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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 18.1906-1907

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Schmitz, H.: Die Buchkunst der alten Meister
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https://doi.org/10.11588/diglit.4869#0088

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FRITZ VON HEIDER:
UHRUMRAHMUNQ

AUSFUHRUNO ,VON

PAUL & MILLER IN MAGDEBURG

(Die kunstgewerbliche Bewegung in Magdeburg)

DIE BUCHKUNST DER ALTEN MEISTER

UNTER dieser Devise ist im Berliner Kunstgewerbe-
museum eine Ausstellung veranstaltet worden,
deren Hauptzweck ist, die große Erwerbung der
Bibliothek vom vorigen Jahre zu zeigen: die Sammlung
alter Bücher des im Jahre 1904 zu Berlin gestorbenen Ar-
chitekten Hans Orisebach1). Indem man den Besitz der
Ornamentstichsammlung und der Lipperheideschen Kostüm-
bibliothek ergänzend hinzuzog, vermochte man einen nahe-
zu vollständigen Begriff von der Geschichte der Buchaus-
stattung zu geben. Wir benutzen die Ausstellung als
Grundlage, um die wichtigsten Anhaltspunkte zu gewinnen,
aus denen sich das Gesamtbild der Entwickelung zu-
sammensetzt.

1. Die Periode des geschriebenen Buches, als Vorstufe
des gedruckten Buches, kann nur in ihren Hauptmomen-
ten gestreift werden. Es sei erinnert an die karolingischen
Schreibschulen Frankreichs im 8. und 9 Jahrhundert, die
an die spätrömischen Handschriften anknüpfen, in kleiner
eleganter lateinischer Schrift geschrieben sind, häufig in
Gold auf Purpurgrund, und in ihren Initialen eine Mischung
von angelsächsischen Flechtmotiven mit orientalischen Or-
namenten (Stoffmustern, Akanthusblättern, Vögeln und
Tierköpfen) verraten; dann an die ottonischen Schreib-
stuben, vor allem von St. Gallen und der Reichenau, die
jene Überlieferungen weiter pflegen, ohne Neues hinzuzu-
tun. Im 12. Jahrhundert nimmt die Schrift dann einen

1) Führer durch die Sonderausstellung Die Buchkunst
der alten Meister«, Bestände der vormaligen Sammlung
Hans Grisebach, Dezember 1906—Januar 1907. Kunst-
gewerbemuseum Berlin 1906. Preis 20 Pf.

strengen, schweren Charakter an; große rotgemalte Kapi-
talen werden für die Kapiteleinleitungen verwendet; die
Initialen, gebildet aus geflochtenen Bändern, die in Blatt-
spitzen endigen, werden in dicken, schwarzen Umrissen
gezeichnet, worein die grellen Farben flächig eingefüllt
werden, dekorative Bildungen, wie sie niemals schöner ge-
macht worden sind. Mit dem 13. Jahrhundert, dem spät-
romanischen Stil, wird die Antiqua bewegter, die Ecken
biegen sich schärfer, der Leib der großen Buchstaben be-
ginnt anzuschwellen, die Umwandlung der Gotik bereitet
sich vor. Aber noch einmal entwickelt die spätromanische
Ornamentik ihre ganze Kraft, besonders in Deutschland in
der sächsischen Miniatorenschule bis in die Mitte des
13. Jahrhunderts. Große Initialen, breit und malerisch,
grell gefärbt, aus krausen lappigen Akanthusranken ge-
bildet, langgezogene Drachen hindurchschießend, ihre
Schwänze über den Blattrand hinjagend oder mitten in
das Schriftbild hinein, ein überschäumendes Leben, das
sich nicht um die Gesetze der Dekoration kümmert. In-
zwischen haben die Franzosen den neuen Stil gefunden;
in der Pariser Miniatorenschule (der Psalterien des hl.
Ludwig) tritt er um 1250 bereits zutage, seitdem werden
die kleinen scharfen, nach Regeln abgemessenen Minus-
keln Mode, eng zusammengerückt zum festen Schriftbild,
der Blattrand wird auf allen Seiten mit fein geästelten
Dornblattranken übersponnen; ornamental stilisiert sind
die spitzigen Blättchen, nur zuweilen kommen Menschen
und Tiere, Drolereien, hinzu; die kleinen Gebetbücher
sind köstliche Beispiele derart. Im 14. Jahrhundert kommt
die Capillar- und die Gerimselornamentik hinzu; inwendig
wird der Buchstabenleib des Initials mit dichtem Netz
 
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