum,
der doch bestimmt ist, schwerere Lasten zu tragen,
auf einem unregelmässig gestellten Gittersystem leichter
Stützen. Nicht der feste Plan, der augenblickliche
Einfall scheint zu regieren. Dasselbe gilt auch sonst
von den mehrfach wiederkehrenden Möbelteilen, welche
demselben Zwecke dienen. Da finden sich an den
Armlehnen der Stühle Formen, ungefähr wie Hände,
welche die nach oben verlängerten Stuhlbeine um-
fassen. An der dazu gehörigen Bank ist an derselben
Stelle ein ganz anderes, wulstig faltiges Gebilde an-
gebracht, Welches ohne sichtbare Trennung aus der
wagerechten zur senkrechten Richtung überleitet. Auch
die Bekrönungen und die unteren Endungen der
Möbel zeigen keine Übereinstimmung. Jeder Fuss
ist für sich entworfen, das Bett ruht z. B. auf Delphin-
köpfen, der Waschtisch hat an der Vorderseite ge-
schwungene nach unten spitz zulaufende Füsse, und
selbst die beiden Schränke haben ganz verschiedene
Untersätze.
Was die Farbenzusammenstellung betrifft, so ist
die Harmonie von schwarz poliertem Birnbaumholz
mit der hellen ungarischen Esche an den vorderen
und Mahagoni an den seitlichen Flächen der Möbel
mit lachsfarbigem Atlas eine sehr glückliche. Über-
haupt sind Einzelheiten in diesem Zimmer durchaus
erfreulich. Die Form der Bettstelle ist zwar schwer,
aber verhältnismässig einfach und imponierend, und
es ist verdienstlich, an so viel betretener Stelle ein
Beispiel einer Fensterumfassung in Holz zu geben,
welche eine Gardine nicht nur entbehrlich, sondern
sogar unmöglich macht. Will doch die moderne
Hygiene aus dem Schlafzimmer alle irgend entbehr-
lichen Stoffe verbannen. Gegen den Einblick in den
Raum von aussen schützt undurchsichtiges Glas und
für den in hellen Sommernächten notwendigen Aus-
schluss des Lichtes mögen aussen angebrachte Jalousien
sorgen. Schliesslich dürfte man aber erwarten, dass
in einem Raum, den der Künstler sich in den Ab-
messungen nach freiem Gutdünken herrichten lassen
durfte, der so wichtigen Stellung des Bettes grössere
Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Dieses sollte nie-
mals so gerichtet sein, dass der Erwachende direkt
in das morgens auch durch die herabgelassene Jalousie
dringende Licht sehen muss, was für die Augen und
Kopfnerven gleich schädlich ist. Es ist schon genug,
dass in fast jedem Hotelzimmer gegen diese Regel
Verstössen wird, wo man die höhere Kopfwand des
Bettes am häufigsten in die dem Licht gegenüber
liegende Zimmerecke rückt. Es bietet entschieden
eine Schwierigkeit, diese Aufgabe befriedigend zu
lösen, aber dies ist auch eine von den praktischen
Forderungen, welche massgebend auf die Anordnung
des Wohnraumes einwirken sollten. Wenn Zimmer-
einrichtungen in so anspruchsvoller Weise vorgeführt
werden, so sollten sie auch in jeder Weise vorbild-
lich sein.
Übrigens ist es keineswegs Pankok allein, der
jene Willkür in der Formgebung beliebt, von der
vorhin die Rede war. Auch andere, die mit weniger
Phantasie - was vielleicht nicht unbedingt ein Schaden
ist -- aber mit ebensoviel freudigem Willen mehr
solide Gebrauchsmöbel schaffen, verfallen hie und da
demselben Fehler. Man kann nicht erwarten, dass
eine Einrichtung Stil habe, wenn die sonst ganz
Schrank, in Eiche braun gebeizt mit Eisenbeschlägen. Entworfen von
K. OROSS, ausgeführt von UDLUFT und HARTMANN, Dresden.
DIE ZIMMERAUSSTATTUNG AUF DEN AUSSTELLUNGEN IM SOMMER 1899
ungemütliche Vorstellung hat, dass er nicht feststehe.
Man überzeugt sich wohl durch den Augenschein,
dass er nicht fällt, aber unsere Augen lassen sich auch
durch diese Beobachtung nicht widerlegen, ihnen ist
ein Anpassen an den logisch notwendigen Aufbau
ein unübertretbares Gesetz, das durch keine selbst-
gefällig ausgeführten Manöver umgangen werden darf.
