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150

DER KUNSTMARKT

Kat. Nr. Mark
66 Morando, Bildnis eines Ritters. Das sehr effekt-
volle Porträt war als »Giorgione« auf der Mün-
chener Renaissance-Ausstellung vor wenigen
Jahren. Die Bezeichnung »Morando« hat manches
für sich, ist aber nicht durchaus überzeugend 10800
70 Aart v. d. Neer, Flußlandschaft. Echt und recht

gut. Der Preis relativ niedrig.4010
71 Derselbe, Mondscheinlandschaft. Ebenfalls ein-
wandsfrei und billig.2600
77 Is. v. Ostade, Im Kuhstall. Echt, aber leer und
unglücklich komponiert . . . ,.2240
83 Reynolds, Bildnis des jungen Althorp. Das
koloristisch eigenartige Bildnis wurde auffallend
niedrig bewertet.2500

103/104 Jan Steen, Die fette und die magere Küche,
Gegenstücke. Interessante Kompositionen, in
denen der stets überraschende Meister ein
Bruegel-Motiv aufgenommen hat. Gute Qualität,
geistreiche Malerei bei geringer Farbigkeit.
Die Darstellungen freilich wenig anmutend.
Deshalb wohl wurden die reichen Bilder recht
niedrig bewertet. Für ein Museum, etwa für

das Museum in Leiden, wären sie keine üble
Erwerbung.14000
94 Jac. Ruisdael, Felsige Landschaft. Echt, aber
schlecht erhalten. 1370
95 Derselbe, Waldlandschaft. Ebenfalls echt bei
üblem Zustand.6700
114 Velazquez, Geflügel. Der große Name schwer-
lich aufrecht zu erhalten, immerhin ein famoses
Stück Malerei von eigenartiger Anordnung und
pointierter Färbung.3010
11g C. de Vos, Familienbildnis. Wirkungsvoll und
glücklich komponierte Gruppe. Nicht von Cor-
nelis de Vos, sondern von einem anderen,
etwa gleichzeitigen Vlamen.12000


Meister C. C. Claude Corneille, Lukretia
Nr. 791 der Verst. Amsler & Ruthardt vom 17. April

Die Firma Sotheby in London verkaufte kürzlich
freihändig für einen ihrer Kunden fünf prachtvoll innerlich
und äußerlich ausgestattete Bücher für den Preis von
400000 M. Ursprünglich befanden sich diese Bände in
der durch Guglielmo Libri angelegten und besonders noch
durch ihre hochkünstlerisch ausgestatteten Metalleinbände
ausgezeichneten Sammlung. Sie sind sämtlich in Faksimile
in Libris hervorragendem Werk »Monuments inedits ou
peu connus, faisant partie du cabinet G. Libri, et qui se
rapportent ä l’histoire des arts du dessin consideres dans
leurs application ä l’ornement des livres«, wiedergegeben,
das 1862 in der ersten und im Jahre 1864 mit vermehrten
Abbildungen in der zweiten Auflage erschien. Kurz nach
der Herausgabe der »Monuments inedits« wurden die hier
in Rede stehenden Bücher in einer Auktion bei Sotheby
von einem Sammler, in dessen Familie sie bis jetzt blieben,
für den Preis von 12600 M. erworben. Zu jener Zeit war
die genannte Summe als eine vollständig angemessene
bezeichnet worden.
Libri hatte es verstanden — man sagt auf nicht ganz
rechtmäßige Weise — eine große Anzahl der seltensten
mit Miniaturen versehenen, illuminierten und schön deko-
rierten Bücher in seinen Besitz zu bringen, die sich
außerdem durch ebenso kostbare wie kunstvolle Einbände
auszeichneten. Das älteste dieser Werke war bekannt als
»Evangeliarum«, ein Manuskript aus dem 6. Jahrhundert,
in Uncialbuchstaben geschrieben und sehr gut erhalten.
Dies Foliowerk, nur aus 18 Blättern bestehend, befindet
sich in einem silbervergoldeten, aus dem 10. oder 11. Jahr-
hundert stammenden Einband, der mit Cloisonne-Emails
in Basreliefs ornamentiert und mit Bergkristall ausgelegt ist.
Der zweite Band, ein »Evangeliarum« in Quartformat,
stammt aus dem 10. oder 11. Jahrhundert. Die Schrift
enthält das Evangelium Matthäus und Markus und ist mit
vortrefflichen Miniaturen dekoriert. Der silbervergoldete
Einband mit Perlen- und Edelsteinverzierungen versehen.
Die dritte Handschrift, »Menologium Sanctorum«, aus dem
11. Jahrhundert, zerfällt in zwei Teile, deren erster durch
Szenen der Geburt Christi illuminiert ist, während der
zweite, von einem anderen Schreiber angefertigt, eine
Sammlung von Ordensregeln enthält Der silbervergoldete
Einband ist reich mit Edelsteinen, Kameen und Emails
geschmückt.
Der in Quartformat aus dem 14. Jahrhundert stam-
mende Band »Liber Decretalium« befindet sich in einem
Einband von Gold aus derselben Epoche, der mit antiken
Kameen, Edelsteinen und im Mittelstück durch eine ge-
schnitzte Elfenbeinplatte mit Figuren verziert ist.
Das fünfte Buch endlich, ein schön illuminiertes Manu-
skript, Quart, aus dem 11. Jahrhundert, bekannt unter dem
Titel »Vitae Sanctorum«, ist gleichfalls von einem silber-
vergoldeten Einband umschlossen, der derselben Periode
angehört, und durch antike Emails ebenso reich wie künst-
lerisch geschmackvoll dekoriert.
Libri wurde ungefähr 1803 geboren und infolge Oppo-
sition gegen die österreichische Regierung gezwungen,
sein Heimatland zu verlassen und in Frankreich Schutz zu
suchen. Hier gelang es ihm demnächst, in den mit Kunst
und Wissenschaft in Verbindung stehenden Kreisen eine
hervorragende Stellung einzunehmen. Sein Name »Libri«
scheint ein prädestinierter gewesen zu sein. Der volle Titel
des Grafen lautet übrigens »Guglielmo Bruto ZciloTimoleone,
Conte Libri Carrucci della Sommaia« und gab durch die
Übersetzung von »Libri Carrucci« Veranlassung zu dem
Bonmot »Wagenladungen von Büchern«. Während seines
Aufenthaltes in England (1850—1868) ließ er durch die
Firma Puttick & Simpson 16 oder 17 anonyme Auktionen
veranstalten. Libri starb 1869 in Fiesoie. o. v. Schleinitz.
 
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