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Das jungbronzezeitliche Urnengräberfeld

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bestimmt werden konnte. Beide Gräber liegen auf dem
Gräberfeld weit auseinander, das eine am Westrand, das
zweite am Ostrand des Gräberfeldes. Das heißt, dass
auch bei diesen Gräbern keine geschlechtsbezogene
Wertung durch diese Beigabe möglich ist.
Die häufigste und oft einzige Grabbeigabe besteht
aus einem Bronzepfriem, der in 13 Gräbern8, in der
Regel als einzige Beigabe, vereinzelt aber auch in der
Kombination mit anderen Beigaben enthalten war. Es
handelt sich um ein Gerät ohne direkten geschlechts-
spezifischen Bezug. Bronzepfrieme können vereinzelt
in Männergräbern vorkommen, doch sie sind hoch
korreliert mit Gräbern, die seitens der Anthropologie
als Frauengräber ausgewiesen wurden. Zwei Pfrieme
stammen aus Männer-, sechs aus Frauengräbern. Aus
archäologischer Sicht können wir uns dieser Beur-
teilung anschließen, denn wir verbinden mit dieser
Beigabe keine weiteren Kriterien und können zusam-
menfassen, dass Pfrieme als Werkzeuge fast immer
eine Beigabe in Gräbern von erwachsenen Personen
sind, in Männergräbern vorkommen können, jedoch
besonders häufig in den Gräbern vorkommen, die
seitens der Anthropologie als Frauengräber bestimmt
wurden. Die Gräber liegen überwiegend im zentralen
Bereich des Friedhofs, kommen vereinzelt aber auch
in seinen Randbereichen vor (Abb. 12).
In einigen Gräbern sind Fragmente von Bronze-
geräten oder von Schmuckgegenständen angetroffen
worden. Ein großer Teil dieser Beigaben lässt sich als
das Bruchstück eines im Scheiterhaufen vergangenen
oder zerbrochenen Objektes deuten. Das trifft vor allem
für die Objekte zu, die Anzeichen von Schmelzvor-
gängen zeigen, die auf dem Scheiterhaufen entstanden
sind. Die fehlenden Teile eines Gegenstandes oder eines
Schmuckstückes kann man sicher als geschmolzen,
nicht mehr aufgefunden und/oder nicht aufgesammelt
betrachten.
Anders sieht das für die Beigaben aus, die ohne
Nachweis einer Beschädigung durch das Scheiterhau-
fenfeuer in die Urne gelangten. So wurde im Grab 223
das Schneidenfragment einer Bronzesichel beigegeben.
Bei dieser Bestattung handelt es sich um ein Kind im
Alter zwischen 2 und 8 Jahren. Das Fragment lässt
sich zunächst nicht in seiner Bedeutung als Beigabe
erklären, denn es handelt sich hier um das nicht mehr
brauchbare Fragment einer Sichel. Das Bruchstück
erinnert an Sichelfragmente wie sie in Brucherzhorten

vorkommen. Die Interpretation dieses Bruchstücks
als Beigabe, die nur über ihren Metallwert definiert
ist, eröffnet ein weites Feld der Deutung auch der
Bronzebeigaben, die als Fragmente in die Urnen
gelangten und ohne Nachweis einer Zerstörung durch
das Scheiterhaufenfeuer geblieben sind. Waren diese
Bruchstücke ebenfalls Beigaben von Brucherzen, die
sich in ihrer Bedeutung lediglich durch den Metallwert
definieren lassen? Das würde aber auch bedeuten,
dass wir Fragmente von Schmuck und Gerätschaften
in den Urnengräbern nicht mehr nach ihrer ehema-
ligen Funktion bewerten dürften, sondern nur nach
ihrem Metallwert. Zweifel, ob wir die Beigaben in den
fraglichen Gräbern 207 und 223 in diese Auslegung
einbeziehen können, bleiben bestehen.
Eine Deutung als Brucherz wird allerdings durch
die Funde im Bereich der zugehörigen Siedlung, der
Fundstelle 5 auf dem Kronsberg unterstützt, weil dort
in verschiedenen Befunden der jüngeren Bronzezeit
Formfragmente vom Guss in verlorener Form entdeckt
wurden. Sie könnten den gesamten Bereich der in den
Urnen angetroffenen Bronzegegenstände abdecken und
belegen unabhängig davon vor allem die Fähigkeiten
der bronzezeitlichen Siedler mit dem Rohstoff Bronze
umzugehen, indem sie ihn weiterverarbeiteten. Daher
könnte z. B. hinter der Beigabe eines Bronzesichelfrag-
mentes die Vorstellung bestanden haben daraus einen
anderen Gegenstand gießen zu können. Daher ist die
Beigabe von Brucherzen in einigen Gräbern nicht
von der Hand zu weisen. Das würde bedeuten, dass
diese Beigaben nur nach ihrem Metallwert bewertet
werden könnten.
5 Auswertung der Funde
Nach der Sichtung der Befunde wollen wir im Folgen-
den die Funde, insbesondere die Grabbeigaben, auf ihre
Aussagemöglichkeiten zur Gliederung des Gräberfeldes
und seiner chronologischen Entwicklung überprüfen.
An erster Stelle stehen dabei keramische Funde, die
sich überwiegend aus den Graburnen zusammensetzen
und durch die Gefäße ergänzt werden, die als Abde-
ckung der Graburnen verwendet wurden.
An zweiter Stelle werden wir die Metallbeigaben
auf ihre typologischen Eigenarten prüfen und ordnen.
Ziel ist es, für beide Gruppen eine zeitliche Abfolge
zu erarbeiten, die sich allein auf typologische Verän-

derungen der Keramik sowie der Bronzebeigaben

8 Es handelt sich um die Gräber 1, 6, 15, 25, 55, 86, 90, 105, dieses Gräberfeldes beziehen. Zusammen mit diesen
205, 225, 238 und 1806. Analysen wird der Vergleich der Funde aus den zum
 
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