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Vorbcmeriung für den trauernden Leser: Dieses jammervolle,
thränenreiche Trauerspiel nimmt eigentlich unten am „Ende der
deutschen Einheit" seinen Anfang; da der eigentliche Anfang »och
gar nicht angefangen.

Ä u f; u g.

Eine Gartenwirthschast mit der herrlichsten Aussicht auf Berge,
WÄder, reiche Fluren, lachende Wiesen und stolze, majestätische
Ströme; ja bis auf das serne Meer schweift daS entzückte Auge.

Mufik und Gesang tm Hintergrunde.

„Das ganze Deutschland soll es sein,

O Gott vom Himmel, fieh' darein,

Und gib uns ächten, deutschen Muth,

Daß wir es lieben, treu und gut.

Das soll es sein,

Das ganze Deutschland soll es sein!"

Der Oesterreicher (trinkt und singt). Das soll es

sein!

Der Preuße (trinkt und fingt). Das soll cs setn!

Der Baher. Das ganze Deutschland soll es sein.

Chor. Das ganze Deutschland soll es sein.

Der Oesterreicher. Schaun's aber, meine Herrn,
Oesterreich kann nur zu esnem Staatenbund seine Zustim-
mung ertheilen; denn wie sollte es ihm anders möglich sein,
ein allen Vedürfnissen entsprechendes Verhältniß zu sejnen
slavischen und romanischen Provinzen herzustellen? Auch
kann es nichtdas geringste von seiner Souveränetät sich neh-
men lassen.

Der Preuße. Preussen muß sich ebenso aufs Ent-
schiedenste gegen alles Schmälern seiner Souveränetät verwah-
ren. Hat denn Preußen keine eigene Geschichte? Sollen der
große Kurfürst, der große Fritz, der große Friedrich Wilhelm
umsonst gelebt haben?

Der Bayer. Bahcrn kann eben so wenig seine Selbst-
ständigkeit aufgcben, denn wo gäbe es bayerisches Bier, wenn
es kein Bayern mehr gäbe?

(Sie stoßen an.)

Das Bier hoch! Deutschland hoch!

(Sie singen.)

Das soll cs sein, das soll es sein, das ganze Deutsch-
land soll es sein! —

. Der König. Bürger! Groß ist es zwar, absoluter
König zu sein; größer aber, Bürger eines sreien Staates,
constitutioneller Kaiser von Deutschland. Jhr seht, Vürger,
ich gehe ganz in Eure Jdee ein, darum macht nur mich zu
Euerm Kaiser.

Der Constitutionelle. Hoch! der constitutionelle
Kaiser hoch! Dreimal hoch!

Dcr Republikaner (murmelt). Narr! Vcrräther!
elender Spieß!

Der Proletarier. Wenn Euere Majestät versprechen,
sich der arbeitenden Klasse anzunehmen, so bin ich auf Eu-
rer Seite.

König. Gewiß, gewiß, edler Proletarier!

Der Constitutionelle. Wie, Du verdammter Pro-
letarier, Du Lump, Du wagst es Deine Stimme in solcher
Gesellschaft zu erheben? Hättest Du etwas gelernt und ge-

arbeitet, so wärest Du kein Lump geworden, Spitzbube. Je-
der Proletarier ist doch ein geborner Schurke.

Der Republikaner. Wollen Sie sich gefälligst mä-
ßigen? Der Proletarier hat seine Menschenrechte, wie jeder
andere, er ist cin Mensch.

Der Constitutionelle. Was Mensch? Ein Prole-
tarier ist noch lange kein Mensch. Meine Herren! stehen
Sie mir bei gegen dieses Hungergesindel. Nur her, meine
Herren, er ist ein Ausländer, drauf!

(Es fallen ein Paar über den Proletarier her und wcrfen ihn zur

Thüre hinaus; er kommt jedoch sogleich wieder herein.)

Der Republikaner. Aber... Meine Herren, er ist
keine 6 Stunden von hier zu Haus!

Der Constitutionelle. Sechs Stunden! Ei so soll
ja... Kuhschnappel ist hier und nicht 6 Stunden entfernt.
Eigentlich bin nur ich Bürger.

Der König. Lassen wir diesen unerguicklichen Streit.
Jn unserm Kaiserthume wcrden wir alle Bürger sein.

Der Constitutionelle. Verzeihen Eure Majestät,
nur Einer, der Frau und Kinder, einen Kramladen hat und
direkte Steuern zahlt, der ist ein Bürger. Ja Majestät!

Der Oesterreicher. Majestät — Herr? Welche Usur-
pation! Mcin Kaisec hat allein das alte Recht auf den
Thron der Deutschen.

Der Preuße. Mein König hat durch seine Macht
die Anwartschaft darauf.

Der Bayer. Nein! nur mein König kann auch der
Kaiser werden.

Der Oesterreicher (nimmt einen großen Knödel und wirft
ihn gegcn den Preußen, trifft ader den Bayer ins Gesicht). E»i-
pörer! Rebellisches Gesindel!

Der Bayer (trinkt „sein Maßl" aus und wirft das Gesäß
hierauf dem Ocsterreicher an dcn Kopf).

Der Preuße (nimmt cine jutc, jebratcne Jans und prü-
gelt den Oesterrcicher und den Bayer jämmerlich damit durch).

Der Oesterreicher (schreit). Hilfe! Metternich, Hilfe!
Ercellenz! Herr von Sedlnitzki herbci! Polizei! Pack an, pack
an! Die Rebellen! Au, au, au!

Der Bayer (schreit). Heilige Mutter, beschütze mich!
Weh, ach weh!

Der König. Achtung! Seht Jhr denn nicht mein hei-
lig Haupt?

Der Republikaner (schiebt ihn bei Seite). Heilig ist
uns nur das Gesetz.

Der Constitutionelle. Das ist ja wahrlich eine
Republik! Allarm, Allarm! Herbei ihr Kriegs- und Frie-
denssoldaten! Zu Hilfe! Polizet!

Der Proletarier. Revolution! Nevolution! (Er wirft
den Constitutionellen über den Hanfen; der König will beschwich-
tigen, wird aber mit hiueingeriffen, cs entsteht cin allgemeiner Kampf.)

Die Polizeimaniischaft tritt auf. Alle wcrden verhaftet
und nach Sibirien geschickt.

Der Vorhang fällt unter dem cinstimmigen Beifall der Engländer,
Franzosen, Jtaliener, Däncn, Nuffen und Türken.

Endc

der deutschen Einheit.



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