VIERLÄNDER KUNST
87
Steinversetzung in den alten Vierländer'^Bauernliäusern. Aufgenommen von H. Haase, Hamburg.
freudigen Gelegenheiten geschenkt wurden und aller-
lei Schmuck, einen Reiter, Wappen u. s. w. tragen.
In der Stube wollen wir uns zunächst die Wände
besehen. Sie sind, wie schon erwähnt, zum Teil mit
Kacheln belegt, in der Hauptsache aber sind sie reich
getäfelt. In frühester Zeit wurde die Schnitzerei zum
Schmuck des Getäfels benutzt, es giebt noch sehr
schöne Beispiele dieser Art, die Renaissance- und
Barockmotive zeigen. Sehr selten kommt, aus der
Rokokozeit stammend, Bemalung der Täfelung vor,
vorwiegend treffen wir überall als Schmuck derselben
die Intarsia an, die alte Lieblingstechnik der Vierländer
Möbeltischler. Es kommen Renaissance- und Barock-
motive, sowie naturalistische Blumen vor, sehr beliebt
sind ferner reich detaillierte Sterne; die Namen der
Besitzer finden wir an Wand und Thür. In der Wand
finden sich, durch Schiebethüren abgeschlossen, Al-
koven für die Betten, auch Wandschränke, sowie über
den Thüren kleine Porzellanschränke, die immer Glas-
thüren, mit durchbrochenem Holzornament überzo-
gen, haben, um den Reichtum des Hauses an schönem,
goldschimmernden Porzellan und jenem wirkungs-
vollen, kupferüberzogenen und mit buntbemalten Re-
liefs verzierten, im Bruch rotbraunem Steinzeug zu
zeigen, das bei den Bauern in Norddeutschland überall
sehr beliebt war.
Bisweilen tritt der Alkoven etwas zu-
rück hinter der anderen Wand, so dass
eine kleine, besondere, durch einen Vor-
hang abzuschliessende Zimmernische ent-
steht, deren Eingang oben in verschiedener
Weise portalähnlich gestaltet ist, Korb-
bögen auf durchbrochenen Konsolen,
Doppelbögen, geradliniger Abschluss unter
Ausfüllung der Ecken durch Konsolen
u. dgl. kommen da vor.
Einen festen Bestandteil der Wand bil-
det neben dem schon erwähnten blaube-
malten, von der Diele aus zu heizenden
Ofen die hohe Standuhr, die zu einem
vornehmen, schönen Typus ausgebildet ist.
Wir kommen damit zu den Vierländer
Möbeln.
Der Tisch, bisweilen ausziehbar, zeigt
Kugel- oder Balusterfüsse. Die Verzierung
steigert sich bis zu grossem Reichtum an
geschnitzten oder eingelegten Ornamenten.
Eine sehr selten vorkommende Form
ist der mit einer Schmalseite an der Wand
befestigte Klapptisch, der auf der ande-
ren Seite sich auf ein hübsch ausgesägtes Brett
stützt.
In Bezug auf die Stühle müssen wir zwei Typen
unterscheiden, der ältere (Seite 80), steifer in der Form,
zeigt neben reicher Drechslerarbeit an den Rücklehnen
geschnitztes Ornament: Embleme, Renaissanceornament,
zwei Vögel mit Krone, Doppeladler u. dgl. m. Der
jüngere Typus, zu ausnehmend eleganten Formen
neigend, hat die Drechslerarbeit, fein ausgebildet, bei-
behalten und mit der Intarsia verbunden. Bemalte
Stühle, die sonst in der deutschen Bauernkunst stark
vertreten sind, finden sich hier nie. Neben einfacheren
Stühlen finden wir reichere mit Armlehnen, die auf zier-
lichen Docken aufliegen. Namentlich die sogenannten
Brautstühle sind manchmal ausserordentlich reich ausge-
stattet und bilden wahre Prunkstücke. Vasen, aus denen
naturalistische Blumen hervorspriessen,Blumenbouquets,
Vögel, die auf den Zweigen sitzen oder darüber fliegen,
sind die Hauptmotive für die Intarsia der Rücklehnen,
selten kommen Jagddarstellungen vor. Die Schmuck-
liebe geht bisweilen so weit, dass sogar die Rückseite
der Rücklehnen verziert wird, es zeugt aber von dem
feinen Geschmack der Vierländer, dass hier nur ein
kleines, ellipsenförmiges Ornamentstück oder ein Stern
in den dunklen Grund eingelegt ist.
Bäuerlicher Sgraffito, Füllung zwischen dem Ständerwerk an alten
Vierländer Bauernhäusern. Aufgenommen von H. Haase, Hamburg.
