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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 18.1906-1907

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Ritleng, Georges: Die Entwicklung des Kunstgewerbes in Elsass-Lothringen seit 1870
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https://doi.org/10.11588/diglit.4869#0230

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222 DIE ENTWICKELUNQ DES KUNSTGEWERBES IN ELSASS-LOTHRINGEN SEIT 1870

gefaßten Verglasungen die von Braunagel-Camissar,
deren Vorzüge breite Wirkung, sichere ruhige Zeich-
nung, gute Farbenkontraste vereinen mit origineller
Auffassung charakteristischer Szenen aus dem elsäs-
sischen Leben, wie sie Braunagel mit so viel Frische
und Humor zeichnet, ohne Überfüllung mit unnötigen
Verbleiungen. — Im Kunsthaus treffen wir ferner die
zwei Brüder von Zschock, die Urheber so vieler origi-
neller Schöpfungen und gediegener Ausführungen auf
dem Gebiete der Kunstschlosserei. Da war viel zu
bessern und zu sanieren, besonders an Sachen, die
für modern galten, deren Formen indessen dem
Material nicht angepaßt waren: Blumen, Ranken,
Dornen aus Eisen gezogen, gewunden, gepreßt, ge-
trieben, genietet, geschweißt! Wehe dem Besitzer
eines solchen »modernen«, dazu noch unerschwing-
lich teuren Blumentisches oder Gitters, wehe seinen
Kleidern, seinem Haus und der zarten Haut seiner
Kinder! Das Eisen ist nicht dazu geschaffen, damit
»affenhaft« geschickte Schlosser zeigen mögen, wie
willig es sich zu allen möglichen und unmöglichen
Dingen mittels Feuer, Hammer und einer Rüstkammer
komplizierten Werkzeugs gestalten läßt. Virtuosen-
bluffe und Kunststücke bedeuten auch im Kunst-
gewerbe immer noch keine Kunstwerke. Von allen
diesen Mängeln finden wir keine an Werken, die
von Zschock signiert sind. Das rasche Aufblühen
ihrer Werkstatt beweist die Vitalität ihrer Arbeits-
prinzipien. — Mit der Aufzählung dieser hauptsäch-
lichen Werkstätten soll die Zahl der Pioniere auf
neuen Bahnen nicht erschöpft sein. Viele größere
kunstgewerbliche Betriebe des Landes, wie J. J. Graf
in Gebweiler, Klemm in Kolmar, die Kristallwaren-
fabrik in Valleristal, Utzschneider in Saargemünd, die

Steinguttöpfer in Betschdorf wollen in ihren Erzeug-
nissen das Beste im Sinne moderner Bestrebungen
geben.

Hauptfaktoren zur Hebung des Geschmacks der
Handwerker, zur Heranbildung eines tüchtigen jün-
geren Nachwuchses bilden einerseits die Museen,
andererseits die Kunstgewerbeschulen. In einer sehr
bemerkenswerten Abhandlung über »die Verwaltung
künstlerischer Angelegenheiten in Elsaß-Lothringens
schrieb jüngst der Abgeordnete Anselme Laugel, ein
geschätzter Kenner solcher Dinge: »In bezug auf das
Kunstgewerbe halte ich es für die Aufgabe des Straß-
burger Hohenlohe-Museums, uns über die älteren
Kunstindustrien unseres Landes ein möglichst voll-
ständiges Studienmaterial zusammenzutragen. Wir
sollten dort z. B. die Entwicklung der keramischen
Industrie eingehend studieren können, so in Erzeug-
nissen der berühmten Familie Hannong. Die ehe-
malige Kollektion Ritleng, deren Geschirre für das
Kunstgewerbemuseum erworben wurden, bildet wohl
eine ganze Anzahl schöner Stücke, doch reichen diese
nicht hin, um daran die Geschichte dieses wichtigen
Industriezweiges verfolgen zu können. Wenn man
im Metzer Museum den gleichen Gedanken durch-
führt, indem man einige Schränke voll charakteristischer
Erzeugnisse von Niederweiler und Saargemünd sammelt,
so können wir dem nur freudig zustimmen. Ich hielte
es sogar für angebracht, daß unser anspruchsloses
Sufflenheim dabei nicht vergessen werde, und stehe
ich nicht an, einem kleinen Museum an Ort und
Stelle das Wort zu reden, wo Proben der lokalen
Tonwarenindustrie aus älterer und neuerer Zeit zu
vereinigen wären. Ein solches kleines Museum würde
weit nützlicher sein, als die kostspielige Gründung

Elchinger, Sufflenheim

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