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138 .


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worteteihrerParole derRuf: „Keine Despoten regieren,
Censur aufheben, alte Wirthschast beendigt."

Den Zug der dahingegangenen Soldateska schließt Graf
Zichh, der Militärcommandant von Venedig, der letzte Ritter
des „eisernen Widerstands."

Louis Philipp. Daß es so
.gekommen, danken wir nur unserm
Metternich, nicht wahr Prin;?

Metternich. Nein mein Prinz,
glauben Sie mir, nur der Unent-
schiedcnheit Louis Philipp's. Dieser
unser königliche Freund hätte zu sei-
nen Franzosen niemals anders spre-
chen sollen als dcr Sachsen-König
zu einerVolksdeputation: „Jch lasse
mich in uichts ein! ich habe Jhnen
nichts zu sagen als: Leben Sie wohl! lebcn Sie wohl!"

Louis Philipp. Dann hätten die Franzosen nur
früher mir nachgerufen: „Bürger Philipp, leben Sie wohl!"
Und Sie, mein verehrter Prinz! hättcn nur früher im „aller-
höchsten Auftrag" einen Abstecher nach London gemacht.

Metternich. Sie manövrirten von jeher mit halben
Maßregeln, Sire!

Louis Philipp. Jch wollte den Friedcn!

Mcttcrnich. Jch die Ordnung.

Prinz von Preußen. Jch die Aufrechthaltung des
selbstherrlichen Martialstaates!

Schnabel. Nuhig, meine Herrn! sonst könnten leicht
die neuen Negierungen Jhr früheres Beispiel nachahmcn und
gegen unverbesserliche Flüchtlinge, den „AuswurfallerLänder",
Vcrfolgungs-Noten schleudern. Allein Sie pochen wohl auf
Jhr Verdienst, alle Noten außer Curs gesetzt zu haben? Sie
haben Necht, cs wäre dcr unnützeste Zeitvertreib jetzt diplo-
matische Noten zu erlassen, die Regierungen habcn mehr als
genug damit zu thun, ihre Banknoten an Mann zu bringcn.

So sehen Sie hier einen vcrzwcifelten Finanzminister,
mit ciner Pistole in der rechten und einem Staatspapier in
der linken Haud, wie er cincn erschrockene» Banquier mit
dcm Rufe: „Annehmen oder ablehncn?" überfällt.

Melternich. Weh uns, daß wir dcn Uutcrgang des
papiernen Zcitalters erleben mußten.

Schnabel. Nun, wenn
Sie auch Jhre niedliche Mi-
nistergage von dritthalbhun-
derttausend Franken verlie-
ren, so haben Sie doch
wohl so viel in's Trockene
gebracht, um den mit Beschlag
belegten Johannisberg auszu-
lösen. — Hier sehen Sie den
Wcinkeller des Schlosses. Jede
Flasche ist von einem Jnfan-
teristen und jedes Faß von
zwei Cavallcristen besetzt.

Louis Philipp. Aon ckieu!
schlagnahme gekommen?

Schnabel. Herrn Kanzler Mettcrnich, dem Manne
des Gesetzes und der Ordnung, hat es gcfallen, 38 Jahre
lang der nassauischen Negierung die schuldigen Abgaben zu
verweigern.

Metternich. Jm Geschäftsdrange-

Schnabel. Haben Sie deutsche Fürsten für Jhrc
Lakaien angesehen? Deutschland dankt Jhnen für dcn Be-
weis, bis zu welch ticfer Erniedrigung unsere dreißigköpfige
Winkelsouveränität führen mußte. Wie soll man fürdcr den
in Deutschland nennen, der nicht lieber ein erster Freier unter
Freien scin will, als eines Knechtes Knecht?

Metternich. Deutscher Mensch! Du wagst cs — —
Jst kein Scdlnitzkh da?

Schnabel. Hcrr! Der hat nicht Zeit zu kommen,
obgleich das Volk ihn sammt dcr gehcimen Polizei in Ruhe-
stand versetzt hat. Sedlnitzkh, Jhr würdiger Polizeiminister,
leitete als Anführcr der schwarzen Censoren - Legion Jahre
lang die gräuelhafteste Gcdankcnschlächtcrei. Nun ist er ver-
dammt in Cwigkcit die Buchstaben zu zählen, die er gestrichen
und streichen ließ.

Prinz von Prcußen. Durchlaucht! so stelle ich
Jhnen meinen Dunker zur Verfügung; der ist eben so gut
als Sedlnitzky.

Schnabel. Dunker? Meine Herrcn! dankcn Sie Gott,
daß Sie bei Jhrem Sturze bcsser weggekommcn sind, als Herr
Polizeirath Dunker. Jst cs nicht cin eigenthümliches Ver-
HLngniß? Sein Leben lang hat cr nur schwarz gesehen, übcrall
Demagogen, Verbrecher gewittcrt, da veranlaßt er in seiner



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