DIE ZEUGDRUCK-AUSSTELLUNG IM ÖSTERREICHISCHEN MUSEUM IN WIEN
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sächlich sind es Nachahmungen blauer, gold- und
silberdurchwebter lucchesischer und palermitanischer
Seidenstoffe, die die billige Industrie jener Zeit mittelst
des Modeldruckes schlecht und recht hervorbrachte;
derartige gedruckte Surrogate der kostbaren Gold-
und Silberstoffe wurden im Mittelalter »Siglat« genannt
und spielten namentlich, wenn es galt, nach fernen,
minder kultivierten Ländern blendende und - billige
Geschenke zu senden, eine grosse Rolle: so schickte
Rudolf von Habsburg dem Sultan El Malik el Mansur,
neben anderen Gaben, fünf Lasten Siglat's zum Zeichen
seiner Freundschaft. Die spätmittelalterlichen Zeug-
drucke der Ausstellung, darunter eine wunderschöne
Heiligendarstellung in architektonischer Umrahmung
und prächtige, der Sammlung Figdor angehörende
Reste von granatapfelgemusterten Tiroler Leinwand-
tapeten, bestätigen den von der Forschung nachge-
wiesenen nahen Anteil unserer Technik an der Erfindung
des Buchdrucks.
Die Renaissance-Epoche ist durch gepresste, in
Färbung und Ornamentierung gleich schöne Sammete
italienischer Provenienz -- die Sammetpressung steht
ja der Technik des Zeugdrucks ungemein nahe -
und vornehmlich durch eine herrliche Casel des
XVI. Jahrhunderts repräsentiert, deren Stoff, in schwarz
auf weiss und weiss auf schwarz bedruckt, die denk-
bar feinst gezeichnete Musterung aufweist. Der Barock-
zeit gehören in unserer Ausstellung ein schwarz in
schwarz bedrucktes, der Pestzeit entstammendes Kelch-
tuch, ein in zwei Nuancen von Braun bedrucktes,
an Ledertapeten erinnerndes Stück kurzgeschorenen
Sammetes und eine technisch sehr interessante rotweiss-
goldene Tapete an, deren grossliniges Muster, zum
Teil mit aufgeklebtem Wollstaube bedeckt, den An-
schein des Sammetes vortäuscht.
Besonders reich vertreten sind die orientalischen
Zeugdrucke, deren starker Import im XVIII. Jahr-
hundert auf künstlerischem und zum Teile auch auf
technischem Gebiet den europäischen Zeugdruck so
entscheidend beeinflusste: die interessante Technik des
indischen Batekdrucks wird durch eine Serie von
Mustern in ihren verschiedenen Phasen aufs anschau-
lichste geschildert, der unerschöpfliche Schatz reizvoller
Dekorationsmotive in zahllosen Beispielen indischer,
persischer, cyprischer, chinesischer und japanischer
Zeugdrucke vorgeführt. Herrliche grossblumige Wand-
behänge rein chinesischen Charakters, mit originellen
Chinoiserien bedruckte Kleiderstoffe, japanisierendeund
chmesisierende Handbemalungen von Möbelbezügen
bestätigen, in wie grosse Abhängigkeit sich die euro-
paische Gewebemusterung des XVIII. Jahrhunderts
zum ostasiatischen Geschmacke stellte. Aber auch
I roben reizvoller Rokokomusterung von Zeugdrucken,
die freilich in tadelnswerter Weise die Technik der
broschierten Seidenweberei nachzuahmen trachten, bietet
die Ausstellung in Hülle und Fülle und dazu noch
eine lange Reihe von Originalmodeln der im Jahre
1736 gegründeten Kattunfabrik zu Sassin in Ungarn.
Die Zeit des Aufgebens des Handmodeldrucks
und der Einführung des modernen Walzendrucks
bezeichnet in der Ausstellung des österreichischen
Kimstgewcrbeblatt, N. F. XI. 11. 3.
Dienerschafts-Kleidung aus der Theatergarderohe des fürstl. von und zu
Liechtenstein'schen Selilosses zu Feldsberg, XV11I. Jahrhundert, 2. Hälfte.
