DAS KUNSTGEWERBE AUF DER PARISER WELTAUSSTELLUNG
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munteres Badezimmer, ein mehr originelles als allen
praktischen Anforderungen genügendes modernes
Kinderzimmer, einen trefflich gearbeiteten Speisesaal in
einem Übergangsstil von der jakobianischen zur elisa-
bethanischen Renaissance, eine komfortable Yacht-
kabine und einen echt englischen Landhaus-Drawing-
room. Hinter Waring und in dem hier anstossenden
Seitenflügel des Palastes finden wir Möbel von John-
son & Appleyards, zwei behagliche Schlafzimmer von
Heal & Son und Möbel in Citronenholz von J. S. Henry,
Waring gegenüber gute Möbel von Howard und da-
hinter Büffets, Bücherschränke u. s. w. von den Bath
Cabinet Makers. Im englischen Hause erregen haupt-
sächlich die Schlaf- und Ankleidezimmer von Johnson
& Appleyards und der Bromsgrove Guild Aufmerk-
samkeit. Ausserdem verdienen hier, um dies gleich
vorwegzunehmen, besonders die von Morris nach
Kartons des verstorbenen Burne-Jones ausgeführten
fünf Wandteppiche mit Darstellungen aus der Artus-
Sage, die prächtigen Vorhänge und Bettdecken der
königlichen Stickereischule, die von Elkington her-
gestellten Reproduktionen der überaus reichen silbernen
Möbel und Geräte aus Knole und Windsor und die
allerdings fast ausschliesslich retrospektive Ausstellung
der königlichen Porzellan - Manufaktur zu Worcester
Beachtung. Neben Waring und Howard haben, um
zur Invaliden - Esplanade zurückzukehren, die Gold-
smiths and Silversmiths Company und die Juweliere
Mappin Brothers in Sheffield besondere Räume. Das
Hauptstück der ersteren ist ein aus neun Stücken
bestehender silberner Tafelaufsatz
mit Nereiden. Ferner befinden sich
hier die Ausstellungen einiger kera-
mischer Fabriken, so besonders
von Doulton & Co. und von Elton
(Clevedon). Die auf den Galerien
und in dem oben erwähnten Seiten-
flügel ausgestellten Gegenstände
sind zum grössten Teil rein in-
dustrieller Natur. Doch finden wir
in dem letzteren noch gute Tep-
piche, Tapeten und bedruckte Stoffe
und den reizenden kleinen Pavillon
der Benson'schen Kupfergeschirre
und Beleuchtungsgegenstände. Ben-
son's Apparate für die elektrische
Beleuchtung sind nicht hier, son-
dern im Elektrizitäts-Palaste zu
suchen.
Die nun folgende italienische
Abteilung macht einen ziemlich
trostlosen Eindruck. Auch sie um-
fasst nur einen Teil des Kunst-
gewerbes, da die ganze, äusserst
umfangreiche Keramik-Ausstellung
und die Glaswaren in dem grossen
italienischen Palast am Quai d'Or-
say untergebracht worden sind.
Der Geschmack steht hier auf
einer bedenklich tiefen Stufe. Bei
den Möbeln werden die allerver-
schnörkeltsten und allergewundensten Vorbilder früherer
Epochen kopiert oder durch noch barockere neue Erfin-
dungen übertrumpft; die Marmorhändler lassen sich von
den Künstlern die allerfadesten und allersüsslichsten Mo-
delle liefern und machen mit ihnen leider glänzende
Geschäfte; die Keramiker leisten technisch zum Teil
Vortreffliches, wo sie alte Vasen und Teller kopieren,
und tappen fast überall völlig unsicher herum, wenn
sie Neues bringen wollen. Wie wenig Geschmack
auch die besseren Firmen besitzen, beweist das Bei-
spiel des berühmten Glasfabrikanten Salviati, der in
die helle gotische Halle des Palastes ganz massive
dunkle Renaissanceschränke für seine Ausstellung ge-
setzt hat. Am schlimmsten steht es auf der Galerie
des Invaliden-Palastes, wo die ganz billigen venezia-
nischen Schmucksachen feilgehalten werden. Man
glaubt hier wirklich in einem Bazar und nicht auf
einer Weltausstellung zu sein, bei der alle Völker
doch besondere Ehre einlegen wollen. Im einzelnen
wird der gewissenhafte Beobachter natürlich manches
Gute entdecken, vorausgesetzt, dass er nicht vorher
den Mut verliert. So
sei auf die unter dem
Einflüsse Tiffany's
entstandenen und zum
Teil nicht übel ge-
lungenen neuen Glä-
ser von Salviati, auf
die Schmucksachen
und die Nachbildung
Mittelpartie auf der Galerie der deutschen kunstgewerblichen Abteilung.
