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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 11.1900

DOI Artikel:
Gensel, Walther: Das Kunstgewerbe auf der Pariser Weltausstellung, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4360#0235

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DAS KUNSTGEWERBE AUF DER PARISER WELTAUSSTELLUNO

Brunnennrsche in der deutschen kunstgewerblichen Abteilung auf der Weltausstellung
in Paris 1900. Entworfen von Prof. O. GUSSMANN, Dresden.

teppich der Mechelner Manufaktur Braquenie, den
monumentalen Kamin aus Sarrancolin-Marmor der
Firma Evrard Leonce in Brüssel und die Möbel von
Rosel nennen, so ist die Summe des Beachtenswerten
wohl erschöpft. In dem Annexbau befindet sich noch
ein hübsches vlämisches Speisezimmer nach Entwürfen
des Brüsseler Architekten van Massenhove.

Nördlich der deutschen und zur Hälfte in sie
hineingebaut liegt die Abteilung der Vereinigten
Staaten. Es ist eigentümlich, dass die Amerikaner
bei der äusserlichen Ausschmückung und Abgrenzung
ihrer sämtlichen Sektionen sich das klassischste Motiv
von allen ausgesucht haben, von goldenen Lorbeer-
guirlanden umwundene weisse korinthische Säulen,
deren Gebälk in gewissen Abständen mit dem Sternen-
banner geziert ist. Ihre kunstgewerbliche Abteilung
besteht aus einem mit Glasmalereien geschmückten
Centralbau, um den sich offene Säulengalerien grup-

pieren. Die Haupteingänge tragen den
amerikanischen Adler, ihre Bogenfelder
sind mit nicht sehr bedeutenden allegori-
schen Malereien geschmückt. Der sehens-
werteste Raum ist derjenige der Kunst-
töpfereien. Er enthält die Erzeugnisse von
zwei Fabriken, von denen die eine zum
allerersten Male in Europa auftritt und die
andere zwar schon 1889 eine goldene
Medaille errungen hat, seitdem aber in
jeder Weise fortgeschritten ist. Die Grueby-
Fayencen sind in der Mehrzahl ganz
schlichte mattgrüne Vasen mit grossen
Blattornamenten, deren ganz feines Cra-
quele an die Maserung wirklicher Blätter
erinnert, die Rookwood-Töpfereien dagegen
sind unterglasierte Fayencen, bei denen
der Dekor — meist ziemlich einfache
Blumen - leicht erhaben ist. Bevorzugte
die Fabrik früher dunkle Farben, z. B.
Verbindungen von tiefem Rot und Grün
oder von Gelb und Schwarz, so sind ihre
neuesten Vasen meist in ganz lichten,
zarten rosa, grünen oder violetten Tönen
gehalten, die zum Teil an die Porzellane
von Roerstrand erinnern. Seltener ange-
wendete Spezialitäten sind ihre auf galva-
nischem Wege erzeugten Metallverzie-
rungen und ihr an japanische Lackarbeiten
erinnernder Goldschimmer. Dem Pottery-
room gegenüber liegt ein Raum mit Er-
zeugnissen von Louis Tiffany. Neben
den bekannten prächtigen Gläsern und
Glasmalereien sind mehrere grosse Lam-
pen mit trefflich patinierten Bronzefüssen,
ein grosser Glasmosaik-Fries und die ganz
neuen Bronzegefässe mit Emaildekor zu
beachten. Nächstdem treten besonders die
Ausstellungen der Juweliere Gorham & G=.
und Tiffany & Cil. hervor, beide aus New
York. Landsberg - Chicago hat ein paar
gute Schmucksachen ausgestellt. Von Mö-
beln haben die Amerikaner fast ausschliess-
lich Schreibtische, Schulbänke, Aktenschränke und Bil-
lards gesandt, bei denen die rein praktische Seite allein
ausschlaggebend ist. Ein kleines Schlafzimmer mit
eingelegten Emails macht eine Ausnahme.

Auch die Engländer haben nicht so grosse An-
strengungen gemacht, wie man es wünschen möchte.
Als Gesamtheit entbehrt ihre Ausstellung jeglichen
Schmuckes. Am zahlreichsten ist ihre Beteiligung,
zumal wenn man die Einrichtung des englischen
Repräsentationshauses hinzurechnet, bei den Möbeln.
Aber auch hier fehlen einige der grössten Häuser,
wie Maple. Waring & Gillow stehen an erster Stelle.
Sie haben drei Zimmer des englischen Hauses aus-
gestattet und hier auf den Invaliden in einem mitten
in der Halle stehenden, aber nach allen Seiten ab-
geschlossenen Viereck fast eine ganze Wohnungsein-
richtung zur Schau gestellt: ein Schlafzimmer aus
Atlasholz im Sheraton-Stile mit feinster Intarsia, ein
 
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