walten lassen. Fest steht allerdings, daß zwischen 1327 und 1406
aus den drei Augsburg einverleibten Kanonikerpfründen die
zwei augsburgischen Pfarrstellen geschaffen wurden. Erwäh-
nenswert ist, daß um 1500 die Kustoreipfründe die Kirche in
Wäschenbeuren zu versehen hatte und die zweite klösterliche
Pfründe die Kirche in Alfdorf.
Schwierigkeiten bereitet vor allem die Unterscheidung zwi-
schen Stifts- und Kapitelsdekan. Der Vorsteher des Land-
kapitels Gmünd-Augsburg war ja nicht immer auch Vorsteher
des Stifts Lorch; bereits 1274 erscheint ein Dekan in Urbach
(Mehring 1911, S. XXIX). Wenn man sich von Mehrings Vor-
stellung einer vom frühen 14. bis zum frühen 16. Jahrhundert
konstanten Dechaneipfründe löst, ergibt sich zwanglos die Ver-
bindung der Stiftsdekanspfründe und der späteren Kustorei-
pfründe, der eigentlichen Pfarrpfründe. Die höchste und größte
Pfründe war somit von dem Geschäft 1327 nicht betroffen -
Nachfolger des Stiftsdekans war der Kustos. Dieser wiederum
konnte zum Kapitelsdekan gewählt werden. Die dürftige Quel-
lenlage erlaubt es nicht, die Möglichkeit auszuschließen, daß es
vor 1350 mitunter zwei Dekane in Lorch selbst gegeben hat
(Mehring 1911, S.XXIX). Denkbar ist auch, daß es in der Stifts-
zeit keine festgelegte Stiftsdekanspfründe gegeben hat.
Das Folioheft des Bruders Augustin Seiz, das sich im Staats-
archiv Ludwigsburg (B 366 Bü 2) befindet, befaßt sich vor allem
mit dem Landkapitel Lorch und der mit ihm verbundenen Bru-
derschaft. Sein Inhalt: die lateinischen Statuten des Landkapitels
in den Fassungen von 1473 und 1520, Verzeichnisse der lebenden
und der verstorbenen Mitglieder sowie ein Text über eine alte
Bruderschaft. Das Folioheft des Bruders Augustin wird ergänzt
durch das Mehring nicht zugängliche »Handbuch der Dekane
von Lorch« (28 Bl.), das 1520 von Thomas Köllin begonnen
wurde und sich heute im Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd befin-
det (UAK 66, S. 180). Bislang unbekannte Notizen über das
Landkapitel Lorch aus der Mitte des 15. Jahrhunderts enthält
eine Handschrift der Bayerischen Staatsbibliothek München.62
Von besonderer Bedeutung ist die im Folioheft des Bruders
Augustin überlieferte Aufzeichnung über die »Bruderschaft in
der Pfarrkirche des Dorfs Lorch« (Mehring 1911, S. 199-201).
Sie beginnt mit einem Vorspann, den man wohl als Predigt aus
Anlaß des Bruderschaftstages auffassen kann. Im Gegensatz zu
diesem Vorspann, der aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts
stammen dürfte, reicht die Liste dieser alten Gebetsverbrü-
derung von Klerikern und Laien der fünf Dekanate Lorch,
Neckar, Zimmerbach, Faurndau und Geislingen in die Zeit um
1200 zurück. An erster Stelle der Wohltäter steht ein Kaiser
Friedrich, in dem man wohl Barbarossa wird erblicken dürfen.
Er habe die Brüder mit dem Notwendigsten versehen. Ihm folgt
Engelhard von Weinsberg aus der bedeutenden staufischen Mi-
nisterialenfamilie. Im Dekanat Faurndau erscheinen einige An-
gehörige staufischer Burgmannenfamilien des Hohenstaufens
(Maurer 1977, S.37). Als frühes Zeugnis für die Gebetsverbrü-
derung von Landkapiteln wurde diese wichtige Quelle bislang
noch nicht gewürdigt.
62 Clm 4366, Bl. 161; vgl. Graf 1984, S. 570 Anm. 114. Die Geschichte der
Handschrift ist unklar. Sie kam aus St. Ulrich und Afra in Augsburg
nach München. Zwei Schreiber nennen sich (Bl. HOv Bartholomäus
Wüst von Lauingen 1452) und Nikolaus Kumpost (Bl. 122v). Wüst
schrieb 1461 auch Staats- und Stadtbibl. Augsburg 2° Cod.Aug. 68 aus
Ulrich und Afra, damals Kaplan der Bruderschaft in Dillingen; Niko-
laus Kompost aus Langenau war 1443 in Erfurt, 1446 in Heidelberg
Student. Bl. 123v - 124r wendet sich ein Dekret des Augsburger Ge-
richts 1459 an den Gmünder Dekan, und die Notizen Bl. 161 betreffen
eindeutig das Landkapitel Lorch - Gmünd. Als Inhaber der Kustorei
erscheint ein Michael, d. h. wohl Michael Fischer, belegt 1455 bis 1486.
