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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 18.1906-1907

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Stöffler, Wilhelm: Kunst und Industrie: Rede auf dem III. deutschen Kunstgewerbetage
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https://doi.org/10.11588/diglit.4869#0043

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GESCHNITZTE UND BEMALTE HOLZVERZIERUNG VON EINEM HAUSE IM PADANGSCHEN HOCHLANDE AUF SUMATRA

Aus der niederländisch-indischen Kunstausstellung zu Krefeld

KUNST UND INDUSTRIE

REDE AUF DEM III. DEUTSCHEN KUNSTGEWERBETAGE

DIE 111. Deutsche Kunstgewerbeausstellung ist keine
Kunstgewerbeausstellung im allgemeinen Sinne
des Wortes, sondern eine Künstlerausstellung;
diesen Eindruck empfing ich beim Besuch derselben, und
mit mir gewiß Tausende und Abertausende, welche wie
ich, mit gespannten Erwartungen nach Dresden gekom-
men sind.

Viele Äußerungen in der Presse haben diesen Eindruck
wiedergegeben, ihn nach verschiedenen Richtungen vertieft
und verschärft, ja sogar für die künftige Entwickelung
unserer nationalen Kulturarbeit Konsequenzen daraus ge-
zogen, die nicht erfreulicher Natur sind.

Die Dresdener Ausstellung als »Künstler-Ausstellung«,
das muß zugestanden werden, legt die Befürchtung nahe,
als ob man darauf ausginge, künftig kunstgewerbliche Auf-
träge den Kunsthandwerkern, also den Männern vom Fach,
zu entziehen, und den Künstlern ohne fachliche Ausbildung
zu übertragen.

Ob an maßgebender Stelle in der Tat solche Absichten
bestehen, mag dahingestellt bleiben, jedenfalls ist man
im Eifer des Streites auf beiden Seiten zu weit gegangen.
Aus der Kontroverse geht jedoch das eine klar hervor,
daß die Dresdener Ausstellung als eine erzieherische Ver-
anstaltung allerersten Ranges wirkt. Sie läßt keinen ernsten
Besucher gleichgültig von dannen ziehen, am allerwenigsten
den strebsamen Kunstgewerbler.

Es ist dies ein großes, meines Erachtens das größte Ver-
dienst, welches sich die Leiter der Ausstellung erworben haben,
und wofür wir von Herzen dankbar sein müssen. Sie ist ihrer
Aufgabe: die Wandlungen des Geschmackes, die sich seit
der letzten Ausstellung im Jahre 1888 vollzogen haben,
scharf herauszuheben und den weitesten Kreisen zum Be-
wußtsein zu bringen, voll und ganz gerecht geworden.
Durch die Art und Weise, wie sie das zuwege gebracht,
sind denn auch Fragen von prinzipieller Bedeutung, so
unter anderen diejenige, ob wir mit den seither angewandten

1) Wir geben diesen beachtenswerten Ausführungen,
die bei Gelegenheit des Kunstgewerbetages als Vortrag
nur einem kleineren Kreise bekannt geworden sind, um
so lieber Raum, als dieselben die Forderungen der Kunst-
industrie formulieren, die bisher in diesen Spalten noch
nicht zu Worte gekommen ist. (Anm. d. Red.)

Mitteln zur Förderung des Kunsthandwerks, als da sind
unsere Schulen, Museen und Vereine, auf dem rechten
Wege sind, in den Vordergrund der Diskussion getreten.
Dann erblicke ich ein zweites großes Verdienst der Aus-
stellungsleitung.

In dem Bemühen, ein Bild der derzeitigen künstleri-
schen Kultur Deutschlands zu geben, war von vornherein
die Notwendigkeit gegeben, außer dem Kunsthandwerk
auch die Kunstindustrie zum Wettkampfe einzuladen. Man
fühlte die Notwendigkeit, das Verhältnis zwischen den
Beiden zu klären, hat es aber leider unterlassen, die
Grundsätze klar zu legen, nach denen jeder Teil zu be-
werten und zu beurteilen sei.

Kunsthandwerk und Kunstindustrie sind von ganz
verschiedenen Gesichtspunkten aus zu beurteilen! Dem
wurde bei der Zusammensetzung des Preisgerichtes keine
oder doch nicht genügend Rechnung getragen. Daraus
sind Unstimmigkeiten entstanden, die dem Ganzen zum
Nachteil gereichen.

Man hat zwar die Kunstindustrie für gleichberechtigt
erklärt, und sie zur Beteiligung aufgefordert, aber ihr die
gebührende Würdigung nicht zuteil werden lassen. Es
war meines Erachtens ein verhängnisvoller Fehler, sie bei
der Bewertung ihrer Leistungen dem Preisgericht für das
Kunstgewerbe kurzer Hand als Anhängsel zu überweisen.
Allerdings ist sie in der Ausstellung nur in bescheidenem
Maße vertreten, woraus wiederum der Schluß gezogen
wird, daß man zur Gewinnung derselben nicht den
gleichen Eifer an den Tag gelegt hat, wie bei der Heran-
ziehung der modernen Künstlerschaft.

Man hat in der Hauptsache Künstler und Leiter von
Schulen und Museen, aber nur ausnahmsweise Industrielle
und Kunsthandwerker in das Preisgericht berufen. Es ist
daher recht unangenehm aufgefallen, daß man ihnen nicht
diejenige Behandlung zuteil werden ließ, welche sie, ihrer
wirtschaftlichen und kulturellen Bedeutung nach, zu bean-
spruchen hatten.

Diese nebensächliche Behandlung, in Verbindung mit
der Tatsache, daß in den meisten Gruppen fast ausschließ-
lich die Herren Künstler als Aussteller auftraten, hat der
Ausstellung den Charakter eines einseitigen Künstlertums
aufgeprägt, das ihr nicht in allen Stücken zum Vorteil ge-

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