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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 11.1900

DOI Artikel:
Kersten, Paul: Geschichte und Ästhetik des künstlerischen Bucheinbandes
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.4360#0118

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GESCHICHTE UND ÄSTHETIK DES KÜNSTLERISCHEN BUCHEINBANDES

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Geschnitzte Füllung zu der Kaminverkleidung von KIMBEL & FRIEDR1CHSEN, s. Abb. S. 107.

ner ein wohldurchdachtes Motiv haben, ein Muster,
das ihn in seinen verschiedenen Teilen als etwas
Ganzes und Zusammengehöriges erscheinen lässt.
Der Plan, die Ordnung und die richtige Einteilung
sind die ästhetisch wirkenden Faktoren.

Der einzige Zweck der Verzierung ist der, den
Buchdeckel zu verschönern, nicht aber ihn zu illu-
strieren. Der Entwurf muss daher originell sein, sich
nicht sklavisch an ältere Vorbilder anlehnen oder gar
schon vorhandene Motive direkt benutzen; er soll eigene
Erfindung sein. Der entwerfende Einbandkünstler
muss notwendigerweise zeichnerisches Talent und
einen bis ins feinste ausgebildeten Farbensinn be-
sitzen und vor allem ideenreich sein; er muss ver-
stehen, dem Unbedeutendsten seine Aufmerksamkeit zu
schenken — das winzigste Ornament kann ihm dabei
das Motiv zu seinem Entwürfe liefern. Wie oft
schon hat mir eine kleine Vignette, eine Zierleiste,
ein verschnörkelter Initial, ein verziertes Schluss-
zeichen u. s. w. die Idee zu einem Entwurf gegeben.
Ein andermal gab ein Tapetenmuster, eine gehäkelte
Spitze, ein eisernes Gitter, ein gemalter Plafond, eine

gewebte Gardine Veranlassung zu einer Einband-
dekoration. Daneben muss man natürlich die sämt-
lichen historischen Stilarten, besonders die gotische
gründlich kennen. Von ungeheurem Wert ist ein
energisches, frisches, Studium der Natur, speziell der
Pflanzenwelt, denn dass sich aus ihr der Zukunftsstil
des gesamten Kunstgewerbes entwickeln wird, ist
kaum noch zweifelhaft. Als Hauptbedingung soll
man es stets betrachten, die Entwürfe des Vorder-
deckels, Rücken, Hinterdeckel, Innenkante und Buch-
schnitt, falls er verziert wird, in vollständiger Über-
einstimmung miteinander zu bringen. In Bezug auf die
technische Ausführung der Entwürfe glaube ich, dass die
Zukunft des Handvergoldens hauptsächlich in der An-
wendung des Bogensatzes und der einfachen Linienrolle
mit spärlicher Anwendung von Stempeln liegen wird.
Was den im gesamten Gebiete der Kunst und
den dekorativen Künsten seit Jahren schon tobenden
Kampf zwischen »Alten« und »Jungen«, zwischen
Vertretern der »alten Richtung« und den Anhängern
des »Modernen« betrifft, so ist ein endgültiges Urteil
darüber noch nicht zu fällen und müssen wir das



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Geschnitzte Füllungen zu der Kaminverkleidung von KIMBEL & FRIEDRICHSEN, s. Abb. S. 107.
 
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