Der Kunstmarkt
Wochenschrift für Kenner und Sammler
Herausgegeben u. verlegt von E. A. SEEMANN, Leipzig, Querstrasse No. 13
rjrjrjrjrjrjrjri Beiblatt der Zeitschrift für bildende Kunst rj na na rj ns rj rj rj
II. Jahrgang 1904/1905 Nr. 10. 9. Dezember
Der Kunstmarkt erscheint am Freitage jeder Woche (mit Ausnahme der drei Sommermonate, in denen er nur je einmal erscheint) und kostet 4 M.
jährlich (40 Nummern). Bei Bezug unter Kreuzband, direkt von der Verlagsbuchhandlung, beträgt der jahrespreis 6 M. Abonnenten der Zeit-
schrift für bildende Kunst erhalten den Kunstmarkt kostenfrei. Anzeigenpreis 30 Pf. für die einspaltige Petitzeile. Redaktionsschluß Montag früh.
BEVORSTEHENDE AUKTIONEN
*7.-12. Dezember. Gemäldesalon Venezia, Wien.
Gemälde und Bronzen. Sammlung Mich.
Günsburg und Wiener Privatbesitz.
*12.-17. u. 20.—22. Dezember. J. M. Heberle, Köln.
Antiquitäten, Kunstsachen, Gemälde usw.
ans den Sammlungen Metz und Montag.
*12.-14. u. 20. Dezember. R. Bangel, Frankfurt a. M.
Gemälde, Kunstblätter, Antiquitäten, Por-
zellane, Stickereien, Teppiche u. a.
12. Dezember u. ff. Otto Helbing, München. Münzen,
Medaillen und numismatische Literatur.
13. Dezember. Rudolf Lepke, Berlin. Gemälde alter
und moderner Meister und Menzel-Samml.
13.—16. Dezember. Math* Lempertz, Bonn. Gemälde
älterer und neuerer Meister und Antiqui-
täten. Nachlaß Pastor Vinken - Schwarz-
rheinsdorf und C . . B . ., Bonn.
*14.—15. Dezember. E. Hirschler & Co., Wien. Ölge-
mälde, Aquarelle moderner Meister.
NEUIGKEITEN VOM KUNSTMARKTE
Die vier in dieser Nummer reproduzierten Gemälde
gehören den drei Sammlungen an, welche am 14.—15.
Dezember bei E. Hirschler & Co. in Wien zur Ver-
steigerung kommen sollen. Es handelt sich um die Ge-
mäldesammlung eines Wiener Kunstfreundes, sodann um
die auf der Weltausstellung 1900 erworbene japanische Bilder-
folge — zuletzt im Besitze des Wiener k. k. technologischen
Gewerbemuseums — und schließlich um die Atelierbestände
des Malers Rubelli von Sturmfest, dessen Kunst durch eine
eingetretene Geistesumnachtung ein Ende gesetzt wurde.
Von den japanischen Gemälden finden wir auf der einen
Seite Künstler wie Takatori, Morohoshi und Tammesai-
Morisada in der traditionellen Auffassungsweise der Kake-
monos vertreten, dagegen begegnen wir auf der anderen
dem weitgehendsten Anpassungsvermögen japanischer
Kunst an europäische Technik und Naturbeobachtung.
Die Bilder dieser Abteilung entstammen sämtlich den letzten
vier Dezennien. Unter dem übrigen Bestand findet sich
ein Defregger-Mädchenbildnis, ein Grütznerscher Wein-
kenner, Landschaften von Ditscheiner, Jettei, Ruß und die
weichlichere Genreszene durch Buchner, Schramm, Schwe-
ninger und D. Israel vertreten. Den Beschluß bilden die
Seestücke Rubellis, deren Ergebnisse zugunsten des, wie
schon erwähnt, erkrankten Künstlers verwendet werden
sollen.
Das Antiquariat J. Halle-München hat in diesen
Tagen eine illustrierte Zusammenstellung seiner Neu-
erwerbungen an Manuskripten, Holzschnittbüchern, Kupfer-
werken und Inkunabeln als Katalog XXXIV herausgegeben,
aus deren 481 Nummern wir nachfolgend einige der an
Seltenheit und Wert in erster Reihe stehenden zitieren.
