Kopfleiste, gezeichnet von HELENE VAROES, Berlin.
DAS KUNSTGEWERBE
AUF DER PARISER WELTAUSSTELLUNG
DIE deutsche Abteilung, deren imponierender und
harmonischer Aufbau in der Juni - Nummer
beschrieben worden ist, befindet sich, von der
Seine aus gerechnet, fast am Ende des rechten Palastes
der Invaliden-Esplanade. Den noch übrigen Raum hin-
ter ihr haben sich Russland und Belgien geteilt und zwar
so, dass Russland die Galerien und die Hälfte des
Platzes zu ebener Erde, also etwa zwei Drittel des
Ganzen einnimmt. Ein monumentales Thor schliesst
seine Ausstellung gegen die belgische ab. Links vom
Mittelgang enthält ein hoher Glasschrank einige der
wertvollsten Erzeugnisse der verschiedenen kaiserlichen
Manufakturen zu Petersburg. Mehr ein Kuriosum ist
die in Marmor und Edelsteinen ausgeführte Karte von
Frankreich, ein Geschenk des Zaren an die Republik.
Andere wertvolle Gegenstände der kaiserlichen Fabri-
ken in edlem Material finden wir im Pavillon der
kaiserlichen Domänen im sibirischen Palaste des Tro-
cadero. Schmucksachen und Gefässe in Jaspis, Ne-
phrit u. s. w. hat ferner Faberge ausgestellt. Einen
grossen Raum nehmen die bekannten Email- und
Filigranarbeiten im byzantinischen Geschmacke ein;
die Firma Owtschinnikoff, von der auch zwei Riesen-
altäre herrühren, hat allein mehrere Schränke voll
ihrer Erzeugnisse ausgestellt. In einer Ecke machen
uns Photographien und Erklärungen die Herstellung
des riesigen schmiedeeisernen Gartenthores für den
kaiserlichen Winterpalast anschaulich, das unter den
Skulpturen der Champs-Elysees seine Aufstellung ge-
funden hat. Ausserdem enthält die Ausstellung Bron-
zen, Moskauer Porzellan und solches von der finn-
ländischen Fabrik Arabia in Helsingfors, Krystall-
waren und sehr eigentümliches Bauernsteinzeug von
dem Künstler Golowin, unter anderem einen hölzer-
nen Waschtisch mit eingelegtem Mosaik und origi-
nellem Geschirr und eine Bowle in Form einer Henne.
Golowin gehört zu einer Gesellschaft russischer Kunst-
freunde und Künstler, die die weitverbreitete bäuerliche
Hausindustrie zu heben suchen, indem sie unter An-
lehnung an die besten Erzeugnisse früherer Zeiten
den Bauern Zeichnungen und Material für Möbel,
Stickereien, Thonwaren, Damaszierungen u. s. w. liefern.
Eine reiche Sammlung dieses bäuerlichen Kunstge-
werbes findet man in dem an den sibirischen Palast
angebauten sogenannten »Russischen Dorfe«, dessen
Architekt Korowin sich hauptsächlich Häuser und
Kirchen des Gouvernements Archangel zum Muster
genommen hat. Die oberen Galerien der russischen
Abteilung in den Invaliden werden zum grossen Teil
von Arbeiten der Kunstgewerbeschule des Barons
Stieglitz zu Petersburg eingenommen. Hingewiesen
sei ferner auf die Stickereien und Handwebereien der
Moskauer Firma Tschokoloff, unter denen sich man-
ches Eigenartige befindet.
