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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 18.1906-1907

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Kurzwelly, Albrecht: Leipziger Kunstgewerbe: zur Einführung: Rückblick und Umschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.4869#0061

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LEIPZIGER KUNSTGEWERBE

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Zimmern des Bundes wieder: ein Wohnzimmer in
eingelegtem afrikanischen Mahagoni und ein Schlaf-
zimmer in polierter Birke. Zwei weitere sind bereits
im Juliheft des Kunstgewerbeblattes abgebildet.

Die nächste Abbildung zeigt, wie sich der rüh-
rige Geschäftsleiter des Bundes, Architekt Brachmann,
in seinen Leipziger Wohnhausbauten bemüht, neu-
artige Raumstimmungen zu erzielen. Das abgebildete
Villenvestibül fesselt gleichermaßen durch die male-
rische Anlage der Treppe, wie die reizvolle Bildung
ihres Geländers und den kernigen farbigen Wand-
schmuck. Brachmanns Genosse, der phantasievolle
Maler Horst-Schulze, tritt uns in der folgenden Ab-
bildung mit einem glücklichen Versuch entgegen,
in einem modernen Wohnraum in neuer Weise monu-
mentale Wandmalerei zur Anwendung zu bringen.

Den von freischaffenden Künstlern ersonnenen
Raumstimmungen stellen wir einige Raumschöpfungen
besonders leistungsfähiger Leipziger Möbelfabriken
gegenüber. Sie bekunden durchweg, daß die Kunst-
tischlerei in Leipzig auf einer sehr beträchtlichen Höhe
steht und namentlich in technischer Beziehung hohen
Aufgaben gewachsen ist. Allenthalben kommt in diesen
industriellen Raumgebilden ein dezenter, ein wirklich
guter Geschmack zum Ausdruck, ein Geschmack,
der teils vom Klassizismus des endenden 18. Jahr-
hunderts, teils von den graziösen Formen feiner
Biedermeiermöbel leicht beeinflußt ist. Eine Rund-
schau in den Magazinen unserer besseren Möbel-
fabriken und Tischlerwerkstätten lehrt, daß die zuerst

von führenden Künstlern inaugurierte Biedermeierei
jetzt auch im Handwerk und in der Industrie Trumpf
ist. Neben dem Biedermeierstil macht in den Tischler-
werkstätten nur noch das Barock einen gewissen vor-
bildlichen Einfluß geltend; aber er kommt nur in
maßvoll auftretenden geschnitzten Laubfüllungen, nicht
in der Form der Möbel zum Ausdruck.

Ganz unabhängig von den historischen Stilformen
zeigt sich das geschmackvolle Herrenzimmer der
Firma Carl Müller und Cie., das von einer warm-
braunen Vertäfelung in geräucherter Eiche mit sehr
flachen modernen Schnitzereien und grünlichen Stoff-
füllungen wirkungsvoll eingerahmt wird. Die übrigen
Räume klingen alle mehr oder weniger an die Bieder-
meierrichtung an, in besonders augenfälliger Weise
das anheimelnde Wohnzimmer der Firma Franz
Schneider, dessen in Rüster ausgeführte Möbel mit
ihrem schönen gelbroten Ton, ihren hübschen Intarsien
in grün und weiß und ihrer ruhigen Gesamtform den
Eindruck aparter Vornehmheit hervorrufen, und nicht
minder das Musikzimmer der Firma Heinrich Bauer,
das in erster Linie durch die schwungvolle Gliederung
der Wände interessiert und mit seinen reizvollen,
in seltenen Hölzern ausgeführten Möbeln auch einen
feinen Geschmack zu befriedigen vermag. Mehr zopfig
als biedermeierlich ist der hübsche Vorsaal der Firma
Robert Schumann gestimmt, dessen weißgestrichene
Vertäfelung durch vergoldete Schnitzerei wirkungsvoll
belebt ist. In dem großzügig gestalteten Bibliotheks-
saal der Firma Franz Schneider — es ist der Bücher-

ei 'SCH IN NATURFARBENEM KIRSCHBAUM MIT

NUSSBAUMEINLAGEN, ENTWORFEN UND AUSGEFÜHRT
VON F. A. SCHÜTZ
Kunstgewerbeblatt. N. F. XVIII. H. 3

TISCH IN WEISSLACKIERTEM KIEFERNHOLZ

ENTWORFEN VON ARCHITEKT H. QUINT, AUSGEFÜHRT

VON F. R. KIND

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