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K. K. ÖSTERREICHISCHES MUSEUM FÜR KUNST UND INDUSTRIE IN WIEN
gelangt sind. Durch ganz ausnehmend schöne Stein-
zeugarbeiten (vergl. Abbildung) überrascht die k. k.
Fachschule in Teplltz, die sich unter der Leitung
ihres trefflichen Direktors Stäbchen -Kircher aus den
unscheinbarsten Anfängen zu hervorragender Be-
deutung aufgeschwungen hat: es sind Vasen, Krüge,
Blumentöpfe und dergl., die im allgemeinen einiger-
massen teils an Läuger, teils an die ähnlichen fran-
zösischen Arbeiten erinnern, dabei aber im Stil durch-
aus unabhängig und eigenartig sind und sich
namentlich durch erquickende Unmittelbarkeit der
Naturbeobachtung in ihrem plastischen Blumendekor
auszeichnen.
Neu sind im Österreichischen Museum auch die
schönen Juwelierarbeiten, die die Firmen Hauptmann
und Rozet & Fischmeister ausgestellt haben, desgleichen
die vorzüglichen Silberschmiedearbeiten von /. Bannert,
V. Mayer's Söhnen u. a.
Die ausgezeichneten Leistungen moderner Stick-
kunst, mit denen schon im Vorjahre L. Nerotny, die
Frauenerwerb schule zu Ischl u. a. schöne Erfolge erzielt
haben, sind in diesem Jahre durch eine Reihe tüchtiger
Dilettantenarbeiten vermehrt worden, unter denen die
in Zeichnung und Ausführung gleich wunderbaren
Stickereien der Frau Bertha Landauer besonders
hervorragen.
Dass das Gesamt-Arrangement der Ausstellung ein
überaus ansprechendes ist, dafür bedarf es nur eines
Hinweises auf den anerkannt vornehmen Geschmack
des Direktors des Österreichischen Museums, Hofrats
von Scala und auf den Stab hingebender Mitarbeiter,
den er an den Beamten des Museums gefunden hat:
es geht ein eigenartiger Zug grossstiliger Noblesse,
der das Talmiehafte, Protzige, Gekünstelte und Ge-
schniegelte, ebenso fern liegt, wie die Philisterei, durch
alle Unternehmungen des Österreichischen Museums,
durch das gesamte Wiener Kunsthandwerk, soweit es
unter der Ägide dieses Institutes steht.
Der Hauptgrund aber für die innerliche Gediegenheit
des Wiener Kunsthandwerkes, für die ruhige, gleich-
massige, durch keinerlei modische Excesse gestörte
Fortentwicklung, die die Moderne hier gefunden, liegt
meines Erachtens — ich wiederhole es — darin, dass
das moderne Wiener Kunstgewerbe von vornherein,
soweit es anging, radikal gegen die Gefahren der Mode
gefeit ward, indem man sich massgebenden Orts be-
strebte, den vernichtenden Wirbel der Mode zu hemmen,
der alles Gute, Neue, verschlechtert und verbilligt in
alle gesellschaftlichen Kreise hinunterzieht und so zu
rastloser Neuerung, zum ewigen Haschen nach der
»höchsten Nouveaute« treibt; indem man die geschmack-
liche Leitung der unbemittelteren Schichten nicht mehr
der Plunderindustrie überliess, sondern sie selbst in
die Hand nahm. Damit bin ich auf die bedeutungs-
volle Konkurrenzausschreibnng des Österreichischen
Museums zurückgekommen, von der ich eingangs
dieser Zeilen gesprochen.
Die Preisausschreibung aus dem Hoftiteltaxfond,
jener seit den Zeiten Eitelberger's den Zwecken des
Österreichischen Museums zur Verfügung gestellten,
reichen Einnahmsquelle1), die unter dem früheren
Regime fast ausnahmslos zur Anschaffung der un-
brauchbarsten Prunkstücke verwendet worden war,
hatte ausser der erwähnten, auf die Einrichtung eines
Arbeiterzimmers bezüglichen Aufgabe, noch drei
weitere Preisaufgaben gestellt, die der sehr reform-
bedürftigen Speisetisch-Ausstattung des einfacheren
Haushaltes - - Damasttischzeug, Porzellan- und Glas-
services für 12 Personen - - galten.
Die erste dieser Aufgaben hat, dank den gut-
geschulten Zeichnern der grossen österreichischen
Leinwandwarenfabriken und dank der Trefflichkeit und
Universalität der Wiener Kunstgewerbeschüler, eine
Reihe höchst befriedigender Entwürfe eingebracht:
der erste Preis ist einem sehr vornehmen, einiger-
massen anglisierenden Entwurf J. Benesch's (Kgl. Wein-
berge, Prag) zugefallen, der die Musterung des Tisch-
zeuges — ein ziemlich streng stilisiertes Beerenmuster —
lediglich auf die Bordüren beschränkt; den zweiten
Preis hat M. Pilus (Mährisch-Schönberg) mit einem
flott gezeichneten Windenmuster errungen, das nur
in der Eckbildung einigermassen schwerfällig ist;
lobende Anerkennung fanden u. a. Fräulein M. Peyfuss
(Kunstgewerbeschule Wien) mit einem entzückenden
Schierlingmuster und M. Bcnirschke (Kunstgewerbe-
schule Wien) mit einem schönen, phantasiereichen
Paradiesvogelmuster,bei demwieder einmal der hübsche,
aber, wie es scheint, im Publikum nicht goutierte
Gedanke, die Plätze der Teller in der Musterung
vorzuzeichnen, in Anwendung gebracht ist.