Im Vordergrund steht ein Pergamentmanuskript vlämischen
Ursprunges des 15. Jahrhunderts die »horae beatae Mariae
virginis« mit 9000 Mark. Der Band umfaßt 188 Blätter,
8 blattgroße und 28 kleinere Miniaturen in Gold und poly-
chromer Ausführung. Die Darstellungen der Miniaturen
sind durchweg religiöser Tendenz und bewegen sich hin-
sichtlich der Zeit innerhalb der Lebens- und Leidens-
geschichte Christi, hingegen die Bordüren religiösen und
profanen Stoff wechseln und so auf der einen Seite in
alt- und neutestamentliches Gebiet führen, auf der anderen
die Zeit des Ritter- und Minnedienstes berühren. Die
äußere Fassung ist ein ornamentierter Lederholzeinband
aus gleicher Zeit, dessen innerer Deckel die Namen
»Alberto Duro«, »Pietro Perugino« führt. Ein zweites
Exemplar, Pergamentmanuskript mit 18 großen Miniaturen,
zahlreichen Bordüren und Initialen, wird mit 1800 M. an-
geboten. 116 Blatt in violettem Samtband mit silbernen
Schließen aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts,
deren Text sich aus einem Kalendarium, Simbolum Atha-
nasii, einer oratio de dominica nostra, und schließlich den
eigentlichen Horae zusammensetzt. Den Schluß bilden
neun Gebete zu Maria in französischer Sprache. Hierauf ein
livre d’heures des 15. Jahrhunderts mit 4250 M. und an
vierter Stelle ein Manuskript in deutscher Sprache und aus
gleicher Zeit: »Der Spiegel menschlicher Behaltnuß«. Es
sind 24 Blatt zu je zwei Spalten ä 35—41 Linien, das
Bruchstück einer Handschrift, die allen Anhaltspunkten
nach auf eine gemeinsame Quelle der 1476 bei Sorg in
Augsburg erschienenen gedruckten Ausgabe gleichen Textes
zurückzuführen ist — (3875 M.).
Unter dem übrigen Manuskriptbestand finden sich noch
eine lateinische Bibel aus dem Ende des 13. oder Anfang
des 14. Jahrhunderts, mit einem Vorwort des heiligen
Jerome (800 M) und ein Manuskript des 15. Jahrhunderts
aus dem Besitz einer Neapeler Familie: Gafori, Laudensis
Wochenschrift für Kenner und Sammler
Herausgegeben u. verlegt von E. A. SEEMANN, Leipzig, Querstrasse No. 13
rjrjrjrjrjrjrjri Beiblatt der Zeitschrift für bildende Kunst rj na na rj ns rj rj rj
II. Jahrgang 1904/1905 Nr. 10. 9. Dezember
Der Kunstmarkt erscheint am Freitage jeder Woche (mit Ausnahme der drei Sommermonate, in denen er nur je einmal erscheint) und kostet 4 M.
jährlich (40 Nummern). Bei Bezug unter Kreuzband, direkt von der Verlagsbuchhandlung, beträgt der jahrespreis 6 M. Abonnenten der Zeit-
schrift für bildende Kunst erhalten den Kunstmarkt kostenfrei. Anzeigenpreis 30 Pf. für die einspaltige Petitzeile. Redaktionsschluß Montag früh.
BEVORSTEHENDE AUKTIONEN
*7.-12. Dezember. Gemäldesalon Venezia, Wien.
Gemälde und Bronzen. Sammlung Mich.
Günsburg und Wiener Privatbesitz.
*12.-17. u. 20.—22. Dezember. J. M. Heberle, Köln.
Antiquitäten, Kunstsachen, Gemälde usw.
ans den Sammlungen Metz und Montag.
*12.-14. u. 20. Dezember. R. Bangel, Frankfurt a. M.
Gemälde, Kunstblätter, Antiquitäten, Por-
zellane, Stickereien, Teppiche u. a.
12. Dezember u. ff. Otto Helbing, München. Münzen,
Medaillen und numismatische Literatur.
13. Dezember. Rudolf Lepke, Berlin. Gemälde alter
und moderner Meister und Menzel-Samml.
13.—16. Dezember. Math* Lempertz, Bonn. Gemälde
älterer und neuerer Meister und Antiqui-
täten. Nachlaß Pastor Vinken - Schwarz-
rheinsdorf und C . . B . ., Bonn.
*14.—15. Dezember. E. Hirschler & Co., Wien. Ölge-
mälde, Aquarelle moderner Meister.
