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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 11.1900

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Minkus, Fritz: K. k. österreichisches Museum für Kunst und Industrie in Wien: die dritte Winterausstellung und die Konkurrenz aus dem Hoftiteltaxfond
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https://doi.org/10.11588/diglit.4360#0135

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Wohnzimmer eines verheirateten Arbeiters, ausgeführt von S. JARAY in Wien.



K. K. ÖSTERREICHISCHES MUSEUM FÜR KUNST UND

INDUSTRIE IN WIEN.

DIE DRITTE WINTERAUSSTELLUNG UND DIE KONKURRENZ
AUS DEM HOFTITELTAXFOND.

Als ich vor zwei Jahren in den Spalten dieser
Zeitschrift die erste »Winterausstellung« der
Aera-Scala, — das Debüt des »neuen Kurses«
besprach, schloss ich meinen Bericht mit einem Hin-
weis auf die fundamentale Wichtigkeit einer liebevoll
eingehenden Pflege der bis dahin, wenigstens bei
uns zu Lande, arg vernachlässigten billigeren, für ein-
fachere Kreise arbeitenden Kunstindustrie, als des
einzigen Weges, auf dem sich die neue Richtung
wahrhaft popularisieren, zugleich aber auch dauernd
über das Niveau der Mode erheben Hesse. Und ich
glaubte, an ein. paar Objekte der Ausstellung, die,
unter Wahrung einheitlicher künstlerischer und tech-
nischer Gediegenheit, dank ihrer bedeutenden Preis-
und daher auch Stilunterschiede durchaus verschie-
denen Gesellschaftsklassen galten, die freilich noch
einigermassen schüchterne Hoffnung knüpfen zu
dürfen, dieses wesentlichste Postulat einer gedeihlichen
Entwicklung über kurz oder lang verwirklicht zu
sehen. Thatsächlich hat die zweite Winterausstellung

des Österreichischen Museums in ihren vielen für
weniger bemittelte Gesellschaftsschichten berechneten
Arbeiten die Hoffnungen des Vorjahres in erfreu-
lichstem Masse erfüllt. Das heurige Jahr aber hat sie
aufs überraschendste übertroffen. Denn das Öster-
reichische Museum hat sich durch eine sehr bedeut-
same Preisausschreibung für die »Einrichtung des
Wohnzimmers eines verheirateten Arbeiters« mit
schöner Energie sogar jener Gesellschaftsklasse ange-
nommen, deren geschmackliche Sanierung selbst den
alleroptimistischsten Zukunftsträumern stets als allzu-
kühne Utopie erschienen war: des allerkleinsten
Mannes, dem bislang der unerhörte Schund schmäh-
lichster Trödelware — ohne dass sich die mass-
gebenden Stellen auch nur einen Pfifferling darum
gekümmert hätten — den letzten Rest ästhetischen
Gefühles erstickt hatte, der ihm etwa noch aus den
guten alten Zeiten, da das Handwerk auch ihm tüch-
tigen, anständigen Hausrat bot, geblieben sein mochte!
Obwohl die Ausstellung der bei dieser Konkurrenz

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