Das jungbronzezeitliche Urnengräberfeld
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Reihe angeordnet waren. Zu diesen Baulichkeiten
gehören auch zahlreiche Vorratsgruben, die im Verlauf
der Zeit angelegt wurden und in ihrem Verfallstadium
als Abfallgruben gedient haben. Alle in den Gruben
abgelagerten Funde belegen auf ihre Art ebenso wie die
keramischen Funde des Urnenfriedhofs, den Beginn,
die Dauer und den Abbruch der Siedlung17.
Aus den Überlegungen darf ein Urnengrab nicht
ausgeschlossen werden, das dicht neben dem südwest-
lichen Langhaus im Siedlungsbereich der Fundstelle 5
freigelegt wurde. Sollte es in die jüngere Bronzezeit
datieren, so wäre es verwunderlich, warum dieses Grab
nicht auf dem Urnenfriedhof angelegt wurde. Das Grab
bestand aus einer mit Knochenbrand verfüllten Urne
des Typs 425 a, die von einem durch Feuer beschä-
digten Mahlstein abgedeckt war. 18 In unmittelbarer
Nähe wurde in einer Ansammlung von Knochenbrand
auch das Fragment einer Rollenkopfnadel aus Bronze
gefunden. Zunächst wurde eine zeitliche Verbindung
zwischen beiden Befunden vermutet. Im Rahmen der
Auswertung des Gräberfeldes wurden diese Zusammen-
hänge besonders interessant und die Funde wurden
weiteren Untersuchungen zugeführt.
Der Knochenbrand wurde von Peter Caselitz
als der eines erwachsenen, 40-69-jährigen Mannes,
bestimmt. Die zweite, benachbarte Fundstelle, in der
Knochenbrand und eine Rollenkopfnadel geborgen
wurde, enthielt Knochenbrand eines 8-13-jährigen
Kindes. Besonders überraschend war die Radiokar-
bondatierung von Holzkohleresten aus der Urne der
Stelle 4194. Die 14C-Altersbestimmung ergab einen
Wert von 1640 ± 35 BP18a. Das Grab gehört demnach
in die Völkerwanderungszeit und hat nichts mit der
jüngeren Bronzezeit zu tun.
Der Bereich, in dem die Rollenkopfnadel und der
Knochenbrand eines Kindes geborgen wurde, war von
einer Grube der vorrömischen Eisenzeit überlagert
und so stark gestört, dass eine Radiokarbondatierung
nicht sinnvoll erschien. Damit ist wegen der fraglichen
Zusammengehörigkeit von Knochenbrand und Rollen-
kopfnadel auch die Datierung dieses Kindergrabes
offen geblieben.
6 Das Gräberfeld im Spiegel
zeitgenössischer Fundstellen
Bei den folgenden Überlegungen wird darauf verzich-
tet, einzelne Neufunde in die Betrachtungen mit
einzubeziehen. Dies hätte in der Gesamtbetrachtung
den erreichten Forschungsstand nicht umfassend
verbessern können. Es fehlt nämlich nicht am Fund-
material, das von mehreren Autoren in größerem
Umfang zusammengetragen und ausgewertet wurde.
Es fehlen eher Quellenbestände, die einen neuen
Einblick in die historischen und gesellschaftlichen
Zusammenhänge für die einzelnen Zeitabschnitte der
jüngeren Bronzezeit erlauben.
In Rullstorf ist es durch umfangreiche Grabun-
gen gelungen, die Quellengattung Gräberfeld mit der
Gattung Siedlung zu verbinden, beide gemeinsam zu
untersuchen und in die folgenden Überlegungen bzw.
Auswertung einzubinden.
