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er verkauft sie als rohe Seide dem englischen Kaufmanne, der
ihm dafür die bedruckten Kattune von Manchester bringt. Der
Perfer hört auf, seine Farben nach uralt überlieferter Weife aus
Pslanzcnsäften mühsam zu bereiten und greift nach den grellen,
giftigen Anilinfarben, die ihm der europäische Handel bringt.
Der Japaner verläßt seine gute, sorgfältige Manier der Lack-
arbeitcn und macht Dutzendwaare für den europäischen Markt;
er legt seine Kleidung und seine Lebensweise ab, mit der jene
kunstreichen Techniken des Webens und Strickens verknüpft waren;
statt der golddurchwirkten Seidengewänder trägt er europäische
Tuche, statt des reichen, mit Gold und Steinen geschmückten Hutes
eine leichte, europäische Mütze. Die Kultur der halbwilden Völker
aus den Inseln der Südsee ist bereits völlig verschwunden, von
den köstlichen, farbenschimmernden Produkten ihrer harmlosen
Kunstfertigkeit sprechen nur noch die Sammlungen ihrer hollän-
dischen Bezwinger. Die großen Kulturvölker Asiens werden sich
etwas länger gegen den Einfluß Europa's sträuben, aber in
Persien und in dem ganzen Kaukasus hat durch das Vordringen
der russischen Macht, der Eisenbahnen und des Telegraphen die
Abgeschlossenheit aufgehört, der Zauberring ist gebrochen, die
europäische Kultur dringt ein mit Maschinen, Anilinfarben und
Schoddytuchen, die grimmige Hungersnoth führt die guten alten
persischen Schätze in die Hände der Händler und weit hinaus
in die Antiquitätenläden von Wien, London und Paris. Viel-
leicht genügen wenige Jahrzehnte, um eine Kultur zu vernichten,
die Jahrtausende unverändert bestanden. Es ist jetzt vielleicht
zum letzten Male, daß die europäischen Kunstgewerbe einen Trunk
aus dieser reinen Quelle thun dürfen, die dann für immer versiegt.
 
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