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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 4.1961

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Walter, Otto: Schreiben an die Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder betr. Rahmenvereinbarung
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https://doi.org/10.11588/diglit.33060#0002
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Schreiben an die Ständige Konferenz der Kultusminister
der Länder, betr. Rahmenvereinbarung

Deutscher Altphilologenverhand

Der 1. Vorsitzende Kaiserslautern, 19. 12. 1960

Die im Deutschen Altphilologenverband vereinigten Lehrer der alten Spra-
chen begrüßen die Absicht der „Rahmenvereinbarung zur Ordnung des Unter-
richts auf der Oberstufe der Gymnasien vom 29. und 30. 9. 1960", verbindliche
Richtlinien für eine Konzentration des Oberstufenunterrichts aufzustellen;
ist doch die Neugestaltung der Oberstufe unserer Gymnasien olfensichtlich
eine vordringliche Aufgabe der höheren Schule geworden, die freilich nur im
selbstlosen Zusammenwirken aller Kräfte befriedigend geiöst werden kann.

In dem Wunsch, an dieser so wichtigen Aufgabe nach Kräften mitzuarbeiten,
und in dem Bewußtsein seiner Verantwortung für das gesamte höhere Bildungs-
wesen in Deutschland hat der Vorstand des Deutschen Altphiiologenverbandes
mich beauftragt, die folgende Stellungnahme vorzulegen.

1. Die Vereinbarung hat sich - wie uns scheint, mit Recht - in Absatz II
1 und 2 dafür entschieden, die Zahl der Randfächer zu beschränken und die
für den Schuityp jeweils charakteristischen Fächer zu erhalten und zu stärken.
Sie beschreitet jedoch in Absatz II 3 nach unserer Meinung einen nicht unbe-
denkiichen Weg, wenn auf der Oberstufe der sprachlichen Gymnasien der
Schüler auf jede Beschäftigung mit einer der exakten Naturwissenschaften
verzichten kann. Durch die dort gebotene Wahlmöglichkeit ist der Grund-
gedanke des aligemeinbildenden Schulwesens verletzt, nämlich der Grundsatz
eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen Geisteswissenschaften und Natur-
wissenschaften. Die Einfiihrung in die Arbeitsweise der Naturwissenschaften
an einem pädagogisch brauchbaren Modell ist eine Aufgabe, der sich keine
Schule entziehen darf. Wer in den entscheidenden Bildungsjahren nicht wenig-
stens in einem Fach die Bildungswirkung der exakten Naturwissenschaften
erfahren nat - und das ist alier Erfahrung nach nur im Oberstufenunterricht
möglich -, ist einseitig gebildet. Auch und gerade das altsprachli&e Gymnasium,
das die ihm anvertrauten jungen Menschen für Dienste höherer Verantwortung
in allen Bereichen unseres gegenwärtigen Lebens vorzubereiten hat, kann sich
nicht damit einverstanden erklären, daß einzelne seiner Schüler, aus welchem
Grunde auch immer, die Möglichkeit haben sollen, einen sol&en einseitigen
Bildungsgang zu wählen.

Wir empfehlen also dringend, es möge für die Schüler der sprachli&en Gym-
nasien angeordnet werden, daß sie als Wahlpflichtfach ein naturwissenschafl-
liches Fach wählen müssen.

2. Der in Absatz I 2 so glücklich vertretene Grundsatz von der Bedeutung
der Kernfächer wird in Absatz III 3 wieder aufgegeben. Sprache und Mathe-
matik sind als die Elemente menschlicher Kultur konstitutiv für jede höhere

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