Dieselbe Willkür waltet auch in Bezug auf die Masse
und Holzstärken. Alles in allem liebte Pankok von
jeher das Behäbige, das bei ihm leicht in das Plumpe
umschlug. Aber auch darin erkennt er keine Kon-
sequenz an. Er wählt Hölzer von übertriebener Stärke
und bildet sie zu knolligen Formen aus, und dicht
daneben stellt er wieder ganz dünne Stäbe, die in
solcher Nachbarschaft doppelt zerbrechlich erscheinen.
Ein kleines Ziertischchen ruht auf ungeschlachtem
Gestell und ein grösserer Ecktisch im selben Raum,
der doch bestimmt ist, schwerere Lasten zu tragen,
auf einem unregelmässig gestellten Gittersystem leichter
Stützen. Nicht der feste Plan, der augenblickliche
Einfall scheint zu regieren. Dasselbe gilt auch sonst
von den mehrfach wiederkehrenden Möbelteilen, welche
demselben Zwecke dienen. Da finden sich an den
Armlehnen der Stühle Formen, ungefähr wie Hände,
welche die nach oben verlängerten Stuhlbeine um-
fassen. An der dazu gehörigen Bank ist an derselben
Stelle ein ganz anderes, wulstig faltiges Gebilde an-
gebracht, Welches ohne sichtbare Trennung aus der
wagerechten zur senkrechten Richtung überleitet. Auch
die Bekrönungen und die unteren Endungen der
Möbel zeigen keine Übereinstimmung. Jeder Fuss
ist für sich entworfen, das Bett ruht z. B. auf Delphin-
köpfen, der Waschtisch hat an der Vorderseite ge-
schwungene nach unten spitz zulaufende Füsse, und
selbst die beiden Schränke haben ganz verschiedene
Untersätze.
Was die Farbenzusammenstellung betrifft, so ist
die Harmonie von schwarz poliertem Birnbaumholz
mit der hellen ungarischen Esche an den vorderen
und Mahagoni an den seitlichen Flächen der Möbel
mit lachsfarbigem Atlas eine sehr glückliche. Über-
haupt sind Einzelheiten in diesem Zimmer durchaus
erfreulich. Die Form der Bettstelle ist zwar schwer,
aber verhältnismässig einfach und imponierend, und
es ist verdienstlich, an so viel betretener Stelle ein
Beispiel einer Fensterumfassung in Holz zu geben,
welche eine Gardine nicht nur entbehrlich, sondern
sogar unmöglich macht. Will doch die moderne
Hygiene aus dem Schlafzimmer alle irgend entbehr-
lichen Stoffe verbannen. Gegen den Einblick in den
Raum von aussen schützt undurchsichtiges Glas und
für den in hellen Sommernächten notwendigen Aus-
schluss des Lichtes mögen aussen angebrachte Jalousien
sorgen. Schliesslich dürfte man aber erwarten, dass
in einem Raum, den der Künstler sich in den Ab-
messungen nach freiem Gutdünken herrichten lassen
durfte, der so wichtigen Stellung des Bettes grössere
Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Dieses sollte nie-
mals so gerichtet sein, dass der Erwachende direkt
in das morgens auch durch die herabgelassene Jalousie
dringende Licht sehen muss, was für die Augen und
Kopfnerven gleich schädlich ist. Es ist schon genug,
dass in fast jedem Hotelzimmer gegen diese Regel
Verstössen wird, wo man die höhere Kopfwand des
Bettes am häufigsten in die dem Licht gegenüber
liegende Zimmerecke rückt. Es bietet entschieden
eine Schwierigkeit, diese Aufgabe befriedigend zu
lösen, aber dies ist auch eine von den praktischen
Forderungen, welche massgebend auf die Anordnung
des Wohnraumes einwirken sollten. Wenn Zimmer-
einrichtungen in so anspruchsvoller Weise vorgeführt
werden, so sollten sie auch in jeder Weise vorbild-
lich sein.
Übrigens ist es keineswegs Pankok allein, der
jene Willkür in der Formgebung beliebt, von der
vorhin die Rede war. Auch andere, die mit weniger
Phantasie - was vielleicht nicht unbedingt ein Schaden
ist -- aber mit ebensoviel freudigem Willen mehr
solide Gebrauchsmöbel schaffen, verfallen hie und da
demselben Fehler. Man kann nicht erwarten, dass
eine Einrichtung Stil habe, wenn die sonst ganz
Schrank, in Eiche braun gebeizt mit Eisenbeschlägen. Entworfen von
K. OROSS, ausgeführt von UDLUFT und HARTMANN, Dresden.