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Der Kunstmarkt

Wochenschrift für Kenner und Sammler
Herausgegeben u. verlegt von E. A. SEEMANN, Leipzig, Querstrasse No. 13
nununananunununa Beiblatt der Zeitschrift für bildende Kunst KicMnanunurejnarej
II. Jahrgang 1904/1905 Nr. 13. 30. Dezember
Der Kunstmarkt erscheint am Freitage jeder Woche (mit Ausnahme der drei Sommermonate, in denen er nur je einmal erscheint) und kostet 4 M.
jährlich (40 Nummern). Bei Bezug unter Kreuzband, direkt von der Verlagsbuchhandlung, beträgt der [ahrespreis 6 M. Abonnenten der Zeit-
schrift für bildende Kunst erhalten den Kunstmarkt kostenfrei. Anzeigenpreis 30 Pf. für die einspaltige Petitzeile. Redaktionsschluß Montag früh.
DIE AUKTION DER SAMMLUNGEN DES SCHLOSSES MILTENBERG A. M.
(vergleiche Vorbericht in Nr. 8 vom 25. November)

Die Versteigerung hat infolge lebhafter Beteiligung von
Händlern und Privatinteressenten Preise ergeben, die mit dem
durchschnittlich mittelmäßigen Werte der Sammlung kaum in
Einklang zu bringen sind. Das Hauptinteresse konzentrierte
sich neben Tiepolo auf die Madonna von Herman tom
Ring. Die Darstellung zeigt sie in Halbfigur hinter einer
Brüstung, mit der linken Hand den sitzenden Knaben
haltend. Mit der Rechten
reicht sie ihm von einem zur
Seite stehenden Teller eine
Kirsche, während das Kind
selbst eine Lilie hält. Obschon
stark verwaschen, erzielte das
Bild noch 2310 Mark und ging
in auswärtigen Besitz über.
DenzweitenHauptanziehungs-
punkt bildete, wie zu erwarten
war, Tiepolos »Nilfahrt der
Kleopatra«. Das Bild wurde
von Seligsberger-Würzburg für
3520 M. erworben. Wir sehen
Kleopatra, von Antonius und
einem Teil des Gefolges zu
Fuß und zu Roß geleitet, im
Begriff, den Schiffstieg zu
betreten, auf dem ihnen ein
greiser Mann in fürstlicher
Gewandung mit einem Kna-
ben entgegenkommt. Das
Bild war bereits 1896 auf der
Tiepoloausstellung in Würz-
burg vertreten und stammt aus
Privathand. Unter den übrigen
Gemälden älterer Schule sind
allenfalls nennenswert Nr.
381/82 Jacopo da Ponte, der
Obstmarkt und der Gemüsemarkt (Lwd. 132x200) je 990 M.;
Nr. 412 Jean Siberechts, Flußlandschaft (Lwd. 85X114)
und 413, Waldlandschaft (Lwd. 84X113) 990 und 880 M.;
Nr. 473/74zwei Stilleben von G. Verbruggen (Lwd. je 156X112)
845 M. und als verhältnismäßig gut bezahlt außerdem zu
bezeichnen die beiden Stilleben von Adriaenssen (570 M.),
zwei religiöse Darstellungen des Meisters von der heiligen
Sippe mit 935 und vier Surportenbilder unbekannten Ur-
sprungs mit 1050 M. Unter den Antiquitäten könnten
wohl als interessant, der für Nr. 199, einen geschnitzten
romanischen Engel (beschädigt) gezahlte Preis von 1770 M.

und das Ergebnis der beiden gotischen Glasscheiben
(Nr. 73/74) mit 700 M. genannt werden. Unter den übrigen
Nummern brachten die drei Stücke, Nr. 104: ein Schwert
mit in Eisen geschnittenem Knauf und gravierter Klinge,
Nr. 154: ein kleiner Renaissancealtar (87x50 cm) und Nr.
198: acht polychromierte Holzreliefs je 560 M. — Aus
dem am 5. Dezember versteigerten zweiten Teile der
Sammlung erwarb die baye-
rische Staatsbibliothek für
3745 M. das Manuskript der
»Meistergesänge« von Hans
Foltz. Der Band — früher
im Besitze des Nürnberger
Bibliothekars Wolfgang Pan-
zer — stammt aus der zweiten
Hälfte des 15. Jahrhunderts
(ca. 1470) und enthält auf
168 Blatt gegen 100 eigen-
händig geschriebene Meister-
lieder, die in einem alpha-
betischen Register auf 6 Blatt
nochmals zusammengefaßt
sind. Ein anderes Manuskript
aus dem ehemaligen Besitze
Panzers »Der Renner von
Hugo vom Trimberg«, ein
Lehrgedicht von ca. 25000
Versen aus dem Beginn des
15. Jahrhunderts, wurde mit
1650 M. bezahlt. Außerdem
erzielte unter den Handschrif-
ten und Büchern ein Wap-
penbuch aus dem 15. Jahr-
hundert — Papierhandschrift
mit circa 1500 kolorierten
Wappen vorwiegend süddeut-
schen Adels — 1485 M.; ein Stammbuch Friedrichs von
Wolframsdorf mit 41 gemalten Wappen 660 und ein Anti-
phonarium, Pergamenthandschrift von 178 Blatt, aus der
Zeit um 1500 247 M. Unter den Stichen und Zeichnungen
schließlich eine interessante Federzeichnung von Lukas
Cranach 313,50 M.; desgleichen von Albrecht Dürer, ein
Bruchstück aus einer Kreuzigung 264 M. und 17 Ansichten
alter Stadtteile in Aquarell und Deckfarben 269,50 M.
Die nebenstehend reproduzierte Federzeichnung ent-
stammt einer Papierhandschrift aus der Zeit von ca. 1400
bis 1420, welche mit 501 M. zur Versteigerung kam.
 
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