DER KUNSTMARKT
71
VERSUCHE IN DER BEHANDLUNG ALTER
HOLZSCHNITZEREIEN UND MALEREIEN AUF
HOLZ.
Vom Maler C. Jantsch.
Seit einem Jahrzehnt von der Kgl. Sächsischen
Kommission zur Erhaltung der Kunstdenkmäler in
deren Werkstatt mit Arbeiten zur Erhaltung alter Kunst-
werke beschäftigt, hatte ich Gelegenheit zu Versuchen
und, daraus sich sammelnd, Erfahrungen. Teils lautet
der Auftrag der Kommission dahin, die Kunstwerke
vollständig zu restaurieren, das heißt, sie so weit als
möglich in den Zustand zu versetzen, in dem sie
ursprünglich aus der Hand des alten Meisters hervor-
gingen, teils dahin, den Zustand festzuhalten, in dem
sie sich jetzt befinden, sie vor weiterem Verfall durch
Mittel zu erhalten, die das Äußere so wenig als
möglich verändern. Solche Kunstwerke zeigen dann
zumeist die Spuren ihres Alters in einer Weise, die
sie zur Aufstellung in Kirchen und. an ähnlichen
Orten nicht geeignet erscheinen lassen. Sie werden
häufig an Museen abgegeben, deren Zwecke ja in
erster Linie die Erhaltung und die Zuführung an die
wissenschaftliche Forschung ist. Im Sprachgebrauch
der Kommission wird eine solche Bearbeitung als
»museumsgerecht« bezeichnet.
Wenn ich hier mich über meine Erfahrungen
bei den Arbeiten zur Erhaltung von mittelalterlichen
Holzschnitzereien äußere, so geschieht dies nicht, weil
ich meine, nun zum letzten Ende in dieser Angelegen-
heit gekommen zu sein, von dem aus keine Ver-
besserung mehr möglich sei, sondern weil ich meine,
sich auf zehn Jahre erstreckenden Erfahrungen nieder-
legen möchte, zu zeigen, daß auf diesem Gebiete
mancherlei Versuche gemacht wurden. Ich hoffe,
daß meine Studien für Manchen, sich auf gleichem
Gebiete Betätigenden, anregend sein werden.
Ich will zuerst über die Erhaltung von Holzfiguren
sprechen, die im Holze gesund sind, dann über solche,
die vom Wurme arg mitgenommen sind, um zum
Schlüsse mich über auf Holz gemalte Bilder auszu-
lassen.
Im allerseltensten Falle gelangen Holzschnitzereien
der romanischen und gotischen Periode in Malerei
und Vergoldung vollständig erhalten auf uns, dazu
müßte das Werk schon von jeher als hervorragend
wertvoll angesehen und besonders pfleglich behandelt
worden sein. Kriege haben vieles beschädigt, allzu-
orthodoxe Geistliche haben früher manches gute Werk
aus der Kirche auf den Kirchboden verbannt, wo die
Schuljugend nicht versäumt hat, ihrerseits Studien zu
machen; in feuchten, schlecht gelüfteten Kirchen sind
andere Kunstwerke heruntergekommen.
Die Schnitzereien, die nicht mehr ein ganzes Altar-
werk bilden und die so stark zerstört wurden, daß
es nicht mehr rätlich erscheint, sie wiederherzustellen,
müssen aber doch für Museen erhalten werden. Viel
Vergoldung und Malerei ist gemeiniglich nicht mehr
an ihnen zu finden, was durch die wenig pflegliche
Behandlung erklärlich ist. Der Kreidegrund ist durch
Luftfeuchtigkeit vielfach vom Holzuntergrunde gelöst,
so daß es leicht ist, ihn abzubröckeln.
Immer ist es aber von großem Werte, zu Studien-
zwecken die Farbenspuren zu erhalten; wenn man
auch durch Vergleich der Figuren aus verschiedenen
Jahrzehnten und Jahrhunderten weiß, welche Farbe
der Mantel, das Untergewand, kurz die Kleidung der
Heiligen hatte und haben mußte, um dem Volke
schon durch ihr Äußeres anzuzeigen, an wen der
Betende seine Gebete zur Erhörung richten mußte.
Aber es sind doch immerhin Unterschiede in der
Bemalung je nach Zeit und Gegend vorhanden,
Unterschiede, die der Wiederhersteller studieren und
kennen lernen muß, um zeit- und ortsrichtige Er-
gänzungen und Erneuerungen ausführen zu können.
Zu diesem Zwecke müssen namentlich die für Museen
bestimmten Schnitzereien so erhalten werden, wie sie
nach einer sorgfältigen Reinigung auf uns kamen.
Im Anfang der Restaurierungstätigkeit ging man davon
aus, durch Anftragen einer Wachsschicht die in ihrem
Zusammenhang gelöste Grundschicht festzukleben und
gleichzeitig durch den Überzug das fernere Eindringen
der Feuchtigkeit zu verhindern.
