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Wollen künftig keine mehr, bleiben bei der Dachshausener.
(Pause.) Nichts als Dampf und Dampf, kommt man doch
mit dem verwünschten Dampfe aus der altherkömmlichcn be-
guemen Regierungsweise! Wir werden zu befehlen geruhen,
daß alles Dampfwesen nach Möglichkeit unterdrückt wird. —
Blasius! nichts Neues in unserer guten Stadt?

Blasius: Nicht viel, Eure Gnaden!

Burgherr: Desto besser.

Blasius: Gestern Abend sind einige Verhaftungen
vorgefallen.

Burgherr: So! — und warum?

Blasius: Zwei junge Rcisende sind eingebracht wor-
den, der Eine wegen vcrbotwidrigen Schnupfens fremden
Tabaks, der Andere wegcn Einschmuggelns von Zeitblättern;
dann noch ein junger aus dem Anslande zurückgekehrter
Bürgerssohn wegen staatsgefährlicher Aeußerungen.

Burgherr: So! — und wclche Aeußerungen?

Blasius: Eure Gnaden, ich getraue mir cs gar nicht
zu sagen. Jm weißen Schafe sprach er von Volksvertretung,
von bürgerlichen Rechten, von Preßfreiheit und dergleichen
mehr.

Burgherr: Unerhört! Verdorbene Jugend! — Nun,
Wir wollen ihm schon solches Handwerk legen lassen. Wir
werden am Ende noch alles Reisen in das Ausland streng-
stens untersagen. Jst es nicht genug, daß Wir den Unter-
thanen Schmäuse und Gelage, Musik, Tanz und alle sonsti-
gen Vergnügungen gnädiglich gestatten? Lohnt man so Un-
sere väterlichen Gesinnungen? Und wie sind die ausländischcn
Blätter betitelt?

Blasius: Leuchtkugeln.

Burgherr: Was? Leuchtkugeln? Haben schon davon
vernommen, saubere leichte Waare, mit welcher Wir von dem
verwirrten Auslande förmlich bombardirt werden. Brauchen
keine Bcleuchtungen solcher Art; haben Wir sie nicht gleich
allen ansländischen kopfverrückenden Blättern zu vcrbieten
geruht? Sollen Unsere gutcn Unterthanen auch noch verdor-
ben wcrden? — Doch da wird schon Unser verständiger
geheime Kanzler Sorge tragcn. Wir dürfen Uns darum
nicht kümmern, denn Unser Leben ist sür das glückliche
Vaterland zu theuer. — (Pause.) — Blasius! man bringe
Unsere Morgenlektüre.

Blasius: Was befehlcn Euere Gnaden?

Burgherr: Die neue Prachtausgabe von Robinson
mit den schön gemalten Bildern. (Blasius bringt sie.) Eine
angenehme Lektüre und Bilderschau. (Pause.) Blasius!

Blasius: Eure Gnaden?

Burgherr: Wie viel Uhr?

Blasius: Eilf Uhr, Eure Gnaden! Es wird sogleich
die Wachtparade aufziehen.

Burgherr: Ah! da kvmmt sie schon. Ein schöner
Parademarsch. Ja Unsere Soldaten, das sind noch ver-
lässige Leute, Wir halten aber auch etwas darauf. Wir
werden mit Berathung Unsercs gehcimen Kanzlers geruhen,
ihnen vom nächsten Monat an täglich 1 Pfennig Zulage in
Gnaden zu verleihen. — Blasius! Das Gabelfrühstück! —
So! — Die Pastete ist gut. Und der Wein schmeckt vor-
trefflich. — Es wird bald Unser Kanzler kommen; man


laffe Uns allein, damit Wir Uns zu den Negierungsgeschäften
würdig vorbereiten. (Blasius ab.)

Der Durgherr allcin.

Wie sitzt es sich hier auf dem wcichen Ahnenstuhle so
bequem, und wie regiert es sich so schön, wenn man es wie
ich versteht! Wär' es nicht thöricht, mich mit Neuerungs-
sucht zu plagen? Da mach' ich es mir licber bequem, und
lasse andere für mich denken.

Erfte Regierungsscene.

Es schlägt 12 Uhr. Blasius meldet den geheimen Kanzler. Der

Kanzler erscheint, verneigt sich und tritt vor.

Vurgherr: Komm' und trink' ein Gläschen von die-
sem Wein; er ist von den Höhen Deines Guts am Rhein
und macht Deinem Keller alle .Ehre.

Kanzler: GnädigsterBurgherr! Das hohe Glück, täg-
lich vor Euch zu erscheinen, ist mir die süßeste Pflicht, die
ich Eurcm seligen Vater schon zugeschworen habe. Auch dem
erhabenen Sohne diene ich freudig, um fortan das conserva-
tive System zu erhaltcn.

Burgherr: Treue Stütze! auf Dich verlaffe ich mich
ganz! leite Du nur fürderhin die Zügel. — Sprich, was
macht das Volk?

Kanzler: Alles wäre gut, gnädigster Gebieter! wenn
nur die Neuerer nicht wären. Das Uebel greift wie ein
bösartiger Krebs um sich.

Burgherr: Bist Du nicht ein erfahrener Arzt? Ei
so kurire nur!

Kanzler: Das ist ein fatales Kuriren. Wenn nur
die Presse nicht wäre, dann wären die Mittel ganz leicht.
Hier in der uralten Stadt lebt ein gemüthliches Völkchen,
das bei Schmaus, Musik und Spiel sich harmloS freut und
jubelt; zeigt sich auch je einmal der Geist der Neuerung und
sein ruchloses Treiben, so ist die geheime Polizei flugs mit
der Hilfe bei der Hand. Allein anders ist es draußen auf
dem Lande. Diese suchen längst verschimmelte Pergamente
hervor, sprechen von Rechten und Freiheiten und ihres Lär-
mens ist kein Ende. Jch habe zwar unsere Miliz geschickt
von Norden nach Süden und von Osten nach Westen, um
die Ruhe wieder herzustellen; allein das verschlingt so viel
Geld, daß wir mit Accisen und Steuern nicht ausreichen,
wenn ich sie selbst doppelt erhebe. Unsere Kassen sind leer
und unser Aaron macht gewaltige Sprünge, wenn ich immer
noch mehr Geld auf Credit verlange.

Burgherr: Ja, was ist da zu thun? — Ah, hörst
Du die Musik im Hof? — Mach nur, mir ist Alles recht!

Kanzler: Nun so lassen wir Alles beim Alten. —
Hier habe ich schon die nöthigen Weisungen.

Burgherr: Nur schnell; das leidige Unterzeichnen!— So !

Kanzler: Noch eines, hoher Herr! Abgeordnete der
Stadt und der Unterthanen vom Lande bitten um gnädiges
Gchör.

Burgherr: Ei! Und was wollen sie denn?

Kanzler: Sie träumen von Volksvertretung, Steuer-
bewilligung und andcren strafbaren Wünschen.

Burgherr: Was ist da zu thun?

Kanzler: Hört sie an, gnädigster Gebieter, und speist
sie dann in Gnaden ab.

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