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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 18.1906-1907

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Haberfeld, Hugo: Der Bildhauer Franz Metzner
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https://doi.org/10.11588/diglit.4869#0110

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DER BILDHAUER FRANZ METZNER

der krönende Mann, als jugendlich kräftiger Akt von
hoher Meisterschaft der Form. Ist der Brunnen bisher
Metzners genialste freifigurige Komposition, so ist der
Kaiser Josef II. das großartigste Denkmal, das er
bisher entworfen. Ich glaube, daß vor dieser fest-
lichen Terrassenanlage selbst die dekorativsten Ar-
chitekten aller Zeiten, ein Bernini oder Fischer von
Erlach, den Hut ziehen würden. Und ich bin über-
zeugt, daß die Kaiser-Josefs-Legende sich in Böhmen
dauernd mit dem Bilde verbinden wird, das Metzner
dem großen Volkskaiser gegeben. Was hat doch
alles der Künstler in seinem Kaiser Josef ausgedrückt!
Er war ein Fürst, der in den Anschauungen des Ro-
koko aufgewachsen war, ein galanter Kavalier, ein
Charmeur und Viveur, ein lächelnder Lebenskünstler.
Aber die Rokokostimmung schwebt nur wie ein leichtes
Parfüm um die Figur des Kaisers. Denn der Bruder
der Marie Antoinette, die unter der Guillotine sterben
mußte, weil sie die legitime Verkörperung der Ro-
kokograzie gewesen, er war selbst ein Revolutionär
auf dem Throne, ein Einsamer an seinem Hofe, der
deutsche Kaiser des Sturm und Drangs, ein Zeit-
genosse des jungen Goethe und Schiller, ein phi-
losophisch gebildeter Enzyklopädist und ungestümer
Aufklärer. Dieses Doppelwesen des Kaisers, das daher
kommt, weil er an der Scheide zweier Zeitalter stand,

hat Metzner im Typus, in der Haltung und Gebärde
intuitiv und meisterlich ausgedrückt. Und wenn man
die Stufen hinansteigt, um dem Kaiser zu huldigen,
geht man an den Figuren der Landwirtschaft und
Industrie vorüber, die er gefördert hat, weil er er-
kannte, daß sie fortan an Stelle diplomatischer Ka-
binettspolitik die Geschicke der Völker bestimmen
werden. War doch Josef der Kaiser, der den Pflug
durchs Ackerfeld führte.

Noch wären die Plastiken zu erwähnen, die
Metzner kürzlich für einen von Bruno Schmitz er-
richteten Monumentalbau in Berlin vollendete: vier
Bronzereliefs der historisch bedeutsamsten deutschen
Kaiser für einen Kaisersaal und symbolische Reliefs
aus grauem Muschelkalk für andere Festräume. Und
es wäre zu erinnern, daß er jetzt unablässig an jenem
Werke schafft, das ihn am meisten von allen mit
Freude und Stolz erfüllt, weil es der größte plastische
Auftrag ist, den Deutschland gegenwärtig zu ver-
geben hat: am figuralen Schmuck für das Völker-
schlachtdenkmal in Leipzig. Über diese Arbeiten
abschließend zu urteilen, wäre heute verfrüht. Denn
sie zeigen Elemente eines Stils von so neuer Schön-
heit und Größe, daß die Kritik, um nicht vor-
zeitig in Jubel auszubrechen, vorerst lieber abwartend
schweigt.

I

FRANZ MF.TZNER. PORTRÄT SEINER MUTTER
 
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