Von 1450 (UAG 1250) bis 1476 (UAG 1750) war Johannes Hammerstet-
ter aus Lauingen Pfarrer in Gmünd. Wenn Hammerstetter der direkte
Nachfolger von Hans Binder als Landkapitelsdekan war (Mehring
1911, S. 224), so könnte er zwischen 1450 und 1455 (Erstbezeugung von
Binders Nachfolger als Lorcher Pfarrer, Michael Fischer) zum
Kapitelsdekan gewählt worden sein (erstmals als solcher bezeugt 1467
UAG 499). Dies wird von dem genannten Dekret, das sich an den
Dekan in Gmünd wendet, bestätigt. War somit Hammerstetter, der wie
Wüst aus Lauingen stammte, an der Entstehung des Codex beteiligt?
Als Schreiber tritt Hammerstetter, der in der Wiener Matrikel als Stu-
dent nachweisbar ist, 1435 in dem später in den Besitz des Gmünder
Dominikanerklosters übergegangenen Band Mc 110 der Universitäts-
bibliothek Tübingen auf, vgl. jetzt Hedwig Röckelein/Alexandra Lahr
in: Sum ex bibliotheca Gamundiana. Ausstellungskatalog Schwäbisch
Gmünd 1989, Nr. 5. - Der Inhalt der Notizen stimmt inhaltlich mit
den Landkapitelsstatuten des Dekans Hammerstetter 1473 bzw. 1465
überein: Ablieferung des Kathedraticums (Mehring 1911, S. 191 Z. 18
ff.), doch anders als in den Statuten als konkrete Abgabe formuliert;
Abgaben nach dem Tod eines Kapitelsangehörigen (S. 192 Z. 6 - 16)
und bei der Investitur (S. 191 Z. 38 - 192 Z. 4), beides wörtlich mit ganz
geringen Abweichungen.
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aus den drei Augsburg einverleibten Kanonikerpfründen die
zwei augsburgischen Pfarrstellen geschaffen wurden. Erwäh-
nenswert ist, daß um 1500 die Kustoreipfründe die Kirche in
Wäschenbeuren zu versehen hatte und die zweite klösterliche
Pfründe die Kirche in Alfdorf.
Schwierigkeiten bereitet vor allem die Unterscheidung zwi-
schen Stifts- und Kapitelsdekan. Der Vorsteher des Land-
kapitels Gmünd-Augsburg war ja nicht immer auch Vorsteher
des Stifts Lorch; bereits 1274 erscheint ein Dekan in Urbach
(Mehring 1911, S. XXIX). Wenn man sich von Mehrings Vor-
stellung einer vom frühen 14. bis zum frühen 16. Jahrhundert
konstanten Dechaneipfründe löst, ergibt sich zwanglos die Ver-
bindung der Stiftsdekanspfründe und der späteren Kustorei-
pfründe, der eigentlichen Pfarrpfründe. Die höchste und größte
Pfründe war somit von dem Geschäft 1327 nicht betroffen -
Nachfolger des Stiftsdekans war der Kustos. Dieser wiederum
konnte zum Kapitelsdekan gewählt werden. Die dürftige Quel-
lenlage erlaubt es nicht, die Möglichkeit auszuschließen, daß es
vor 1350 mitunter zwei Dekane in Lorch selbst gegeben hat
(Mehring 1911, S.XXIX). Denkbar ist auch, daß es in der Stifts-
zeit keine festgelegte Stiftsdekanspfründe gegeben hat.
Das Folioheft des Bruders Augustin Seiz, das sich im Staats-
archiv Ludwigsburg (B 366 Bü 2) befindet, befaßt sich vor allem
mit dem Landkapitel Lorch und der mit ihm verbundenen Bru-
derschaft. Sein Inhalt: die lateinischen Statuten des Landkapitels
in den Fassungen von 1473 und 1520, Verzeichnisse der lebenden
und der verstorbenen Mitglieder sowie ein Text über eine alte
Bruderschaft. Das Folioheft des Bruders Augustin wird ergänzt
durch das Mehring nicht zugängliche »Handbuch der Dekane
von Lorch« (28 Bl.), das 1520 von Thomas Köllin begonnen
wurde und sich heute im Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd befin-
det (UAK 66, S. 180). Bislang unbekannte Notizen über das
Landkapitel Lorch aus der Mitte des 15. Jahrhunderts enthält
eine Handschrift der Bayerischen Staatsbibliothek München.62
Von besonderer Bedeutung ist die im Folioheft des Bruders
Augustin überlieferte Aufzeichnung über die »Bruderschaft in
der Pfarrkirche des Dorfs Lorch« (Mehring 1911, S. 199-201).