Die Vergoldung erhielt durch das heiße, ge-
schmolzen aufgetragene Wachs ein schönes Lustre,
aber auf die im Gegensatz zur Vergoldung matte, in
Leimfarbe ausgeführte, das Innenfutter der Gewan-
dungen ausdrückende Malerei hatte die Wachsbehand-
lung einen ungünstigen Einfluß. Am meisten kommt
ein in den Zeiten und Gegenden ganz unterschied-
liches Blau als Farbe für das Futter vor. Gerade
dieses Blau enthält so wenig Leimung, daß durch
das heiße Wachs sein Helligkeits- und Tonwert gänzlich
verändert wird.
Die anderen Farben, das Zinnoberrot, das Grün,
das Gelb und das Schwarz haben eine andere Leimung
erhalten oder halten diese besser fest, sie verändern
nicht allzusehr ihre Tonwerte.
Immerhin macht eine derartig behandelte Figur
nicht mehr den ursprünglichen Eindruck, sie kann
nicht mehr in gleichem Maße dem Studium der
Färbung, sondern nur dem der schnitztechnischen
Behandlung dienen.
Aber auch das von der Grundierung befreite Holz,
meist Linde, verändert sich durch das Wachs. Haben
die Feuchtigkeit, der Staub und der Unrat ihr Zer-
störungswerk weit genug betrieben, dann kann das
Holz alle Tonabstufungen von hell bis tiefschwarz
annehmen. Schön sieht eine derartige mit Wachs
behandelte Figur keinesfalls aus.
Um einen möglichst luftdichten und harten Über-
zug zu erhalten, gab man dem Wachs Zusätze von
Harzen, gewöhnlich von Kolophonium. Um so weniger
befriedigend war der Erfolg. Wenn auch die Figur
erwärmt wird, so erstarrt doch die Wachsschmelze
zu schnell, um tief genug einzudringen; man half sich
daher damit, daß man mit der Lötlampe die Auf-
tragung überging, oder man benutzte heiße Bügel-
eisen, um größere Beulen an den Grund anzulegen.
Daraus ergab sich aber ein ungleichmäßiges Eindringen
des Wachses. Der Überzug mußte daher mehrmals
aufgetragen werden.
Nun kann der Fall eintreten, daß eine Figur oder
ein Altarwerk später der vollständigen Wiederherstellung
71
VERSUCHE IN DER BEHANDLUNG ALTER
HOLZSCHNITZEREIEN UND MALEREIEN AUF
HOLZ.
Vom Maler C. Jantsch.
Seit einem Jahrzehnt von der Kgl. Sächsischen
Kommission zur Erhaltung der Kunstdenkmäler in
deren Werkstatt mit Arbeiten zur Erhaltung alter Kunst-
werke beschäftigt, hatte ich Gelegenheit zu Versuchen
und, daraus sich sammelnd, Erfahrungen. Teils lautet
der Auftrag der Kommission dahin, die Kunstwerke
vollständig zu restaurieren, das heißt, sie so weit als
möglich in den Zustand zu versetzen, in dem sie
ursprünglich aus der Hand des alten Meisters hervor-
gingen, teils dahin, den Zustand festzuhalten, in dem
sie sich jetzt befinden, sie vor weiterem Verfall durch
Mittel zu erhalten, die das Äußere so wenig als
möglich verändern. Solche Kunstwerke zeigen dann
zumeist die Spuren ihres Alters in einer Weise, die
sie zur Aufstellung in Kirchen und. an ähnlichen
Orten nicht geeignet erscheinen lassen. Sie werden
häufig an Museen abgegeben, deren Zwecke ja in
erster Linie die Erhaltung und die Zuführung an die
wissenschaftliche Forschung ist. Im Sprachgebrauch
der Kommission wird eine solche Bearbeitung als
»museumsgerecht« bezeichnet.
Wenn ich hier mich über meine Erfahrungen
bei den Arbeiten zur Erhaltung von mittelalterlichen
Holzschnitzereien äußere, so geschieht dies nicht, weil
ich meine, nun zum letzten Ende in dieser Angelegen-
heit gekommen zu sein, von dem aus keine Ver-
besserung mehr möglich sei, sondern weil ich meine,
sich auf zehn Jahre erstreckenden Erfahrungen nieder-
legen möchte, zu zeigen, daß auf diesem Gebiete
mancherlei Versuche gemacht wurden. Ich hoffe,
daß meine Studien für Manchen, sich auf gleichem
Gebiete Betätigenden, anregend sein werden.
Ich will zuerst über die Erhaltung von Holzfiguren
sprechen, die im Holze gesund sind, dann über solche,
die vom Wurme arg mitgenommen sind, um zum
Schlüsse mich über auf Holz gemalte Bilder auszu-
lassen.