Die jungbronzezeitlichen Gräberfelder der an-
grenzenden Regionen in Schleswig-Holstein, Mecklen-
burg und Niedersachsen sind von mehreren Autoren
zusammenfassend behandelt worden. Manfred Menke
hat die Erscheinungsformen der Gräber der jüngeren
Bronzezeit in Schleswig-Holstein unter regionalen
und topographischen Gesichtspunkten untersucht. 19
Er kommt zum Ergebnis, dass diese sich nach den
Teillandschaften Südholstein, dem Sandergebiet um
Neumünster, den Grabhügelgruppen zwischen der
Travemündung und dem Hemmelsdorfer See in Ost-
holstein, dem Gräberfeld von Ascheberg am Plöner
See sowie der besonderen Entwicklung im Dithmar-
scher Raum gliedern lassen. Er gab der Form der
Grabanlagen eine bevorzugte Stellung im Sinn einer
regionalen und chronologischen Entwicklung und kam
zur Gliederung in vier zeitlich aufeinanderfolgende
Belegungsphasen.
Für den ältesten Abschnitt der jüngeren Bronzezeit
konnte er bei den Grabformen in den einzelnen Teil-
regionen unterschiedliche Ausprägungen feststellen.20
Im größten Teil seines Untersuchungsgebietes ist der
Beginn der jüngeren Bronzezeit durch Flachgräber mit
17 Die jungbronzezeitliche Siedlung von Ochtmissen, Stadt
Lüneburg, zeigt mit zwei, von einem Zaun umgebenen, parallel
nebeneinander angeordneten Häusern und Vorratsgruben den
Anfangszustand der jungbronzezeitlichen Ansiedlung. Die Dauer
dieser Siedlung dürfte - schon wegen der Anzahl von nur fünf
Vorratsgruben - kurz gewesen sein (Gebers 1997, 61, Abb. 1).
18 Gebers 2014, Taf. 105, 22; Taf. 106, 3 (Rollenkopfnadel).
18a Die Probe wurde vom Poznan Radiocarbon Laboratory
untersucht. Es handelt sich um die Probe Rullstorf, FStNr. 5, Lab.
no. 97075, Age 14C: 1640 ± 35 BP Das Alter wurde mit 95,4%
Wahrscheinlichkeit auf die Zeiträume zwischen 335 AD (76,7%)
474 AD bzw. 485 AD (18,7%) 536 AD datiert.
19 Menke 1972.
20 Menke 1972, 73 ff.
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Reihe angeordnet waren. Zu diesen Baulichkeiten
gehören auch zahlreiche Vorratsgruben, die im Verlauf
der Zeit angelegt wurden und in ihrem Verfallstadium
als Abfallgruben gedient haben. Alle in den Gruben
abgelagerten Funde belegen auf ihre Art ebenso wie die
keramischen Funde des Urnenfriedhofs, den Beginn,
die Dauer und den Abbruch der Siedlung17.
Aus den Überlegungen darf ein Urnengrab nicht
ausgeschlossen werden, das dicht neben dem südwest-
lichen Langhaus im Siedlungsbereich der Fundstelle 5
freigelegt wurde. Sollte es in die jüngere Bronzezeit
datieren, so wäre es verwunderlich, warum dieses Grab
nicht auf dem Urnenfriedhof angelegt wurde. Das Grab
bestand aus einer mit Knochenbrand verfüllten Urne
des Typs 425 a, die von einem durch Feuer beschä-
digten Mahlstein abgedeckt war. 18 In unmittelbarer
Nähe wurde in einer Ansammlung von Knochenbrand
auch das Fragment einer Rollenkopfnadel aus Bronze
gefunden. Zunächst wurde eine zeitliche Verbindung
zwischen beiden Befunden vermutet. Im Rahmen der
Auswertung des Gräberfeldes wurden diese Zusammen-
hänge besonders interessant und die Funde wurden
weiteren Untersuchungen zugeführt.
Der Knochenbrand wurde von Peter Caselitz
als der eines erwachsenen, 40-69-jährigen Mannes,
bestimmt. Die zweite, benachbarte Fundstelle, in der
Knochenbrand und eine Rollenkopfnadel geborgen
wurde, enthielt Knochenbrand eines 8-13-jährigen
Kindes. Besonders überraschend war die Radiokar-
bondatierung von Holzkohleresten aus der Urne der
Stelle 4194. Die 14C-Altersbestimmung ergab einen
Wert von 1640 ± 35 BP18a. Das Grab gehört demnach
in die Völkerwanderungszeit und hat nichts mit der
jüngeren Bronzezeit zu tun.