Die auf das Porzellanservice bezügliche Preis-
ausschreibung hat einen ziemlich kläglichen, immerhin
aber insofern dankenswerten Erfolg gehabt, dass der
geschmackliche Tiefstand eines gründliche Nachhilfe
dringend erfordernden, wichtigen Gebietes unseres
kunsthandwerklichen Schaffens klar vor Augen geführt
worden ist: die eingesandten Entwürfe sind durch-
gehends so geistlos, zweckwidrig und unschön, dass
sie eine auch nur flüchtige Erwähnung überflüssig
machen. Ich will hier nur auf den wahrschein-
lichen Grund dieser bedauerlichen Erscheinung hin-
weisen, der wohl darin zu suchen sein dürfte, dass
unsere zahlreichen grossen Porzellanfabriken ihr Haupt-
augenmerk auf die Erzeugung von künstlerisch sehr
minderwertiger Massenexportware richten und daher
auf gründlichere Ausbildung ihrer Dessinateure durch-
aus kein besonderes Gewicht legen.
Ganz ausgezeichnet ist hingegen die Konkurrenz
für das Glasservice ausgefallen, und insbesondere ver-
dient das erstprämiierte, von Kplo Moser gezeichnete,
von Bakalowits ausgeführte, billige Service, das unsere
Abbildung zeigt, eingehendste Beachtung: ich möchte
namentlich, was seinen praktischen Wert anbelangt,
auf die kräftige und doch keineswegs schwerfällig
wirkende Bildung der Wandungen und der Stängel
und die kluge Verlegung der Schwerpunkte nach
l) Bei Zuerkennung des Titels eines K. u. K. Hof-
lieferanten hat die betreffende Firma eine Taxe zu ent-
richten, die über Anordnung des Kaisers dem Österreichi-
schen Museum zufliesst.
K. K. ÖSTERREICHISCHES MUSEUM FÜR KUNST UND INDUSTRIE IN WIEN
gelangt sind. Durch ganz ausnehmend schöne Stein-
zeugarbeiten (vergl. Abbildung) überrascht die k. k.
Fachschule in Teplltz, die sich unter der Leitung
ihres trefflichen Direktors Stäbchen -Kircher aus den
unscheinbarsten Anfängen zu hervorragender Be-
deutung aufgeschwungen hat: es sind Vasen, Krüge,
Blumentöpfe und dergl., die im allgemeinen einiger-
massen teils an Läuger, teils an die ähnlichen fran-
zösischen Arbeiten erinnern, dabei aber im Stil durch-
aus unabhängig und eigenartig sind und sich
namentlich durch erquickende Unmittelbarkeit der
Naturbeobachtung in ihrem plastischen Blumendekor
auszeichnen.
Neu sind im Österreichischen Museum auch die
schönen Juwelierarbeiten, die die Firmen Hauptmann
und Rozet & Fischmeister ausgestellt haben, desgleichen
die vorzüglichen Silberschmiedearbeiten von /. Bannert,
V. Mayer's Söhnen u. a.
Die ausgezeichneten Leistungen moderner Stick-
kunst, mit denen schon im Vorjahre L. Nerotny, die
Frauenerwerb schule zu Ischl u. a. schöne Erfolge erzielt
haben, sind in diesem Jahre durch eine Reihe tüchtiger
Dilettantenarbeiten vermehrt worden, unter denen die
in Zeichnung und Ausführung gleich wunderbaren
Stickereien der Frau Bertha Landauer besonders
hervorragen.
Dass das Gesamt-Arrangement der Ausstellung ein
überaus ansprechendes ist, dafür bedarf es nur eines
Hinweises auf den anerkannt vornehmen Geschmack
des Direktors des Österreichischen Museums, Hofrats
von Scala und auf den Stab hingebender Mitarbeiter,
den er an den Beamten des Museums gefunden hat:
es geht ein eigenartiger Zug grossstiliger Noblesse,
der das Talmiehafte, Protzige, Gekünstelte und Ge-
schniegelte, ebenso fern liegt, wie die Philisterei, durch
alle Unternehmungen des Österreichischen Museums,
durch das gesamte Wiener Kunsthandwerk, soweit es
unter der Ägide dieses Institutes steht.
