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Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner u. Sammler — 10.1913

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Nr. 5 (1. November 1912)
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DER KUNSTMARKT

43

Julius Schnorr von Carolsfeld. Mädchenakt. Sepia und Blei. 38 : 24,5 cm
(Von der Versteig, der Smlg. Flinsch u. a. bei C. Q. Boerner in Leipzig, 29. u. 30. Nov.)


Die Abteilung Moritz von Schwind stammt
aus dem Besitz des unlängst verstorbenen
Schwind-Schülers Prof. Julius Naue in München.
Alle diese Stücke sind direkt aus Schwinds
Besitz in den Naues übergegangen. Neben
einer Fülle köstlicher Zeichnungen und Aqua-
relle sind drei große Originalkartons zum
»Sängerkrieg auf derWartburg« undzum »Vater
Rhein« vorhanden. Unter den Federzeich-
nungen ist »Lachners Liebesleben« das schönste
Stück derberühmtenLachner-Rolle, die Schwind
1862 zum 25 jährigen Jubiläum seines Freundes
gezeichnet hat, dessen Lebenslauf in humo-
ristischen Darstellungen veranschaulichend. —
Eine glänzende Chodowiecki-Samtnlung aus
HamburgerPrivatbesitz, fein ausgeführteKreide-
und Bleistiftzeichnungen, darunter ein inter-
essantes Selbstporträt, viele originelle Entwürfe,
ein Blatt mit zehn humoristischen Porträt-
skizzen usw., wird eingeleitet durch eine große
Korrespondenz von und an Chodowiecki.
Unter den übrigen Zeichnungen und Aqua-
rellen des 19. Jahrhunderts aus Flinschs Besitz
seien folgende Namen als besonders bemer-
kenswert erwähnt: Peter Cornelius, Daniel
Caffe (der jetzt wiederauf der Leipziger Porträt-
Ausstellung bewunderte Maler mit zwei seiner
besten Pastelle), Anselm Feuerbach mit meh-
reren wunderbaren farbigen Kreidezeichnungen,
darunter eine Studie zur »Iphigenie«, Führich,
Oenelli, Joseph Anton Klein, Joseph Anton Koch,
Franz Krüger, Olivier, Friedrich Preller, Alfred
Rethel, Schnorr'von Carolsfeld, Spekter, Spitz-
weg, Eduard von Steinle. Namentlich Julius
Schnorr von Carolsfeld ist glänzend ver-
treten. Der lauschend vorgebeugte Mädchen-
akt, den wir abbilden, ein Stück von größter
Formenschönheit, zeigt die hohe Qualität der
über neunzig von diesem Künstler vorhandenen
Blätter. Von Karl Spitzweg finden wir drei
originelle, charakteristische Bleistiftstudien, die
heiligen drei Könige, ein stehender Türke und
ein kleiner Mann mit Schlafrock und Zipfel-
mütze. Eduard von Steinle ist unter anderem
mit der sitzenden Madonna vertreten, die er
1846 für den päpstlichen Nuntius Monsignore
ViaPrela geschaffen hat, eine bedeutende voll-
kommen ausgeführte Aquarelle. Eine subtile
Bleistiftzeichnung, ebenfalls aus frühester Zeit,
ist die Anbetung des Jesuskindes. Eine kleine
Sammlung von Ölbildern, darunter auch ein
kleiner Delacroix, beschließt die Sammlung aufs Glücklichste.
Der Katalog 110, nicht minder prächtig ausgestattet,
enthält 17 farbige und 40 schwarze Tafeln. Er verzeichnet
eine Sammlung von Miniaturen und wertvollen Manu-
skripten des Mittelalters, darunter als Hauptstück eine
Chronik des Rudolf von Ems vom Jahre 1402, süddeutsch
(bayrisch). Wie bekannt hat Rudolf von Ems (um 1250)
das alte Testament bis zum Tode Salomonis in deutsche
Reime umgedichtet und die biblische Geschichte mit der
der Heiden vermischt. Der hier vorliegende Kodex enthält
die ältere Rezension. Durch 281 hervorragende farbige
Zeichnungen ist er vielleicht die am reichsten illustrierte
Handschrift dieser Weltchronik. Die Bilder sind flott
entworfen und ausgemalt. Es ist ein hervorragend in-
teressantes und wertvolles Stück und in Anbetracht der
frühen Zeit ein Dokument deutscher Kunst von seltenster
Art. Ein Missale mixtum vom Jahre 1250, in Nieder-

österreich entstanden, zeigt ebenfalls prachtvolle Miniaturen
und ornamentierte Initialen.
Die zweite Abteilung dieses Kataloges verzeichnet die
Sammlung eines Kunsthistorikers. Sie enthält in der Haupt-
sache Handzeichnungen des 15. —16. Jahrhunderts,
sowie eine Anzahl niederländischer Zeichnungen des 17.
und einzelne französische Zeichnungen des 18. Jahrhunderts.
Von hervorragenden Namen seien erwähnt: Hans Boi,
Frangois Boucher, Dirk Bouts, Donato Bramante, Breughel,
Canaletto, Petrus Cristus, van Dyck, dann eine große Samm-
lung von Entwürfen für Glasfenster aus dem 15. und 16. Jahr-
hundert, darunter eine prachtvolle Zeichnung von Mabuse
und ein vierpaßförmiger Scheibenriß vom Meister des
Wolfeggschen Hausbuches, den Professor Felix Becker
im Juniheft 1912 unserer »Zeitschrift für bildende Kunst«
unter Beigabe einer Abbildung ausführlich beschrieben hat.
Es finden sich ferner eine prachtvolle Handzeichnung von
 
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