NEUIGKEITEN VOM KUNSTMARKTE
Die vier in dieser Nummer reproduzierten Gemälde
gehören den drei Sammlungen an, welche am 14.—15.
Dezember bei E. Hirschler & Co. in Wien zur Ver-
steigerung kommen sollen. Es handelt sich um die Ge-
mäldesammlung eines Wiener Kunstfreundes, sodann um
die auf der Weltausstellung 1900 erworbene japanische Bilder-
folge — zuletzt im Besitze des Wiener k. k. technologischen
Gewerbemuseums — und schließlich um die Atelierbestände
des Malers Rubelli von Sturmfest, dessen Kunst durch eine
eingetretene Geistesumnachtung ein Ende gesetzt wurde.
Von den japanischen Gemälden finden wir auf der einen
Seite Künstler wie Takatori, Morohoshi und Tammesai-
Morisada in der traditionellen Auffassungsweise der Kake-
monos vertreten, dagegen begegnen wir auf der anderen
dem weitgehendsten Anpassungsvermögen japanischer
Kunst an europäische Technik und Naturbeobachtung.
Die Bilder dieser Abteilung entstammen sämtlich den letzten
vier Dezennien. Unter dem übrigen Bestand findet sich
ein Defregger-Mädchenbildnis, ein Grütznerscher Wein-
kenner, Landschaften von Ditscheiner, Jettei, Ruß und die
weichlichere Genreszene durch Buchner, Schramm, Schwe-
ninger und D. Israel vertreten. Den Beschluß bilden die
Seestücke Rubellis, deren Ergebnisse zugunsten des, wie
schon erwähnt, erkrankten Künstlers verwendet werden
sollen.
Das Antiquariat J. Halle-München hat in diesen
Tagen eine illustrierte Zusammenstellung seiner Neu-
erwerbungen an Manuskripten, Holzschnittbüchern, Kupfer-
werken und Inkunabeln als Katalog XXXIV herausgegeben,
aus deren 481 Nummern wir nachfolgend einige der an
Seltenheit und Wert in erster Reihe stehenden zitieren.
Im Vordergrund steht ein Pergamentmanuskript vlämischen
Ursprunges des 15. Jahrhunderts die »horae beatae Mariae
virginis« mit 9000 Mark. Der Band umfaßt 188 Blätter,
8 blattgroße und 28 kleinere Miniaturen in Gold und poly-
chromer Ausführung. Die Darstellungen der Miniaturen
sind durchweg religiöser Tendenz und bewegen sich hin-
sichtlich der Zeit innerhalb der Lebens- und Leidens-
geschichte Christi, hingegen die Bordüren religiösen und
profanen Stoff wechseln und so auf der einen Seite in
alt- und neutestamentliches Gebiet führen, auf der anderen
die Zeit des Ritter- und Minnedienstes berühren. Die
äußere Fassung ist ein ornamentierter Lederholzeinband
aus gleicher Zeit, dessen innerer Deckel die Namen
»Alberto Duro«, »Pietro Perugino« führt. Ein zweites
Exemplar, Pergamentmanuskript mit 18 großen Miniaturen,
zahlreichen Bordüren und Initialen, wird mit 1800 M. an-
geboten. 116 Blatt in violettem Samtband mit silbernen
Schließen aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts,
deren Text sich aus einem Kalendarium, Simbolum Atha-
nasii, einer oratio de dominica nostra, und schließlich den
eigentlichen Horae zusammensetzt. Den Schluß bilden
neun Gebete zu Maria in französischer Sprache. Hierauf ein
livre d’heures des 15. Jahrhunderts mit 4250 M. und an
vierter Stelle ein Manuskript in deutscher Sprache und aus
gleicher Zeit: »Der Spiegel menschlicher Behaltnuß«. Es
sind 24 Blatt zu je zwei Spalten ä 35—41 Linien, das
Bruchstück einer Handschrift, die allen Anhaltspunkten
nach auf eine gemeinsame Quelle der 1476 bei Sorg in
Augsburg erschienenen gedruckten Ausgabe gleichen Textes
zurückzuführen ist — (3875 M.).
Unter dem übrigen Manuskriptbestand finden sich noch
eine lateinische Bibel aus dem Ende des 13. oder Anfang
des 14. Jahrhunderts, mit einem Vorwort des heiligen
Jerome (800 M) und ein Manuskript des 15. Jahrhunderts
aus dem Besitz einer Neapeler Familie: Gafori, Laudensis