Im allerseltensten Falle gelangen Holzschnitzereien
der romanischen und gotischen Periode in Malerei
und Vergoldung vollständig erhalten auf uns, dazu
müßte das Werk schon von jeher als hervorragend
wertvoll angesehen und besonders pfleglich behandelt
worden sein. Kriege haben vieles beschädigt, allzu-
orthodoxe Geistliche haben früher manches gute Werk
aus der Kirche auf den Kirchboden verbannt, wo die
Schuljugend nicht versäumt hat, ihrerseits Studien zu
machen; in feuchten, schlecht gelüfteten Kirchen sind
andere Kunstwerke heruntergekommen.
Die Schnitzereien, die nicht mehr ein ganzes Altar-
werk bilden und die so stark zerstört wurden, daß
es nicht mehr rätlich erscheint, sie wiederherzustellen,
müssen aber doch für Museen erhalten werden. Viel
Vergoldung und Malerei ist gemeiniglich nicht mehr
an ihnen zu finden, was durch die wenig pflegliche
Behandlung erklärlich ist. Der Kreidegrund ist durch
Luftfeuchtigkeit vielfach vom Holzuntergrunde gelöst,
so daß es leicht ist, ihn abzubröckeln.
Immer ist es aber von großem Werte, zu Studien-
zwecken die Farbenspuren zu erhalten; wenn man
auch durch Vergleich der Figuren aus verschiedenen
Jahrzehnten und Jahrhunderten weiß, welche Farbe
der Mantel, das Untergewand, kurz die Kleidung der
Heiligen hatte und haben mußte, um dem Volke
schon durch ihr Äußeres anzuzeigen, an wen der
Betende seine Gebete zur Erhörung richten mußte.
Aber es sind doch immerhin Unterschiede in der
Bemalung je nach Zeit und Gegend vorhanden,
Unterschiede, die der Wiederhersteller studieren und
kennen lernen muß, um zeit- und ortsrichtige Er-
gänzungen und Erneuerungen ausführen zu können.
Zu diesem Zwecke müssen namentlich die für Museen
bestimmten Schnitzereien so erhalten werden, wie sie
nach einer sorgfältigen Reinigung auf uns kamen.
Im Anfang der Restaurierungstätigkeit ging man davon
aus, durch Anftragen einer Wachsschicht die in ihrem
Zusammenhang gelöste Grundschicht festzukleben und
gleichzeitig durch den Überzug das fernere Eindringen
der Feuchtigkeit zu verhindern.
Die Vergoldung erhielt durch das heiße, ge-
schmolzen aufgetragene Wachs ein schönes Lustre,
aber auf die im Gegensatz zur Vergoldung matte, in
Leimfarbe ausgeführte, das Innenfutter der Gewan-
dungen ausdrückende Malerei hatte die Wachsbehand-
lung einen ungünstigen Einfluß. Am meisten kommt
ein in den Zeiten und Gegenden ganz unterschied-
liches Blau als Farbe für das Futter vor. Gerade
dieses Blau enthält so wenig Leimung, daß durch
das heiße Wachs sein Helligkeits- und Tonwert gänzlich
verändert wird.
Die anderen Farben, das Zinnoberrot, das Grün,
das Gelb und das Schwarz haben eine andere Leimung
erhalten oder halten diese besser fest, sie verändern
nicht allzusehr ihre Tonwerte.
Immerhin macht eine derartig behandelte Figur
nicht mehr den ursprünglichen Eindruck, sie kann
nicht mehr in gleichem Maße dem Studium der
Färbung, sondern nur dem der schnitztechnischen
Behandlung dienen.
Aber auch das von der Grundierung befreite Holz,
meist Linde, verändert sich durch das Wachs. Haben
die Feuchtigkeit, der Staub und der Unrat ihr Zer-
störungswerk weit genug betrieben, dann kann das
Holz alle Tonabstufungen von hell bis tiefschwarz
annehmen. Schön sieht eine derartige mit Wachs
behandelte Figur keinesfalls aus.
Um einen möglichst luftdichten und harten Über-
zug zu erhalten, gab man dem Wachs Zusätze von
Harzen, gewöhnlich von Kolophonium. Um so weniger
befriedigend war der Erfolg. Wenn auch die Figur
erwärmt wird, so erstarrt doch die Wachsschmelze
zu schnell, um tief genug einzudringen; man half sich
daher damit, daß man mit der Lötlampe die Auf-
tragung überging, oder man benutzte heiße Bügel-
eisen, um größere Beulen an den Grund anzulegen.
Daraus ergab sich aber ein ungleichmäßiges Eindringen
des Wachses. Der Überzug mußte daher mehrmals
aufgetragen werden.
Nun kann der Fall eintreten, daß eine Figur oder
ein Altarwerk später der vollständigen Wiederherstellung