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Steinversetzung in den alten Vierländer'^Bauernliäusern. Aufgenommen von H. Haase, Hamburg.
freudigen Gelegenheiten geschenkt wurden und aller-
lei Schmuck, einen Reiter, Wappen u. s. w. tragen.
In der Stube wollen wir uns zunächst die Wände
besehen. Sie sind, wie schon erwähnt, zum Teil mit
Kacheln belegt, in der Hauptsache aber sind sie reich
getäfelt. In frühester Zeit wurde die Schnitzerei zum
Schmuck des Getäfels benutzt, es giebt noch sehr
schöne Beispiele dieser Art, die Renaissance- und
Barockmotive zeigen. Sehr selten kommt, aus der
Rokokozeit stammend, Bemalung der Täfelung vor,
vorwiegend treffen wir überall als Schmuck derselben
die Intarsia an, die alte Lieblingstechnik der Vierländer
Möbeltischler. Es kommen Renaissance- und Barock-
motive, sowie naturalistische Blumen vor, sehr beliebt
sind ferner reich detaillierte Sterne; die Namen der
Besitzer finden wir an Wand und Thür. In der Wand
finden sich, durch Schiebethüren abgeschlossen, Al-
koven für die Betten, auch Wandschränke, sowie über
den Thüren kleine Porzellanschränke, die immer Glas-
thüren, mit durchbrochenem Holzornament überzo-
gen, haben, um den Reichtum des Hauses an schönem,
goldschimmernden Porzellan und jenem wirkungs-
vollen, kupferüberzogenen und mit buntbemalten Re-
liefs verzierten, im Bruch rotbraunem Steinzeug zu
zeigen, das bei den Bauern in Norddeutschland überall
sehr beliebt war.
Bisweilen tritt der Alkoven etwas zu-
rück hinter der anderen Wand, so dass
eine kleine, besondere, durch einen Vor-
hang abzuschliessende Zimmernische ent-
steht, deren Eingang oben in verschiedener
Weise portalähnlich gestaltet ist, Korb-
bögen auf durchbrochenen Konsolen,
Doppelbögen, geradliniger Abschluss unter
Ausfüllung der Ecken durch Konsolen
u. dgl. kommen da vor.
Einen festen Bestandteil der Wand bil-
det neben dem schon erwähnten blaube-
malten, von der Diele aus zu heizenden
Ofen die hohe Standuhr, die zu einem
vornehmen, schönen Typus ausgebildet ist.
Wir kommen damit zu den Vierländer
Möbeln.
Der Tisch, bisweilen ausziehbar, zeigt
Kugel- oder Balusterfüsse. Die Verzierung
steigert sich bis zu grossem Reichtum an
geschnitzten oder eingelegten Ornamenten.
Eine sehr selten vorkommende Form
ist der mit einer Schmalseite an der Wand
befestigte Klapptisch, der auf der ande-
ren Seite sich auf ein hübsch ausgesägtes Brett
stützt.
In Bezug auf die Stühle müssen wir zwei Typen
unterscheiden, der ältere (Seite 80), steifer in der Form,
zeigt neben reicher Drechslerarbeit an den Rücklehnen
geschnitztes Ornament: Embleme, Renaissanceornament,
zwei Vögel mit Krone, Doppeladler u. dgl. m. Der
jüngere Typus, zu ausnehmend eleganten Formen
neigend, hat die Drechslerarbeit, fein ausgebildet, bei-
behalten und mit der Intarsia verbunden. Bemalte
Stühle, die sonst in der deutschen Bauernkunst stark
vertreten sind, finden sich hier nie. Neben einfacheren
Stühlen finden wir reichere mit Armlehnen, die auf zier-
lichen Docken aufliegen. Namentlich die sogenannten
Brautstühle sind manchmal ausserordentlich reich ausge-
stattet und bilden wahre Prunkstücke. Vasen, aus denen
naturalistische Blumen hervorspriessen,Blumenbouquets,
Vögel, die auf den Zweigen sitzen oder darüber fliegen,
sind die Hauptmotive für die Intarsia der Rücklehnen,
selten kommen Jagddarstellungen vor. Die Schmuck-
liebe geht bisweilen so weit, dass sogar die Rückseite
der Rücklehnen verziert wird, es zeugt aber von dem
feinen Geschmack der Vierländer, dass hier nur ein
kleines, ellipsenförmiges Ornamentstück oder ein Stern
in den dunklen Grund eingelegt ist.
Bäuerlicher Sgraffito, Füllung zwischen dem Ständerwerk an alten
Vierländer Bauernhäusern. Aufgenommen von H. Haase, Hamburg.