Die zweite Reformation des Klosters Lorch
Die »lutherische Kirchenspaltung«, wie die Reformation auf
dem Grabmal des Abts Lorenz genannt wird, ist den 1548 nach
Lorch zurückgekehrten Mönchen wohl nur als kurzes Zwi-
schenspiel vorgekommen. Doch war ihr Schicksal von der
großen Politik abhängig, in der sich alsbald wieder das Blatt
wendete. Im Frühjahr 1552 unternahm Kurfürst Moritz von
Sachsen, der im Schmalkaldischen Krieg auf der Seite Karls V.
gestanden war, einen Aufstand gegen den Kaiser, der sich noch
im selben Jahr im Passauer Vertrag, dann endgültig 1555 im
Augsburger Religionsfrieden dazu bereitfinden mußte, das
evangelische Bekenntnis im Reich zu dulden. Zugleich wurde
festgelegt, daß in den Territorien des Reichs der jeweilige Lan-
desherr die Konfession zu bestimmen habe.38
Der Augsburger Religionsfriede bedeutete somit die endgültige
Aufhebung der Klöster im Herzogtum Württemberg. Doch
wurde diesen Klöstern nicht einfach ein klägliches Ende berei-
tet, vielmehr wurde ihnen zugleich eine hoffnungsvolle Zukunft
eröffnet. Nach der am 9. Januar 1556 erlassenen Klosterordnung
sollten zumindest die Mannsklöster im Herzogtum Württem-
berg in Klosterschulen umgewandelt werden, da man davon
ausging, daß diese Klöster ursprünglich als Bildungsanstalten
gestiftet worden waren. Diese Klöster wurden somit die Ausbil-
dungsstätten für die künftigen Pfarrer der evangelischen Kirche
des Herzogtums. Die Kosten für die Schule und die Unterhal-
tung der Schüler waren vom jeweiligen Kloster aufzubringen.
Nach der neuen Klosterordnung blieben die bisherigen Einrich-
tungen des klösterlichen Lebens erhalten, soweit diese für sinn-
voll und schriftgemäß erachtet wurden. Hauptsächlich aber
sollte den immer noch »Novizen« genannten Schülern vom Abt
und einem oder zwei Präzeptoren Unterricht erteilt werden.
Dieser umfaßte Theologie, d. h. kursorische Bibelerklärung, so-
wie die Behandlung von Melanchthons Loci theologici, ferner
die Sprachen, nämlich Latein und die Anfangsgründe des Grie-
chischen und Hebräischen. Im übrigen sollte anhand der Lek-
türe von Ciceros »De officiis« und Vergils »Aeneis« die Regeln
von Dialektik und Rhetorik erläutert werden.39
Gemäß dieser Klosterordnung wurde wohl noch 1556 auch in
Lorch eine Klosterschule errichtet.40 Daneben bestand weiter-
hin der Konvent, der sich 1548 unter Abt Benedikt Rebstock mit
sechs Konventualen wieder eingerichtet hatte, von denen jedoch
drei aus Protest gegen die neue Klosterordnung sich in andere
Klöster ihres Ordens verfügten. Die neue Schule wurde bereits
am 8. April 1557 von Johannes Brenz, dem obersten Theologen
des Herzogtums, visitiert, wobei dieser den 10. Psalm erklärte.41
Wohl auf diese Visitation hin wurde im Mai 1557 M. Jakob
Blanck von Biberach als Praeceptor artium in Lorch angestellt.
Er bekam aufgetragen, dort die »artes«, also Grammatik, Dia-
lektik und Rhetorik zu lehren, und die »Loci theologici« zu be-
handeln, das von Melanchthon verfaßte Lehrbuch der evangeli-
schen Glaubenslehre, wobei besonders betont wird, daß Blanck
in Wittenberg bei Melanchthon selbst studiert habe.
Als zweiter Lehrer amtierte in Lorch ein Erhard Bruno, der
allerdings im Juli 1557 »aus bewegenden Ursachen« entlassen
38 Ebd., S. 311 ff.
39 Gustav Lang: Geschichte der württembergischen Klosterschulen von
ihrer Stiftung bis zu ihrer endgültigen Verwandlung in Evangelisch-the-
ologische Seminare. Stuttgart 1938, S. 41 ff.; Hermann Ehmen Der Hu-
manismus an den evangelischen Klosterschulen in Württemberg. In:
Humanismus im Bildungswesen des 15. und 16. Jahrhunderts. Hrsg. v.
Wolfgang Reinhard. Weinheim 1984 (= Mitteilung Xll der Kommission
für Humanismusforschung), S. 121 — 133.
40 Zum folgenden vgl. Lang, S. 56 f.
41 Johannes Brenz: Brevis et perspicua explicatio psalmorum Davidis. Tü-
bingen 1567. Damit erweist sich die Annahme von Lang, S. 56, die Lor-
cher Schule wäre erst im Mai 1557 eröffnet worden, als hinfällig. Man
wird also davon ausgehen müssen, daß sie-wenn vielleicht auch in pro-
visorischer Form - 1556 eröffnet wurde. - Ein Visitationsbericht von
1560 in den Lorcher Akten, HStA A 499 Bü 5, gehört jedoch nach Adel-
berg.
