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Wanner, Peter [Compiler]
Heimatbuch der Stadt Lorch: Lorch: Beiträge zur Geschichte von Stadt und Kloster — Lorch, 1990

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https://doi.org/10.11588/diglit.7424#0203
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de Farbflecken in Grün, Ocker, Blauschwarz und Braun. Ver-
mutlich reihten sich hier Szenen aus dem Leben des hl. Bene-
dikt. Aus dem zweiten Bild von links kann man noch einen Hei-
ligen mit Abtsstab herauslesen, aus dem vierten Bild Tod und
Begräbnis des Heiligen in einer Landschaft mit einer wehrhaften
Stadt am Fuß der Berge, die kleine Siedlungen krönen. Hier
könnten das von Benedikt gegründete Kloster Monte Cassino
und das auf einem nahen Berghügel von Scholastica ins Leben
gerufene Frauenkloster gemeint sein. Das fünfte Bild zeigt die
Heilige auf ihrem Todeslager, eine Taube auf der Schulter. Ein
Stück bildhafte Legende, wonach Benedikt, visionär begabt,
nicht nur das Sterben der fernen Schwester sah, sondern auch
deren Seele, die einer Taube gleich zum Himmel entschwebte.
Uber den oder die Maler, denen diese Malerei der Jahre um 1530
zu danken ist, können wir außer der Beschreibung und Charak-
terisierung ihres Werkes nichts Gewisses sagen.92 Hinsichtlich
der Technik der »gezeichneten« Wandbilder und ihrer stilisti-
schen Eigentümlichkeiten ist zumindest in der näheren Umge-
bung nichts Gleiches, nicht einmal Ähnliches zu finden. Ihr Ma-
ler, um abschließend zu urteilen, darf nicht zu den großen, aber
sicherlich zu den tüchtigen Meistern im zweiten Viertel des 16.
Jahrhunderts gezählt werden. Handwerkliches Können und
sichere Darstellungsgabe waren ihm gegeben. Verschiedene Vor-
lagen schliff er auf seine Seh- und Gestaltungsweise zu und har-
monisierte sie. Das zu leisten ist mehr als Geschicklichkeit. Und
schließlich verdient der Einfall, Graphik ins Große zu überset-
zen, in ihrer überzeugenden Ausführung Respekt.

Dormitorium und die Prälatenstube

Über Kapitelsaal und Refektorium erstreckte sich das Dormito-
rium, der große, nach der Ordensregel gemeinsame Schlafsaal.
Erst im Spätmittelalter begann die Aufteilung in Einzelzellen,
die hier zu sehen sind. Riegelwände begrenzen den 4,40 m brei-
ten Mittelflur mit seiner Felderdecke. Brettertüren führen beid-
seits in die ehemaligen Zellen, die etwa 5 X 4 m groß sind. Min-
destens 12 Zellen müssen es gewesen sein. Es ist hier nicht alles
beim alten geblieben. Die Nutzung als Freizeitheim verlangte
gewisse Änderungen und Einrichtungen.

Hier oben kann die sogenannte Prälatenstube besondere Auf-
merksamkeit beanspruchen. Dieser nordwestliche Eckraum

(7,38 X 4,00 X 2,76 m), eine vergrößerte Zelle, wurde zur Stube
der Prälaten gemacht. Über sie notierte am 9. Februar 1687 der
Klosterverwalter Georg Friedrich Stockmayer: »Hiesiger Prälat
Joachim Martini hat schon verscheyden mahlen mir zue ver-
nemmen gegeben, daß die hindere Eckh-Stuben in der Abbtey
(Prälatur) hochnöthig zue illumiren und auszustreichen seye,
anwegen selbige also sehr von dem Rauch verfinstert und
schwartz gemacht worden, daß es eher einer Kuchen als Stuben
ähnlich sehe. Weilen sich nun dermahlen allhier eine Persohn
aufhält, welche in Farben wohl umbzugehen waißt, auch diese
Verrichtung gegen Zaichnung 20 fl. verrichten laßen« (HStASt
A 284/56 Bü 174).

Ein unbekannter 1687 »durchreisender Maler« hat die Prälaten-
stube mit Paneelmalerei bilderreich geschmückt. Über die Süd-
wand zieht sich diese Holztäfelung, zusammengesetzt aus 1,96
X 0,65 m großen Einzelfeldern. Inhaltlich handelt es sich um
emblematische Bilder, um die Verbildlichung eines abstrakten
Begriffes. Den Sinn entschlüsseln beigegebene Texte (das Mot-
to) und das Epigramm. Da sieht man z. B. im fünften Rundbild
einen Bärenführer, eine Illustration der Macht und Obrigkeit,
wie das Motto mitteilt: Fortem vis fortior urget - eine stärkere
Gewalt bezwingt auch den Starken. Ausführlicher sagt es das
poetische Epigramm (in zeitgenössischer Übersetzung):
»Gleich wie der grimmige Bär im Schwantzn, wie man ihm
pfeifft, herumb muß tanzen; Also wenn der gmeine Mann/In
der Statt rieht Unfried an. Die Obrigkeit ihn mit straff kan
zwingen, daß er nach seinem willen muß springen«. Diese Dar-

92 Es sei nicht unterschlagen, daß der Waiblinger Maler Anton Sixt in
der fraglichen Zeit im Kloster Lorch gearbeitet haben soll (—ck:
Kleinere Mitteilungen - Maler Anton Sixt in Waiblingen. In: Schwä-
bisches Archiv 9/1909, 128). Diese Aussage ließ sich nicht verifizie-
ren, auch nicht im Stadtarchiv Waiblingen (mit freundl. Unter-
stützung des Stadtarchivars Breitung). Die Chronisten, die Sixt
erwähnen, interessiert bei dem Maler »von riesenmäßiger Größe« nur
der Gourmand, »welcher auf einmal 4 Pfund Fleisch essen und 9 Maß
Wein trinken konnte«, auch der später vagabundierende Lands-
knecht. (Crusius II 242; Wilhelm Glässner: Wolfgang Zacher und
seine Waiblinger Chronik von 1666. Veröffentlichung des Archivs der
Stadt Waiblingen 3. Waiblingen 1983, 126 f.I.

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