Sie beginnt mit einem Vorspann, den man wohl als Predigt aus
Anlaß des Bruderschaftstages auffassen kann. Im Gegensatz zu
diesem Vorspann, der aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts
stammen dürfte, reicht die Liste dieser alten Gebetsverbrü-
derung von Klerikern und Laien der fünf Dekanate Lorch,
Neckar, Zimmerbach, Faurndau und Geislingen in die Zeit um
1200 zurück. An erster Stelle der Wohltäter steht ein Kaiser
Friedrich, in dem man wohl Barbarossa wird erblicken dürfen.
Er habe die Brüder mit dem Notwendigsten versehen. Ihm folgt
Engelhard von Weinsberg aus der bedeutenden staufischen Mi-
nisterialenfamilie. Im Dekanat Faurndau erscheinen einige An-
gehörige staufischer Burgmannenfamilien des Hohenstaufens
(Maurer 1977, S.37). Als frühes Zeugnis für die Gebetsverbrü-
derung von Landkapiteln wurde diese wichtige Quelle bislang
noch nicht gewürdigt.
62 Clm 4366, Bl. 161; vgl. Graf 1984, S. 570 Anm. 114. Die Geschichte der
Handschrift ist unklar. Sie kam aus St. Ulrich und Afra in Augsburg
nach München. Zwei Schreiber nennen sich (Bl. HOv Bartholomäus
Wüst von Lauingen 1452) und Nikolaus Kumpost (Bl. 122v). Wüst
schrieb 1461 auch Staats- und Stadtbibl. Augsburg 2° Cod.Aug. 68 aus
Ulrich und Afra, damals Kaplan der Bruderschaft in Dillingen; Niko-
laus Kompost aus Langenau war 1443 in Erfurt, 1446 in Heidelberg
Student. Bl. 123v - 124r wendet sich ein Dekret des Augsburger Ge-
richts 1459 an den Gmünder Dekan, und die Notizen Bl. 161 betreffen
eindeutig das Landkapitel Lorch - Gmünd. Als Inhaber der Kustorei
erscheint ein Michael, d. h. wohl Michael Fischer, belegt 1455 bis 1486.
Von 1450 (UAG 1250) bis 1476 (UAG 1750) war Johannes Hammerstet-
ter aus Lauingen Pfarrer in Gmünd. Wenn Hammerstetter der direkte
Nachfolger von Hans Binder als Landkapitelsdekan war (Mehring
1911, S. 224), so könnte er zwischen 1450 und 1455 (Erstbezeugung von
Binders Nachfolger als Lorcher Pfarrer, Michael Fischer) zum
Kapitelsdekan gewählt worden sein (erstmals als solcher bezeugt 1467
UAG 499). Dies wird von dem genannten Dekret, das sich an den
Dekan in Gmünd wendet, bestätigt. War somit Hammerstetter, der wie
Wüst aus Lauingen stammte, an der Entstehung des Codex beteiligt?
Als Schreiber tritt Hammerstetter, der in der Wiener Matrikel als Stu-
dent nachweisbar ist, 1435 in dem später in den Besitz des Gmünder
Dominikanerklosters übergegangenen Band Mc 110 der Universitäts-
bibliothek Tübingen auf, vgl. jetzt Hedwig Röckelein/Alexandra Lahr
in: Sum ex bibliotheca Gamundiana. Ausstellungskatalog Schwäbisch
Gmünd 1989, Nr. 5. - Der Inhalt der Notizen stimmt inhaltlich mit
den Landkapitelsstatuten des Dekans Hammerstetter 1473 bzw. 1465
überein: Ablieferung des Kathedraticums (Mehring 1911, S. 191 Z. 18
ff.), doch anders als in den Statuten als konkrete Abgabe formuliert;
Abgaben nach dem Tod eines Kapitelsangehörigen (S. 192 Z. 6 - 16)
und bei der Investitur (S. 191 Z. 38 - 192 Z. 4), beides wörtlich mit ganz
geringen Abweichungen.
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