Der Bereich, in dem die Rollenkopfnadel und der
Knochenbrand eines Kindes geborgen wurde, war von
einer Grube der vorrömischen Eisenzeit überlagert
und so stark gestört, dass eine Radiokarbondatierung
nicht sinnvoll erschien. Damit ist wegen der fraglichen
Zusammengehörigkeit von Knochenbrand und Rollen-
kopfnadel auch die Datierung dieses Kindergrabes
offen geblieben.
6 Das Gräberfeld im Spiegel
zeitgenössischer Fundstellen
Bei den folgenden Überlegungen wird darauf verzich-
tet, einzelne Neufunde in die Betrachtungen mit
einzubeziehen. Dies hätte in der Gesamtbetrachtung
den erreichten Forschungsstand nicht umfassend
verbessern können. Es fehlt nämlich nicht am Fund-
material, das von mehreren Autoren in größerem
Umfang zusammengetragen und ausgewertet wurde.
Es fehlen eher Quellenbestände, die einen neuen
Einblick in die historischen und gesellschaftlichen
Zusammenhänge für die einzelnen Zeitabschnitte der
jüngeren Bronzezeit erlauben.
In Rullstorf ist es durch umfangreiche Grabun-
gen gelungen, die Quellengattung Gräberfeld mit der
Gattung Siedlung zu verbinden, beide gemeinsam zu
untersuchen und in die folgenden Überlegungen bzw.
Auswertung einzubinden.
Die jungbronzezeitlichen Gräberfelder der an-
grenzenden Regionen in Schleswig-Holstein, Mecklen-
burg und Niedersachsen sind von mehreren Autoren
zusammenfassend behandelt worden. Manfred Menke
hat die Erscheinungsformen der Gräber der jüngeren
Bronzezeit in Schleswig-Holstein unter regionalen
und topographischen Gesichtspunkten untersucht. 19
Er kommt zum Ergebnis, dass diese sich nach den
Teillandschaften Südholstein, dem Sandergebiet um
Neumünster, den Grabhügelgruppen zwischen der
Travemündung und dem Hemmelsdorfer See in Ost-
holstein, dem Gräberfeld von Ascheberg am Plöner
See sowie der besonderen Entwicklung im Dithmar-
scher Raum gliedern lassen. Er gab der Form der
Grabanlagen eine bevorzugte Stellung im Sinn einer
regionalen und chronologischen Entwicklung und kam
zur Gliederung in vier zeitlich aufeinanderfolgende
Belegungsphasen.
Für den ältesten Abschnitt der jüngeren Bronzezeit
konnte er bei den Grabformen in den einzelnen Teil-
regionen unterschiedliche Ausprägungen feststellen.20
Im größten Teil seines Untersuchungsgebietes ist der
Beginn der jüngeren Bronzezeit durch Flachgräber mit
17 Die jungbronzezeitliche Siedlung von Ochtmissen, Stadt
Lüneburg, zeigt mit zwei, von einem Zaun umgebenen, parallel
nebeneinander angeordneten Häusern und Vorratsgruben den
Anfangszustand der jungbronzezeitlichen Ansiedlung. Die Dauer
dieser Siedlung dürfte - schon wegen der Anzahl von nur fünf
Vorratsgruben - kurz gewesen sein (Gebers 1997, 61, Abb. 1).
18 Gebers 2014, Taf. 105, 22; Taf. 106, 3 (Rollenkopfnadel).
18a Die Probe wurde vom Poznan Radiocarbon Laboratory
untersucht. Es handelt sich um die Probe Rullstorf, FStNr. 5, Lab.
no. 97075, Age 14C: 1640 ± 35 BP Das Alter wurde mit 95,4%
Wahrscheinlichkeit auf die Zeiträume zwischen 335 AD (76,7%)
474 AD bzw. 485 AD (18,7%) 536 AD datiert.
19 Menke 1972.
20 Menke 1972, 73 ff.