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DAS ARABISCHE KUNSTHANDWERK
Plaketten „Medusa" und „Hygeia" von O. ROHLOFF, Berlin.
Tetuän der Arbeit des Malers zuzusehen. Dies
war der Mann, der die bunten Wandbretter, Kre-
denzen und Truhen verfertigte, die den Kaffeehäusern
und Wohnstuben in Marokko zum Hauptschmuck
gereichen, sintemalen es daselbst weder Tische noch
Stühle, weder Spinde noch
Schränkegiebt. DerMarok-
kaner hängt an seineWände
eine Anzahl hölzerner bunt
bemalter Wandbretter, die
unseren kleinen Bücher-
brettern ähneln, und darauf
kommen dann die zumeist
in Fez hergestellten schö-
nen Vasen und Krüge zu
stehen. Die Frauen ber-
gen ihre Habseligkeiten
in hölzernen Truhen von
der Form eines etwas
kurzen und hohen Sarges,
der auf das bunteste mit
Gold, Rot, Grün und
Weiss bemalt ist. Im
übrigen giebt es in den
Zimmern nur Teppiche
und Kissen als Hausrat,
und die Belegung der
Wände mit bunten Kacheln
und noch bunterem Stuck
oder kunstvollem Holz-
getäfel vervollständigt die
Wohnlichkeit der Räume.
Dem Maler von Tetuan
habe ich stundenlang bei
seiner Arbeit zugesehen
und dabei gelernt, dass
diese Leute, obgleich der
Silberner Weinkühler, Kaiserpreis, entworfen und ausgeführt von
O. ROHLOFF, Berlin.
geometrische Charakter ihrer Dekorationen die An-
ordnung von Schablonen geradezu herauszufordern
scheint, stets aus freier Hand arbeiten. Dies scheint
mir bemerkenswert, weil durch diesen Verzicht auf
mechanische Hilfsmittel, die doch in diesem Falle so
nahe lägen, der Hand-
werker seine Selbständig-
keit behauptet und seiner
Arbeit den Stempel der In-
dividualität d. i. der Kunst
aufdrückt. Zwischen einem
so bemalten Schrein und
einem nach der Schablone
geschmückten besteht der-
selbe Unterschied wie
zwischen einem Buche vor
und einem solchen nach
der Erfindung der Buch-
druckerkunst.
Etwas ähnliches be-
obachtete ich mit Bezug
auf die Herstellung der
bunten Kacheln, deren
man sich in Nordafrika
und Spanien zum Pflastern
der Fussboden und der
unteren Hälfte der Zim-
merwände, sowie auch
häufig zum Ausschmücken
der Aussenmauern und
Dächer bedient. Die alten
Arbeiten dieser Art, die
sich in der Moschee von
Cordoba sowie in anderen
Bauten aus der Mauren-
zeit in Südspanien erhalten
haben, unterscheiden sich
DAS ARABISCHE KUNSTHANDWERK
Plaketten „Medusa" und „Hygeia" von O. ROHLOFF, Berlin.
Tetuän der Arbeit des Malers zuzusehen. Dies
war der Mann, der die bunten Wandbretter, Kre-
denzen und Truhen verfertigte, die den Kaffeehäusern
und Wohnstuben in Marokko zum Hauptschmuck
gereichen, sintemalen es daselbst weder Tische noch
Stühle, weder Spinde noch
Schränkegiebt. DerMarok-
kaner hängt an seineWände
eine Anzahl hölzerner bunt
bemalter Wandbretter, die
unseren kleinen Bücher-
brettern ähneln, und darauf
kommen dann die zumeist
in Fez hergestellten schö-
nen Vasen und Krüge zu
stehen. Die Frauen ber-
gen ihre Habseligkeiten
in hölzernen Truhen von
der Form eines etwas
kurzen und hohen Sarges,
der auf das bunteste mit
Gold, Rot, Grün und
Weiss bemalt ist. Im
übrigen giebt es in den
Zimmern nur Teppiche
und Kissen als Hausrat,
und die Belegung der
Wände mit bunten Kacheln
und noch bunterem Stuck
oder kunstvollem Holz-
getäfel vervollständigt die
Wohnlichkeit der Räume.
Dem Maler von Tetuan
habe ich stundenlang bei
seiner Arbeit zugesehen
und dabei gelernt, dass
diese Leute, obgleich der
Silberner Weinkühler, Kaiserpreis, entworfen und ausgeführt von
O. ROHLOFF, Berlin.
geometrische Charakter ihrer Dekorationen die An-
ordnung von Schablonen geradezu herauszufordern
scheint, stets aus freier Hand arbeiten. Dies scheint
mir bemerkenswert, weil durch diesen Verzicht auf
mechanische Hilfsmittel, die doch in diesem Falle so
nahe lägen, der Hand-
werker seine Selbständig-
keit behauptet und seiner
Arbeit den Stempel der In-
dividualität d. i. der Kunst
aufdrückt. Zwischen einem
so bemalten Schrein und
einem nach der Schablone
geschmückten besteht der-
selbe Unterschied wie
zwischen einem Buche vor
und einem solchen nach
der Erfindung der Buch-
druckerkunst.
Etwas ähnliches be-
obachtete ich mit Bezug
auf die Herstellung der
bunten Kacheln, deren
man sich in Nordafrika
und Spanien zum Pflastern
der Fussboden und der
unteren Hälfte der Zim-
merwände, sowie auch
häufig zum Ausschmücken
der Aussenmauern und
Dächer bedient. Die alten
Arbeiten dieser Art, die
sich in der Moschee von
Cordoba sowie in anderen
Bauten aus der Mauren-
zeit in Südspanien erhalten
haben, unterscheiden sich