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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 4.1961

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Nr. 3
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Rüstow, Alexander: Gymnasium perpetuum
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Sprache der Kirche
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https://doi.org/10.11588/diglit.33060#0041
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Ich meinerseits habe nie verstanden, wieso das Erlernen zweier Sprachen und
die Kenntnis einiger ihrer Literaturwerke charakterstählend wirken soll. Ich
habe nie erwartet, daß die Absolventen unserer humanistischen Gymnasien unter
Führung ihrer Latein- und Griechisch-Lehrer einen Stoßtrupp der Resistance im
Kampf gegen den Nationalsoziaiismus bilden würden. Und das um so weniger,
als zwar unser abendländisches Ideal der Freiheit aus Helias stammt, aus dem
gleichen Heilas aber auch das totalitäre Spartanertum und seine Verherriichung.
Seine Verherrlichung insbesondere auch durch Platon, der in seinen beiden gro-
ßen Staatsschriften die erste Theorie des totalitären Staates entwickelt hat,
worauf sich die Nationalsozialisten mit Recht berufen konnten, soweit sie dazu
nicht zu ungebildet waren.

Die Charakterbildung ist selbstverständlich eine der wichtigsten Aufgaben
jeder Schule, aber eben deshalb nichts spezihsch Humanistisches. Der Sinn des
Humanismus liegt nicht im Bereich des Charakters und des Willens, sondern in
dem des Geistes und der Erkenntnis. In der Antike liegen die geistigen Wurzeln
aller nichtchristlichen Bestandteiie unserer abendländischen Kultur. Und wer
diese Kultur nicht einfach naiv übernehmen, sondern aus ihrer Entstehung her-
aus verstehen will, der muß sich die antiken Sprachen und Literaturen aneignen.
Es ist die Aufgabe des geistesgeschichtlichen Selbstverständnisses, um die es sich
hier handelt, eine Aufgabe, die sich freilich immer nur eine Minderheit stellen
kann und stellen wird, aber eine für unser geistiges Leben unentbehrliche Min-
derheit. Das ist die einzigartige und unersetzliche Bedeutung des Humanistischen
Gymnasiums^".

Und für diese lebenswichtige Minderheit, die zu bescheiden und zu stolz sein
sollte, sich etwa als Elite zu bezeichnen, fühlen wir uns verpflichtet, die ehr-
würdige Tradition des Humanistischen Gymnasiums in Konzentration auf ihren
zentralen Gehalt aufrechtzuerhalten,

perpetuo et irrevocabiliter^.

hatte. Auf d i e s e Enttäuschung (von der ich nicht in extenso sprechen wollte) be-

zogen sich meine Sätze."

Humanistisch ohne Griechisch? Brief an die Herausgeber der FAZ vom 25. Januar

1961.

ü Aus der Gründungsurkunde des Bruchsaler Gymnasiums vom 30. Juli 1757.

Sprache der Kirche

(entnommen aus „Die römische Warte", Beilage der „Deutschen Tagespost" -
Berichte und Kommentare aus dem „Osservatore Romano" Folge II, 16)

„Latein, die Sprache der Kirche", ist der umfangreiche Dreistern-Leitartikel
im Osservatore Romano 25. 3. 1961 von besonderer Seite tiberschrieben, der
nach dem ausführlich zitierten Lehramt aller Päpste des letzten Jahrhunderts
das entschlossene treue Festhalten der Kirche am Latein als gemeinsamer Mutter-

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