Die Ausstellung Belgiens, das in der Entwicklung
des modernen Kunstgewerbes eine so wichtige Rolle
gespielt hat, bringt eine*grosse Enttäuschung. Die
meisten grossen Firmen sind überhaupt nicht vertreten
und an ihrer Stelle macht sich billige Jahrmarktware
breit. Gut und reichhaltig haben eigentlich nur die
Fayencefabrik von Boch, die fast alle Arten der mo-
dernen Kunsttöpferei hervorbringt, und der Juwelier
Hoosemans in Brüssel ausgestellt. Von letzterem
seien ausser dem grossen Tafelaufsatz ein paar Leuchter
hervorgehoben, bei denen nackte weibliche Figuren
in Elfenbein sich mit dem matten Silber reizend ver-
binden. Wenn wir ausserdem den grossen dreiteiligen,
nach einem Karton von Geets hergestellten Wand-
34*
DAS KUNSTGEWERBE
AUF DER PARISER WELTAUSSTELLUNG
DIE deutsche Abteilung, deren imponierender und
harmonischer Aufbau in der Juni - Nummer
beschrieben worden ist, befindet sich, von der
Seine aus gerechnet, fast am Ende des rechten Palastes
der Invaliden-Esplanade. Den noch übrigen Raum hin-
ter ihr haben sich Russland und Belgien geteilt und zwar
so, dass Russland die Galerien und die Hälfte des
Platzes zu ebener Erde, also etwa zwei Drittel des
Ganzen einnimmt. Ein monumentales Thor schliesst
seine Ausstellung gegen die belgische ab. Links vom
Mittelgang enthält ein hoher Glasschrank einige der
wertvollsten Erzeugnisse der verschiedenen kaiserlichen
Manufakturen zu Petersburg. Mehr ein Kuriosum ist
die in Marmor und Edelsteinen ausgeführte Karte von
Frankreich, ein Geschenk des Zaren an die Republik.
Andere wertvolle Gegenstände der kaiserlichen Fabri-
ken in edlem Material finden wir im Pavillon der
kaiserlichen Domänen im sibirischen Palaste des Tro-
cadero. Schmucksachen und Gefässe in Jaspis, Ne-
phrit u. s. w. hat ferner Faberge ausgestellt. Einen
grossen Raum nehmen die bekannten Email- und
Filigranarbeiten im byzantinischen Geschmacke ein;
die Firma Owtschinnikoff, von der auch zwei Riesen-
altäre herrühren, hat allein mehrere Schränke voll
ihrer Erzeugnisse ausgestellt. In einer Ecke machen
uns Photographien und Erklärungen die Herstellung
des riesigen schmiedeeisernen Gartenthores für den
kaiserlichen Winterpalast anschaulich, das unter den
Skulpturen der Champs-Elysees seine Aufstellung ge-
funden hat. Ausserdem enthält die Ausstellung Bron-
zen, Moskauer Porzellan und solches von der finn-
ländischen Fabrik Arabia in Helsingfors, Krystall-
waren und sehr eigentümliches Bauernsteinzeug von
dem Künstler Golowin, unter anderem einen hölzer-
nen Waschtisch mit eingelegtem Mosaik und origi-
nellem Geschirr und eine Bowle in Form einer Henne.
Golowin gehört zu einer Gesellschaft russischer Kunst-
freunde und Künstler, die die weitverbreitete bäuerliche
Hausindustrie zu heben suchen, indem sie unter An-
lehnung an die besten Erzeugnisse früherer Zeiten
den Bauern Zeichnungen und Material für Möbel,
Stickereien, Thonwaren, Damaszierungen u. s. w. liefern.
Eine reiche Sammlung dieses bäuerlichen Kunstge-
werbes findet man in dem an den sibirischen Palast
angebauten sogenannten »Russischen Dorfe«, dessen
Architekt Korowin sich hauptsächlich Häuser und
Kirchen des Gouvernements Archangel zum Muster
genommen hat. Die oberen Galerien der russischen
Abteilung in den Invaliden werden zum grossen Teil
von Arbeiten der Kunstgewerbeschule des Barons
Stieglitz zu Petersburg eingenommen. Hingewiesen
sei ferner auf die Stickereien und Handwebereien der
Moskauer Firma Tschokoloff, unter denen sich man-
ches Eigenartige befindet.
Die Ausstellung Belgiens, das in der Entwicklung
des modernen Kunstgewerbes eine so wichtige Rolle
gespielt hat, bringt eine*grosse Enttäuschung. Die
meisten grossen Firmen sind überhaupt nicht vertreten
und an ihrer Stelle macht sich billige Jahrmarktware
breit. Gut und reichhaltig haben eigentlich nur die
Fayencefabrik von Boch, die fast alle Arten der mo-
dernen Kunsttöpferei hervorbringt, und der Juwelier
Hoosemans in Brüssel ausgestellt. Von letzterem
seien ausser dem grossen Tafelaufsatz ein paar Leuchter
hervorgehoben, bei denen nackte weibliche Figuren
in Elfenbein sich mit dem matten Silber reizend ver-
binden. Wenn wir ausserdem den grossen dreiteiligen,
nach einem Karton von Geets hergestellten Wand-
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