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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 18.1906-1907

DOI article:
Plehn, Anna L.: Niederländisch-indische Kunst
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.4869#0039

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NIEDERLÄNDISCH-INDISCHE KUNST

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GOLDENE GERÄTE DES SUSUHUNAN VON SOLO: KLEINES GALA-SIRIHGERÄT, WASSERKUMME, ZIGARETTENBEHÄLTER,

GROSSES GALA-SIRIHGERÄT

zeit dieses Bauwerks nicht, weiß nicht, ob man es in
das achte, neunte oder zehnteJahrhundert setzen soll. Aber
heute haben noch die in Horizontalrichtung in Haus-
wände eingespannten Brettfüllungen eine Verwandt-
schaft mit den Prinzipien jener Architektur. Sie sind
gleich den Monumentalbauten reich geschmückt.
Allerdings nicht durch figürliche Szenen, sondern
durch gedrängte Ornamentverflechtungen, die in ver-
schiedenen Farben bemalt, dem Hause ein freund-
liches Ansehen geben. Anderwärts oder daneben
finden sich auch senkrechte Brettverschalungen mit
zierlich ausgekerbten Rändern.

Diese Art von Schnitzerei muß natürlich ihrer
Bestimmung und ihres Maßstabes wegen mit einiger-
maßen eilenden Händen gearbeitet werden. Dennoch
ist es erstaunlich, daß bei diesen vertieft gearbeiteten
Mustern nicht ein schroffes Absetzen der Gegensätze
festgestellt werden kann, ein entschiedener Unterschied
von dem, was hoch stehen geblieben und dem, was ver-
tieft ist, sondern es ist ein sehr gelassenes Heben und
Senken, eine Art von Arbeit, die augenscheinlich in
jedem Augenblick auf den Reiz der Oberflächen-
wirkung geprüft wurde, und die dann inne hielt,
wenn der Effekt erreicht war. Mit noch mehr Recht
kann man solche zarte Behandlung Schnitzereien nach-
rühmen, wie sie auf kleinerem Raum gemacht werden.
Nichts übertrifft die Verzierungen an hölzernen
Schwertscheiden, wie sie die Rasenden bei ihren
Amoklaufen gebrauchen. Sie behängen wohl auch
die Waffe nachträglich mit Haarbüscheln des Er-
schlagenen. Sehr seltsam sticht diese brutale Ver-
zierung ab von der delikaten Schnitzerei, von den
zierlichen Flechtbändern, die das Holz an mehreren
Stellen umwinden und von den farbig schönen
Perlenstickereien, mit denen sie die Scheiden be-
hängen. Selbst japanische Schnitzmesser bringen
kaum Reizenderes hervor als diese vertieft in das
Holz eingegrabenen Formen, die wie eine Schichtung
von Laub, Nadeln und allerlei Brocken übereinander
liegen, als habe man ein Stückchen Waldboden vor
sich. Alles gemacht mit der Frische einer Improvi-

sation von der allermalerischsten Licht- und Schalten-
wirkung.

Monumentalskulpturen in Stein scheinen heute nicht
mehr an der Tagesordnung. Dagegen mögen auch
in dieser Stunde noch jene kleinen Büsten aus Speck-
stein geschnitten werden, mit großer Vereinfachung
der Gesichtszüge, die auch bei der Arbeit in großem
Maßstabe so wirkungsvoll ist. Die Stirnen zurück-
tretend und ohne Unterbrechung in dem Nasenrücken
fortgesetzt. Die Augenhöhlung nahezu ausgefüllt, um
die heraufgezogenen Lippen ein halbes Lächeln. Jene
geheimnisvolle Andeutung der Form, die an der
vorklassischen griechischen Plastik die Welt heute so
entzückt, weil so etwas Rodin nahe steht. Diese
kleinen Skulpturen mögen Götterbilder sein. Sie
berühren sich mit den Puppen für Schattenspiele,
die vermutlich in Beziehung zum Kultus stehen oder
mindestens aus ihm hervorgegangen sind. Man führt
mit Hilfe dieser Wajangfiguren Schauspiele auf, deren
Stoff aus den indischen Nationalepen Mahäbhärata
und Rämäjana entnommen ist. Ein großer Teil der
Figuren, soweit sie nämlich Menschen vorstellen,
stimmen mit dem Gesichtstypus der kleinen Stein-
büsten überein. Die Götter und Genien haben andere
Züge und Gestalt.

Diese Puppen sind aus Büffelleder flach zugeschnitten
und obgleich sie nur als Schirme zwischen Licht
und durchscheinende Wand gehalten und also nur
als Schattenbilder sichtbar werden, sind sie doch
sorgfältig vergoldet und bemalt. Sie liefern einen
besonderen Beweis für das Stilgefühl dieses Volkes.
Es ist dafür gesorgt, daß die erhellte Wand, vor der
die Zuschauer Platz nehmen, ihnen bei dem Auf-
marschieren der Figuren als eine dicht und gleich-
mäßig ornamentierte Fläche erscheint. Die Figuren
sind in der Art von Profil dargestellt, wie es der
primitiven Kunst aller Zeiten angehört, wie es bei-
spielsweise auch dem Altägyptischen eigentümlich ist.
Kopf und Füße sind in Seitenansicht dargestellt, der
Oberkörper nahezu in Breitansicht. Die Arme nach
den beiden Seiten übertrieben spinnenmäßig aus-
 
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