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sächlich sind es Nachahmungen blauer, gold- und
silberdurchwebter lucchesischer und palermitanischer
Seidenstoffe, die die billige Industrie jener Zeit mittelst
des Modeldruckes schlecht und recht hervorbrachte;
derartige gedruckte Surrogate der kostbaren Gold-
und Silberstoffe wurden im Mittelalter »Siglat« genannt
und spielten namentlich, wenn es galt, nach fernen,
minder kultivierten Ländern blendende und - billige
Geschenke zu senden, eine grosse Rolle: so schickte
Rudolf von Habsburg dem Sultan El Malik el Mansur,
neben anderen Gaben, fünf Lasten Siglat's zum Zeichen
seiner Freundschaft. Die spätmittelalterlichen Zeug-
drucke der Ausstellung, darunter eine wunderschöne
Heiligendarstellung in architektonischer Umrahmung
und prächtige, der Sammlung Figdor angehörende
Reste von granatapfelgemusterten Tiroler Leinwand-
tapeten, bestätigen den von der Forschung nachge-
wiesenen nahen Anteil unserer Technik an der Erfindung
des Buchdrucks.
Die Renaissance-Epoche ist durch gepresste, in
Färbung und Ornamentierung gleich schöne Sammete
italienischer Provenienz -- die Sammetpressung steht
ja der Technik des Zeugdrucks ungemein nahe -
und vornehmlich durch eine herrliche Casel des
XVI. Jahrhunderts repräsentiert, deren Stoff, in schwarz
auf weiss und weiss auf schwarz bedruckt, die denk-
bar feinst gezeichnete Musterung aufweist. Der Barock-
zeit gehören in unserer Ausstellung ein schwarz in
schwarz bedrucktes, der Pestzeit entstammendes Kelch-
tuch, ein in zwei Nuancen von Braun bedrucktes,
an Ledertapeten erinnerndes Stück kurzgeschorenen
Sammetes und eine technisch sehr interessante rotweiss-
goldene Tapete an, deren grossliniges Muster, zum
Teil mit aufgeklebtem Wollstaube bedeckt, den An-
schein des Sammetes vortäuscht.
Besonders reich vertreten sind die orientalischen
Zeugdrucke, deren starker Import im XVIII. Jahr-
hundert auf künstlerischem und zum Teile auch auf
technischem Gebiet den europäischen Zeugdruck so
entscheidend beeinflusste: die interessante Technik des
indischen Batekdrucks wird durch eine Serie von
Mustern in ihren verschiedenen Phasen aufs anschau-
lichste geschildert, der unerschöpfliche Schatz reizvoller
Dekorationsmotive in zahllosen Beispielen indischer,
persischer, cyprischer, chinesischer und japanischer
Zeugdrucke vorgeführt. Herrliche grossblumige Wand-
behänge rein chinesischen Charakters, mit originellen
Chinoiserien bedruckte Kleiderstoffe, japanisierendeund
chmesisierende Handbemalungen von Möbelbezügen
bestätigen, in wie grosse Abhängigkeit sich die euro-
paische Gewebemusterung des XVIII. Jahrhunderts
zum ostasiatischen Geschmacke stellte. Aber auch
I roben reizvoller Rokokomusterung von Zeugdrucken,
die freilich in tadelnswerter Weise die Technik der
broschierten Seidenweberei nachzuahmen trachten, bietet
die Ausstellung in Hülle und Fülle und dazu noch
eine lange Reihe von Originalmodeln der im Jahre
1736 gegründeten Kattunfabrik zu Sassin in Ungarn.
Die Zeit des Aufgebens des Handmodeldrucks
und der Einführung des modernen Walzendrucks
bezeichnet in der Ausstellung des österreichischen
Kimstgewcrbeblatt, N. F. XI. 11. 3.
Dienerschafts-Kleidung aus der Theatergarderohe des fürstl. von und zu
Liechtenstein'schen Selilosses zu Feldsberg, XV11I. Jahrhundert, 2. Hälfte.