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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 18.1906-1907

DOI article:
Plehn, Anna L.: Niederländisch-indische Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.4869#0040

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32

NIEDERLÄNDISCH-INDISCHE KUNST

KRIS MIT HÖLZERNEM GRIFF UND BRILLANTENBESETZTEM GRIFFRING NEBST ZWEI
ZUGEHÖRIGEN SCHEIDEN, DEREN EINE MIT DURCHBROCHENER GOLDENER, BRILLANTEN-
BESETZTER AUFLAGE VERSEHEN IST

gereckt mit scharfen Knickungen. Durch Stäbe be-
weglich nach der Art unserer Hampelmänner. Lang
und knochenlos biegen sich die Finger, winden sich
zu Schleifengebilden. Die Gesichter, an denen Stirn
und Kinn zurückfliehen, während die Nase vogel-
schnabelgleich vorspringt, scheinen den Volkstypus
zu übertreiben. Doch gibt es noch ein anderes Ge-
schlecht von größerer Gestalt, glotzäugig, mit kurzer,
rundlich aufgeworfener Nase, mit fürchterlichen Zalm-
reihen drohend. In der Gebärde und Fingerstellung
größere Mannigfaltigkeit zeigend. In alledem einer-
seits das Charakteristische der Erscheinung stark über-
trieben und doch andererseits durch die stete
Wiederholung gleicher Bildungen, durch die klare
Auseinanderbreitung der Umrisse dekorativ wirkend.
Damit aber die Schwärzen nicht leer erscheinen, sind
alle Innenformen durch eingeschnittene Umrisse an-
gedeutet, das Haar durch Spirallocken aufgelichtet,
die Wellenkräuselungen der Randfalten mit feinen
Lichtlinien umgrenzt. Und wieder dies bezeichnende:
keine Blumen. Keine groß-
Man kann sie nicht mit den
japanischan Holzschnitte ver-
mit gewissen Porzellanfiguren

Gewandmuster sind
formigen Ornamente.
Gewandmotiven der
gleichen. Höchstens

desselben Landes, bei de-
nen der Pinsel mit ge-
drängten roten und gol-
denen Kräusellinien ge-
spielt hat, bis von der
weißen Glasur kaum et-
was übrig geblieben ist.
Ähnlich ruhig ist die Flä-
chenwirkung der Wa-
jangschattenbilder, wenn
sie reihenweise auf lich-
ter Ebene ausgebreitet
sind, wie es bei den
Aufführungen bei einsei-
tiger Beleuchtung von
der Rückseite des Schir-
mes her geschieht, oder
wenn die Puppen gegen
eine mattgeschliffene
Fensterscheibe aufge-
hängt werden. Es ent-
steht eine sehr ange-
nehme Fleckenverteilung
des Schwarz und Weiß.
Unwillkürlich muß man
an den Buchschmuck
von Aubrey Beardsley
denken. Dadurch, daß
ein helles Liniengekräu-
sel in die schwarzen
Partien hineinbricht, wer-
den die Zwischenräume
der Figuren miteinander
verknüpft. Auch das
Weiß wird aktiv, ringelt
sich kapriziös, scheint
zu schäumen und zu
spritzen. Es wird so besser fähig, dem Dunkeln mit
seinen ausdrucksvollen Linienbewegungen das Gleich-
gewicht zu halten.

Für die Gestalten selbst hat diese Unermüdlich-
keit des Dekorateurs, der jede Augenbraue spiralig
aufrollt und die Stoffmuster mit vielen kleinen Ein-
schnitten nachahmt, die Folge, daß jede einzelne von
ihnen in ihrer persönlichen Bedeutung herabgesetzt
wird. Sie wirken vom Standpunkt des Schauspiels be-
trachtet als Chorpersonal. Als Ornament angesehen,
wird an ihnen das uralte dekorative Gesetz der
Reihung wohltuend offenbar. Dieselben Köpfe, die
gleichen Glieder in ähnlichen Bewegungen und immer
wiederholte Schwärme rundlicher Linienzeichnungen
als Helles im Dunkeln. Die Menschen sind nur
truppweise als Typen unterschieden und dieselben
Formenbewegungen, die man an ihnen gewahr wird,
dienen auch zur Ausfüllung jenes Fächerblattes,
das als Ankündigung des Anfangs und der Akt-
schlüsse auf der Lichtwand erscheint. Dasselbe
Requisit wird aber auch als szenische Andeu-
tung eines Waldes oder des Meeres benutzt. Es
bietet sich Augen dar, welche nicht auf eine Täu-
schung warten, sondern deren Phantasie geschäftig
 
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