Der Hauptgrund aber für die innerliche Gediegenheit
des Wiener Kunsthandwerkes, für die ruhige, gleich-
massige, durch keinerlei modische Excesse gestörte
Fortentwicklung, die die Moderne hier gefunden, liegt
meines Erachtens — ich wiederhole es — darin, dass
das moderne Wiener Kunstgewerbe von vornherein,
soweit es anging, radikal gegen die Gefahren der Mode
gefeit ward, indem man sich massgebenden Orts be-
strebte, den vernichtenden Wirbel der Mode zu hemmen,
der alles Gute, Neue, verschlechtert und verbilligt in
alle gesellschaftlichen Kreise hinunterzieht und so zu
rastloser Neuerung, zum ewigen Haschen nach der
»höchsten Nouveaute« treibt; indem man die geschmack-
liche Leitung der unbemittelteren Schichten nicht mehr
der Plunderindustrie überliess, sondern sie selbst in
die Hand nahm. Damit bin ich auf die bedeutungs-
volle Konkurrenzausschreibnng des Österreichischen
Museums zurückgekommen, von der ich eingangs
dieser Zeilen gesprochen.
Die Preisausschreibung aus dem Hoftiteltaxfond,
jener seit den Zeiten Eitelberger's den Zwecken des
Österreichischen Museums zur Verfügung gestellten,
reichen Einnahmsquelle1), die unter dem früheren
Regime fast ausnahmslos zur Anschaffung der un-
brauchbarsten Prunkstücke verwendet worden war,
hatte ausser der erwähnten, auf die Einrichtung eines
Arbeiterzimmers bezüglichen Aufgabe, noch drei
weitere Preisaufgaben gestellt, die der sehr reform-
bedürftigen Speisetisch-Ausstattung des einfacheren
Haushaltes - - Damasttischzeug, Porzellan- und Glas-
services für 12 Personen - - galten.
Die erste dieser Aufgaben hat, dank den gut-
geschulten Zeichnern der grossen österreichischen
Leinwandwarenfabriken und dank der Trefflichkeit und
Universalität der Wiener Kunstgewerbeschüler, eine
Reihe höchst befriedigender Entwürfe eingebracht:
der erste Preis ist einem sehr vornehmen, einiger-
massen anglisierenden Entwurf J. Benesch's (Kgl. Wein-
berge, Prag) zugefallen, der die Musterung des Tisch-
zeuges — ein ziemlich streng stilisiertes Beerenmuster —
lediglich auf die Bordüren beschränkt; den zweiten
Preis hat M. Pilus (Mährisch-Schönberg) mit einem
flott gezeichneten Windenmuster errungen, das nur
in der Eckbildung einigermassen schwerfällig ist;
lobende Anerkennung fanden u. a. Fräulein M. Peyfuss
(Kunstgewerbeschule Wien) mit einem entzückenden
Schierlingmuster und M. Bcnirschke (Kunstgewerbe-
schule Wien) mit einem schönen, phantasiereichen
Paradiesvogelmuster,bei demwieder einmal der hübsche,
aber, wie es scheint, im Publikum nicht goutierte
Gedanke, die Plätze der Teller in der Musterung
vorzuzeichnen, in Anwendung gebracht ist.
Die auf das Porzellanservice bezügliche Preis-
ausschreibung hat einen ziemlich kläglichen, immerhin
aber insofern dankenswerten Erfolg gehabt, dass der
geschmackliche Tiefstand eines gründliche Nachhilfe
dringend erfordernden, wichtigen Gebietes unseres
kunsthandwerklichen Schaffens klar vor Augen geführt
worden ist: die eingesandten Entwürfe sind durch-
gehends so geistlos, zweckwidrig und unschön, dass
sie eine auch nur flüchtige Erwähnung überflüssig
machen. Ich will hier nur auf den wahrschein-
lichen Grund dieser bedauerlichen Erscheinung hin-
weisen, der wohl darin zu suchen sein dürfte, dass
unsere zahlreichen grossen Porzellanfabriken ihr Haupt-
augenmerk auf die Erzeugung von künstlerisch sehr
minderwertiger Massenexportware richten und daher
auf gründlichere Ausbildung ihrer Dessinateure durch-
aus kein besonderes Gewicht legen.
Ganz ausgezeichnet ist hingegen die Konkurrenz
für das Glasservice ausgefallen, und insbesondere ver-
dient das erstprämiierte, von Kplo Moser gezeichnete,
von Bakalowits ausgeführte, billige Service, das unsere
Abbildung zeigt, eingehendste Beachtung: ich möchte
namentlich, was seinen praktischen Wert anbelangt,
auf die kräftige und doch keineswegs schwerfällig
wirkende Bildung der Wandungen und der Stängel
und die kluge Verlegung der Schwerpunkte nach
l) Bei Zuerkennung des Titels eines K. u. K. Hof-
lieferanten hat die betreffende Firma eine Taxe zu ent-
richten, die über Anordnung des Kaisers dem Österreichi-
schen Museum zufliesst.