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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 18.1906-1907

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Kunstgewerbliche Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.4869#0133

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E. NORI. ZINNDOSE MIT TREIBARBEIT
Müncliener Lehr- und Versuchsaleliers

KUNSTGEWERBLICHE RUNDSCHAU

DIE BRESLAUER GOLDSCHMIEDE1)

Das mit ungemeinem Fleiß und außergewöhnlicher
Sorgfalt zusammengetragene Material sichert dem Werk
einen dauernden Wert als Grundlage für alle späteren
Studien auf dem Gebiete der Breslauer und der schlesischen
Goldschmiedekunst überhaupt. Den Anstoß zu seiner Ver-
öffentlichung hat die im Herbst 1905 von dem Schlesischen
Museum für Kunstgewerbe und Altertümer veranstaltete
Goldschmiedeausstellung gegeben, welche durch ihre
Reichhaltigkeit weit über die Grenzen der Provinz hinaus
Aufsehen erregte und zum erstenmal die Bedeutung Bres-
laus im späteren Mittelalter und in der Renaissancezeit als
Goldschmiedestadt und Versorgerin weiter Gebiete des
Ostens mit Edelschmiedearbeiten dartat. Durch die Be-
nutzung aller erreichbaren Quellen — wobei allerdings die
sorgfältigen Repertore des Breslauer Stadtarchivs wesent-
liche Erleichterungen boten — ist es dem Verfasser ge-
lungen, die Geschichte der Breslauer Goldschmiedeinnung
von den ersten Zeiten an klarzustellen, ebenso über den
Feingehalt und die Stempelung alles Wissenswerte zu er-
mitteln. Die Untersuchungen haben sich zum Teil auch
auf nicht zur Innung gehörige Meister ausgedehnt. So ist
es dem Verfasser gelungen, viele hundert Meisternamen
in fast lückenloser Folge zusammenzustellen, über die
Lebensumstände ihrer Träger Angaben zu machen und sie
in vielen Fällen mit Sicherheit oder größter Wahrschein-
lichkeit mit von ihnen geschaffenen Arbeiten in Verbindung
zu bringen. Es ist unseres Wissens in der betreffenden
Spezialliteratur kein Werk vorhanden, das mit so reich-
haltigem Material und auf so gesicherten Grundlagen es
unternimmt, überlieferte Namen an auf uns gekommenen
Werken und deren Bezeichnungen anzuknüpfen. Ander-
wärts stehen in den meisten Fällen nur entweder leere
Namen oder Arbeiten mit nicht deutbaren Stempeln zur
Verfügung. Freilich, auch für Breslau bleibt die Mehrzahl
der mittelalterlichen Werke namenlos, so die treffliche
Monstranz aus Ratibor, bez. 1495, das eigenartige Kopf-
reliquiar der hl. Dorothea mit Drahtemailverzierung der

1) Eine archivalische Studie von Erwin Hintze. Her-
ausgegeben vom Verein für das Museum Schlesischer
Altertümer. Breslau 1906. Kommissionsverlag von K. W.
Hiersemann in Leipzig.

Kunslgewcrbeblatt. N. F. XVIII. H. 6

Krone. Hingegen treten im 16. Jahrhundert Meister auf,
wie Paul Nilsch und sein Sohn Fabian Nitsch, Kaspar
Pfister und andere, deren Werke den besten Erzeugnissen
der Nürnberger Goldschmiede unbedenklich an die Seite
gestellt werden können. Der Breslauer Donischatz ver-
wahrt von den beiden zuerst genannten Meistern erst-
klassige Arbeiten; so von Paul Nitsch die im Auftrag des
kunstliebenden Bischofs Andreas Jerin um 1590 geschaffenen
Heiligenfiguren für den Hochaltar des Breslauer Doms
und eine prächtige Lavabokanne nebst Schüssel. Ein über-
aus reiches und kunstvoll gearbeitetes Werk des Fabian
Nitsch ist das mit Email, Filigran und Steinen verzierte
Altarkreuz des Breslauer Doms. Vorzüglich und im Aus-
druck des Todes ergreifend ist das mit 1571 bezeichnete
Johannishaupt aus der katholischen Kirche zu Ratibor.
Aus dem 17. und 18. Jahrhundert treten namentlich die
Namen Christian Mentzel d. Ä. (Monstranz aus Heinrichau),
Tobias Schür, Christian Lammer, Matthias Sbarasky (Büste
der Kaiserin Helena); endlich Tobias Plackwitz (Büste des
hl. Vincentius von 1721) hervor.

Dankenswert ist die Beigabe von vier Lichtdrucktafeln
mit Beschauzeichen in chronologischer Folge, Stempel-
meisterbuchstaben und Meisterzeichen, in 2'/Jacher Ver-
größerung nach den Originalen photographiert.

Allerdings wird man nicht alle Zuteilungen als ein-
wandfrei bezeichnen dürfen. Zweifel, die dem Verfasser
selbst schon aufgestoßen sind, wie z. B. bei dem soge-
nannten Brieger- und dem Riebisch-Becher (angeblich
Franz Bartel1), bei Hans Strich und Hans Haupt sind in
den Tafeln durch ein beigesetztes Fragezeichen kenntlich
gemacht. Aber auch bei anderen, sicher auftretenden,
allerdings auf Rosenberg, Epstein oder den Ausstellungs-
katalog zurückgehenden Zuteilungen sind Zweifel erlaubt.
Nicht nur bei Meistern nahestehender Zeitperioden, die
gleiche Anfangsbuchstaben des Vor- und Familiennamens

1) Ich neige dazu, in dem Monogramm eine Ligatur
von W und W zu sehen und dieses auf Wenczel Gold-
schmidt d. J. 1530—1544 zu beziehen, dessen Name an-
scheinend in der noch nicht sicher entzifferten Inschrift
des Brieger Bechers enthalten ist. S. Kat. d. Ausst. in
Budapest 1884, S. 151, 154. Ich lese die Inschrift als

Wenzeßlaus De.....(folgt ein undeutlicher Städtename,

-»Leschen.«. [?] vielleicht Lissa). Bei den beiden Gold-
 
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