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Die »lutherische Kirchenspaltung«, wie die Reformation auf
dem Grabmal des Abts Lorenz genannt wird, ist den 1548 nach
Lorch zurückgekehrten Mönchen wohl nur als kurzes Zwi-
schenspiel vorgekommen. Doch war ihr Schicksal von der
großen Politik abhängig, in der sich alsbald wieder das Blatt
wendete. Im Frühjahr 1552 unternahm Kurfürst Moritz von
Sachsen, der im Schmalkaldischen Krieg auf der Seite Karls V.
gestanden war, einen Aufstand gegen den Kaiser, der sich noch
im selben Jahr im Passauer Vertrag, dann endgültig 1555 im
Augsburger Religionsfrieden dazu bereitfinden mußte, das
evangelische Bekenntnis im Reich zu dulden. Zugleich wurde
festgelegt, daß in den Territorien des Reichs der jeweilige Lan-
desherr die Konfession zu bestimmen habe.38
Der Augsburger Religionsfriede bedeutete somit die endgültige
Aufhebung der Klöster im Herzogtum Württemberg. Doch
wurde diesen Klöstern nicht einfach ein klägliches Ende berei-
tet, vielmehr wurde ihnen zugleich eine hoffnungsvolle Zukunft
eröffnet. Nach der am 9. Januar 1556 erlassenen Klosterordnung
sollten zumindest die Mannsklöster im Herzogtum Württem-
berg in Klosterschulen umgewandelt werden, da man davon
ausging, daß diese Klöster ursprünglich als Bildungsanstalten
gestiftet worden waren. Diese Klöster wurden somit die Ausbil-
dungsstätten für die künftigen Pfarrer der evangelischen Kirche
des Herzogtums. Die Kosten für die Schule und die Unterhal-
tung der Schüler waren vom jeweiligen Kloster aufzubringen.
Nach der neuen Klosterordnung blieben die bisherigen Einrich-
tungen des klösterlichen Lebens erhalten, soweit diese für sinn-
voll und schriftgemäß erachtet wurden. Hauptsächlich aber
sollte den immer noch »Novizen« genannten Schülern vom Abt
und einem oder zwei Präzeptoren Unterricht erteilt werden.
Dieser umfaßte Theologie, d. h. kursorische Bibelerklärung, so-
wie die Behandlung von Melanchthons Loci theologici, ferner
die Sprachen, nämlich Latein und die Anfangsgründe des Grie-
chischen und Hebräischen. Im übrigen sollte anhand der Lek-
türe von Ciceros »De officiis« und Vergils »Aeneis« die Regeln
von Dialektik und Rhetorik erläutert werden.39
Gemäß dieser Klosterordnung wurde wohl noch 1556 auch in
Lorch eine Klosterschule errichtet.40 Daneben bestand weiter-
hin der Konvent, der sich 1548 unter Abt Benedikt Rebstock mit
sechs Konventualen wieder eingerichtet hatte, von denen jedoch
drei aus Protest gegen die neue Klosterordnung sich in andere
Klöster ihres Ordens verfügten. Die neue Schule wurde bereits
am 8. April 1557 von Johannes Brenz, dem obersten Theologen
des Herzogtums, visitiert, wobei dieser den 10. Psalm erklärte.41
Wohl auf diese Visitation hin wurde im Mai 1557 M. Jakob
Blanck von Biberach als Praeceptor artium in Lorch angestellt.
Er bekam aufgetragen, dort die »artes«, also Grammatik, Dia-
lektik und Rhetorik zu lehren, und die »Loci theologici« zu be-
handeln, das von Melanchthon verfaßte Lehrbuch der evangeli-
schen Glaubenslehre, wobei besonders betont wird, daß Blanck
in Wittenberg bei Melanchthon selbst studiert habe.
Als zweiter Lehrer amtierte in Lorch ein Erhard Bruno, der
allerdings im Juli 1557 »aus bewegenden Ursachen« entlassen
38 Ebd., S. 311 ff.
39 Gustav Lang: Geschichte der württembergischen Klosterschulen von
ihrer Stiftung bis zu ihrer endgültigen Verwandlung in Evangelisch-the-
ologische Seminare. Stuttgart 1938, S. 41 ff.; Hermann Ehmen Der Hu-
manismus an den evangelischen Klosterschulen in Württemberg. In:
Humanismus im Bildungswesen des 15. und 16. Jahrhunderts. Hrsg. v.
Wolfgang Reinhard. Weinheim 1984 (= Mitteilung Xll der Kommission
für Humanismusforschung), S. 121 — 133.
40 Zum folgenden vgl. Lang, S. 56 f.
41 Johannes Brenz: Brevis et perspicua explicatio psalmorum Davidis. Tü-
bingen 1567. Damit erweist sich die Annahme von Lang, S. 56, die Lor-
cher Schule wäre erst im Mai 1557 eröffnet worden, als hinfällig. Man
wird also davon ausgehen müssen, daß sie-wenn vielleicht auch in pro-
visorischer Form - 1556 eröffnet wurde. - Ein Visitationsbericht von
1560 in den Lorcher Akten, HStA A 499 Bü 5, gehört jedoch nach Adel-
berg.
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