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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 11.1900

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Muthesius, Hermann: Die sechste kunstgewerbliche Ausstellung (Arts and Crafts exhibition) in New Gallery, Regent Street, London
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https://doi.org/10.11588/diglit.4360#0158

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146 DIE SECHSTE KUNSTGEWERBLICHE AUSSTELLUNG IN NEW GALLERY, LONDON

wüchse des grossen grellen Musters, die sich auf dem
neueren Markte breit machen, erhalten wenigstens
durch die gegenwärtige Ausstel-
lung keine Rückendeckung.

Wie in Stoffen, so sind auch
in Metallarbeiten vortreffliche Lei-
stungen in grosser Zahl vorhan-
den. Die Palme gebührt, wie vor
drei Jahren, wieder dem Künstler-
ehepaar Nelson und Edith Daw-
son, sowie C. R. Ashbee. Nelson
Dawson hat ein gutes grosses
Eisengitter und einen kunstvoll
geschmiedeten Kamineinsatz nebst
zugehörigem Vorsatzgitter als
Hauptwerke ausgestellt. Eine Reihe
weiterer kleinerer Arbeiten in
Edelmetallen haben Nelson und
Edith Dawson in einem beson-
deren Schranke ausgestellt, dessen
Inhalt wohl zu dem besten ge-
hört, das die Ausstellung auf-
weist. Es handelt sich vorwie-
gend um Schmuckkästchen und
Schmuck. Der letztere ist ein
neues Gebiet für die Dawsons,
aber was sie geleistet haben, stellt
sie auch hier sogleich an die
Spitze. Den andern englischen
Arbeiten gegenüber ist ihnen eins
besonders gelungen: die Verfeine-
rung, das Verlassen der lediglich
derben Wirkungen, die dem bis-
herigen englischen Schmuck, be-
sonders dem Ashbee's anhafteten.
Schmelz und alle Zweigkünste
sind hier wie dort in Anspruch
genommen. Leider sind diese
Arbeiten der Dawsons so hoch
im Preise bemessen, dass ihre
Erwerbung naturgemäss auf eine
kleine Klasse von Menschen be-
schränkt bleiben muss.

Zwei grosse, mit Schmuck
und kleineren Metallarbeiten Ash-
bee's gefüllte Schränke, deren In-
halt in der von ihm geleiteten
Guild of Handicraft ausgeführt
worden ist, ziehen unbedingt das
Interesse auf diesem Gebiete am
stärksten auf sich. So anfechtbar
Ashbee's Leistungen im Möbel
sind, so überzeugend sind sie auf
dem Gebiete des Edelmetalles.
Wie 1896 erfreut vor allem wie-
der sein Tafelgerät. Seine Scha-
len, Theegefässe, Bratenschüsseln
mit zugehörigen Deckeln, Pfeffer-
und Salzbüchsen, Pokale und Blumengefässe sind ge-
nugsam und durch Ausstellung auch in Deutschland
bekannt. Entzückend sind jene faustgrossen Silber-

Tiffanygläser in Silber montiert
von Hofgoldschmied H. SCHAPER, Berlin.

dosen mit Deckeln in blauem und grünen Schmelz,
eine einfache Zeichnung tragend. Sie haben eine in
ihrer Einfachheit packende Form,
verbunden mit dem hohen Reiz
der Farbe, den der Schmelz ge-
währt. In seinem Schmuck hat
Ashbee die ihm früher geläufigen
Formen durch neue bereichert
und zeigt eine grosse Mannig-
faltigkeit in Zusammenstellungen
von Steinen, Metallflächen und Or-
namentformen. Lebhafte Schmelz-
farben heben die Einzelteile treff-
lich heraus und verhelfen zu
grossen, hier und da glänzenden
Wirkungen. Aber dieser Schmuck
kommt doch über einen gewissen
bäurischen Charakter nicht hinaus
und passt nur für eine gewisse
Art von Frauen mit grossen Zü-
gen und von drastischer Erschei-
nung. Er war hochwillkommen
als Gegensatz gegen die verkom-
mene und verkleinlichte Kunst
unserer Juwelierläden, aber er ist
einseitig auf dem Standpunkt der
derben Wirkung stehen geblieben.
Immerhin verraten Ashbee's Ar-
beiten eine Frische, die sie zu
den erfreulichsten der Ausstellung
macht.

Im Schmuck, der vor drei
Jahren von Ashbee allein in neuer
Form vorgeführt wurde, sind eine
ganze Reihe anderer Künstler er-
standen, die dieses Jahr als Mit-
bewerber auftreten. Vor allem
H. Wilson. Dieser früher durch
seine genialen Architekturblätter

Aufsehen erregende Künstler
scheint sich jetzt ganz auf das
Gebiet der kleinen Metallkünste
begeben zu haben. Nicht frei
von Affektiertheit und von einer
düster-mystischen Phantasie ge-
leitet, hat er seinen Ausstellungs-
stücken zwar auch hier eine hohe
Eigenart zu geben vermocht, al-
lein immer nicht eine solche ge-
winnender Natur. Für seinen
Schmuck wählt er ganz helles
Gold von einer grüngelblichen
Farbe. Glänzende Blechflächen
wechseln mit getriebenen Gebil-
den, meist figürlicher Art, deren
mystische Verschwommenheit Rät-
sel zu lösen giebt. Besser sind
seine grösseren Metallstücke, Altar-
kreuze und dergleichen, in denen sehr interessante
Farbenversuche durch Anlaufenlassen der Metallfläche
angestellt sind.
 
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