Weltausstellung in Paris igoo.
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munteres Badezimmer, ein mehr originelles als allen
praktischen Anforderungen genügendes modernes
Kinderzimmer, einen trefflich gearbeiteten Speisesaal in
einem Übergangsstil von der jakobianischen zur elisa-
bethanischen Renaissance, eine komfortable Yacht-
kabine und einen echt englischen Landhaus-Drawing-
room. Hinter Waring und in dem hier anstossenden
Seitenflügel des Palastes finden wir Möbel von John-
son & Appleyards, zwei behagliche Schlafzimmer von
Heal & Son und Möbel in Citronenholz von J. S. Henry,
Waring gegenüber gute Möbel von Howard und da-
hinter Büffets, Bücherschränke u. s. w. von den Bath
Cabinet Makers. Im englischen Hause erregen haupt-
sächlich die Schlaf- und Ankleidezimmer von Johnson
& Appleyards und der Bromsgrove Guild Aufmerk-
samkeit. Ausserdem verdienen hier, um dies gleich
vorwegzunehmen, besonders die von Morris nach
Kartons des verstorbenen Burne-Jones ausgeführten
fünf Wandteppiche mit Darstellungen aus der Artus-
Sage, die prächtigen Vorhänge und Bettdecken der
königlichen Stickereischule, die von Elkington her-
gestellten Reproduktionen der überaus reichen silbernen
Möbel und Geräte aus Knole und Windsor und die
allerdings fast ausschliesslich retrospektive Ausstellung
der königlichen Porzellan - Manufaktur zu Worcester
Beachtung. Neben Waring und Howard haben, um
zur Invaliden - Esplanade zurückzukehren, die Gold-
smiths and Silversmiths Company und die Juweliere
Mappin Brothers in Sheffield besondere Räume. Das
Hauptstück der ersteren ist ein aus neun Stücken
bestehender silberner Tafelaufsatz
mit Nereiden. Ferner befinden sich
hier die Ausstellungen einiger kera-
mischer Fabriken, so besonders
von Doulton & Co. und von Elton
(Clevedon). Die auf den Galerien
und in dem oben erwähnten Seiten-
flügel ausgestellten Gegenstände
sind zum grössten Teil rein in-
dustrieller Natur. Doch finden wir
in dem letzteren noch gute Tep-
piche, Tapeten und bedruckte Stoffe
und den reizenden kleinen Pavillon
der Benson'schen Kupfergeschirre
und Beleuchtungsgegenstände. Ben-
son's Apparate für die elektrische
Beleuchtung sind nicht hier, son-
dern im Elektrizitäts-Palaste zu
suchen.
Die nun folgende italienische
Abteilung macht einen ziemlich
trostlosen Eindruck. Auch sie um-
fasst nur einen Teil des Kunst-
gewerbes, da die ganze, äusserst
umfangreiche Keramik-Ausstellung
und die Glaswaren in dem grossen
italienischen Palast am Quai d'Or-
say untergebracht worden sind.
Der Geschmack steht hier auf
einer bedenklich tiefen Stufe. Bei
den Möbeln werden die allerver-
schnörkeltsten und allergewundensten Vorbilder früherer
Epochen kopiert oder durch noch barockere neue Erfin-
dungen übertrumpft; die Marmorhändler lassen sich von
den Künstlern die allerfadesten und allersüsslichsten Mo-
delle liefern und machen mit ihnen leider glänzende
Geschäfte; die Keramiker leisten technisch zum Teil
Vortreffliches, wo sie alte Vasen und Teller kopieren,
und tappen fast überall völlig unsicher herum, wenn
sie Neues bringen wollen. Wie wenig Geschmack
auch die besseren Firmen besitzen, beweist das Bei-
spiel des berühmten Glasfabrikanten Salviati, der in
die helle gotische Halle des Palastes ganz massive
dunkle Renaissanceschränke für seine Ausstellung ge-
setzt hat. Am schlimmsten steht es auf der Galerie
des Invaliden-Palastes, wo die ganz billigen venezia-
nischen Schmucksachen feilgehalten werden. Man
glaubt hier wirklich in einem Bazar und nicht auf
einer Weltausstellung zu sein, bei der alle Völker
doch besondere Ehre einlegen wollen. Im einzelnen
wird der gewissenhafte Beobachter natürlich manches
Gute entdecken, vorausgesetzt, dass er nicht vorher
den Mut verliert. So
sei auf die unter dem
Einflüsse Tiffany's
entstandenen und zum
Teil nicht übel ge-
lungenen neuen Glä-
ser von Salviati, auf
die Schmucksachen
und die Nachbildung
Mittelpartie auf der Galerie der deutschen kunstgewerblichen Abteilung.
Weltausstellung in Paris igoo.