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Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner u. Sammler — 10.1913

DOI issue:
Nr. 7 (15. November 1912)
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https://doi.org/10.11588/diglit.51755#0082

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72

DER KUNSTMARKT

wertgehalten wird. Dann stößt diese auf nicht ge-
ringe Schwierigkeiten. Die Wachsschicht ist nicht so
ganz leicht wieder zu entfernen, läßt aber bei nicht
ganz gründlicher Entfernung eine sichere, fest mit dem
Holze verbundene Kreidegrundierung als Untergrund
für die Polimentvergoldung nicht zu; immer steht
man der Gefahr gegenüber, daß beim Polieren des
Goldes der Grund abspringt. Lauge anzuwenden ist
nicht immer ratsam, da die Oberfläche des Holzes
durch dieselbe stets leidet; wenn auch Kreidegrund
das Holz deckt, büßt der Holzkörper an Schärfe des
Schnittes stets ein, nach der Grundierung wirkt er
weniger ausdrucksvoll.
Nicht zu übersehen ist ferner, daß für ein Museum
stark mit Wachs eingelassene Figuren immer eine
Gefahr bedeuten, da sie bei einem ausbrechenden
Brande dem Feuer gute Nahrung bieten.
Meine ersten Versuche gingen nun dahin, die
Leimfarbenteile vor der Wachsbehandlung besonders
zu schützen. Tränkt man die Schnitzerei zuerst mit
Leimwasser so heiß als möglich, so reinigt und festigt
dies Wasser zu gleicher Zeit. Man kann nun mit
stärkerem Leimwasser so lange tränken, bis man
einesteils die Grundschicht immer fester an das Holz
geleimt hat und andererseits den Leimfarben so viel
Leimung gegeben hat, daß sie ihren Färb- und Hellig-
keitswert nichr mehr oder wenigstens nicht allzusehr
verändern.
Eine so behandelte Figur wird immer ein etwas
weißliches Aussehen erhalten, da durch das wieder-
holte feuchte Bearbeiten Kreidespuren aufgewaschen
wurden, die, wenn auch nur leicht, doch immerhin
in erkennbarer Weise die Farben beeinträchtigen.
Daher tut man gut, die Bearbeitung mit Wachs nicht
ganz aufzugeben. Aber da die Risse und Poren der
Schnitzerei durch Leim geschlossen wurden, kann das
aufgebrachte Wachs nicht mehr eindringen. Es ist
daher nicht nötig, heiße geschmolzene Wachsmasse
anzuwenden, die doch zu schnell erstarrt und ungleich
stark werden wird und auch noch durch Erwärmen
wieder verschmolzen werden muß. Dann tritt aber
bereits durch die Wärme die Gefahr des Losspringens
vom Holzgrunde ein.
Ich habe daher Lösungen von Wachs in Terpentinöl,
die die Konsistenz von Schmalz haben, benutzt.
Eine derartige Figur hat nun aber nichts in ihren
malerischen Werten verloren, was entschieden einen
Fortschritt in der Restaurierungstätigkeit bedeutet.
Die Wachsschicht läßt sich erforderlichen Falls
mit nicht allzugroßen Schwierigkeiten wieder ent-
fernen, bietet keine Hindernisse bei später beab-
sichtigten Vergolderarbeiten.
Ich habe auch Versuche gemacht, ganz ohne Wachs
auszukommen. Wenn die heiße Leimlösung durch
genügendes Aufträgen die Farbschicht nicht mehr
verändert, kann man unbeschadet der Farbenwirkung
eine bedeutend stärkere Leimung vornehmen. Doch
nutzt das bloße Leimen nichts, da Leim aus der um-
gebenden Luft immer Feuchtigkeit aufnimmt, wenn
die Schicht nicht ganz intensiv getrocknet wird. Das
ist aber meist nicht angängig.

Dagegen kann dem Leim das Aufsaugevermögen
durch Gerbung ganz genommen werden. Es sind
Versuche mit Chromalaun und mit doppelchromsaurem
Kali gemacht worden.
Ersteres hat die Eigenschaft, in gewisser Stärke
zugesetzt, den Leim vollständig zu verhornen. Das
doppelchromsaure Kali, dem Leim zugesetzt, nimmt
bei Belichtung dem Leime sein Quellvermögen. Ein
absolut luftdichter Abschluß wird zwar dadurch er-
zielt, aber die verhornte Haut läßt spätere Behandlung
nicht zu; das Verfahren ist daher nur anzuwenden bei
Figuren, die nicht nachträglich ergänzt werden sollen.
In unsere Werkstatt kamen ab und zu Figuren
und Schnitzereien des 17. und 18. Jahrhunderts, deren
Vergoldung, wie der handwerksgerechte Ausdruck
lautet, auf Branntwein hergestellt war. Auch die auf
Poliment hergestellte polierte Vergoldung bedient sich
zum Anschießen des Goldes des Branntweins, man
bezeichnet aber mit Branntweinvergoldung kurz eine
matte Vergoldung. Wenn man das Poliment aus-
leimt, so kann das angeschossene Gold nicht poliert
werden. Je nach der Stärke der Leimlösung hat man
es in der Gewalt, ganz matte bis halbmatte Flächen
herzustellen.
Nun zeigen die in Matt ausgeführten alten Ar-
beiten jetzt meist ein ganz eigentümliches, nur bei
ihnen mögliches Aussehen. Es hat sich die Ver-
goldung schuppig gehoben, die Ränder der Schuppen
sind nach innen eingerollt. Eine einfache Untersuchung
erklärt dies. Die Grundierung muß bekanntlich
mehreremal eine auf die andere aufgetragen werden,
sowohl um ihr die notwendige Dicke zu geben, als
auch um mit der Grundierung ein Modellieren der
auf Schnitt hergestellten Schnitzerei ausführen zu
können. Zu diesem Zwecke muß nach jedesmaligem
Grundieren erst naß, dann später trocken geschliffen
werden. Eingeweichter Schachtelhalm dient zum Naß-
schleifen, daher spricht man von Naß- und Trocken-
schachteln. Die Grundierung zum Naßschachteln ist
in der Leimung stärker, die trocken mit Sandpapier
zu schachtelnden Grundierungen sind schwächer ge-
leimt, heißen weiche Gründe.
Wenn nun die Ausleimung stärker als die letzte
Grundierung ist, so entsteht die Gefahr des eigen-
tümlichen schuppigen Aufrollens. Durch das Netzen
mit Branntwein wird der Leim noch härter und
horniger, er wird durch den Alkohol gegerbt; die
Leimhaut zieht sich zusammen und nimmt die
schwächer geleimte Grundhaut mit. Bei der Glanz-
vergoldung wird das Poliment so schwach geleimt,
daß dieser Übelstand nicht eintreten kann. Je schwä-
cher der Leim nun ist, desto weniger hat man ein
Aufrollen und Platzen zu befürchten.
Die guten Leimsorten sind Lederleime, unser
bester, der Kölner Leim, wird am härtesten. Kölner
Leim wird daher nur zu den erstem harten Grun-
dierungen benutzt. Der mit Bologneser Kreide her-
zustellende weiche Grund und das Boluspoliment
erhalten ein weicheres, Hasenleim genanntes Binde-
mittel.
(Schluß folgt.)

Verantwortliche Redaktion: Gustav Kirstein. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig, Hospitalstraße 11a
Druck von Ernst Hedrich Nachf., o. m. b. h., Leipzig
 
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