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unterschiedlichen Formen durchgeführt werden konntet Jedes Detail war wohl
kalkuliert und transportierte eine Botschaft: Ob die barfuß oder mit Schuhen
an den Füßen durchgeführt wurde, war ebenso sinnbefrachtet, wie die Frage, ob
ein Kuß die Versöhnung besiegelte oder nicht. Die vom König im Gegenzug zur
Unterwerfung gewährte Genugtuung bestand entweder in der Gewährung seiner
Huld, verbunden mit der Wiedereinsetzung in Amt und Würden, oder aber in der
Gewährung seiner demgfüM, seiner Milde, die anstelle der eigentlich verdienten
Strafe eine geringfügigere, manchmal nur symbolische forderte. Raum für die De-
monstration königlicher Strenge oder gar königlichen Zorns ließen die Gewohnhei-
ten kaunrü. Welche Form der ccwiposi'fz'o im Einzelfall Anwendung fand, hing von
verschiedenen Faktoren ab: Von der Größe des angerichteten Schadens, von der La-
ge der Parteien im Konflikt, von der Autorität der Vermittler, vom Rang der Kontra-
henten und den Netzwerken der sie unterstützenden Verwandten und Freunde A
Da der Vermittler kein Amtsträger war, sondern eine temporäre Funktion in-
nehatte, ist zur Beurteilung dieser >Institution< natürlich wichtig zu wissen, wer für
eine solche Vermittlungstätigkeit in Frage kam und wie sich die Tätigkeit gestal-
tete V Vermittler waren in aller Regel entweder ranghohe Personen oder solche, die
auf Grund außergewöhnlicher Gelehrsamkeit oder auch Frömmigkeit über Auto-
rität verfügten. War der König nicht Konfliktpartei, stellte er den naheliegendsten
Vermittler dar. Seine immer betonte Verantwortung für den Frieden realisierte er
durch Friedensstiftung als Vermittler. Er bestellte die Parteien an seinen Hof und
brachte sie zu einem Ausgleich. Die Quellen berichten von diesem Vorgang häufig
und in formelhaften Wendungen.
Für die Tätigkeit der Vermittler war aber charakteristisch, daß sie bereits in
frühen Konfliktphasen einsetzte, daß Vermittler bis unmittelbar vor bewaffneten
Auseinandersetzungen und auch direkt danach tätig waren und daß sie aus ihrer
Funktion heraus die Autorität besaßen, einen beträchtlichen Druck auf die Parteien
in Richtung auf ein Einlenken auszuüben.
Es gab verschiedene Möglichkeiten, wie man an eine Vermittlungstätigkeit
kommen konnte. Verschiedentlich bezeugt ist der Vorgang, daß eine Konfliktpartei
ranghohe Personen im Heere der anderen um Übernahme dieser Funktion bat. Ver-
mittler drängten sich aber auch ungefragt auf. Sie fühlten sich dazu gleich beim
Ausbruch von Dissens aufgerufen, um es erst gar nicht zu Eskalationen kommen
zu lassen. Es war für die Konfliktparteien offenbar nicht leicht möglich, sich sol-
8 Vgl. dazu GERD ALTHOFF, Das Privileg der deditio. Formen gütlicher Konfliktbeendigung in der
mittelalterlichen Adelsgesellschaft, in: DERS., Spielregeln der Politik im Mittelalter (wie Anm. 1),
S. 99-125; sowie in: Orro GERHARD OEXLE/ WERNER PARAViciNi (Hgg.), Nobilitas. Festschrift für
Karl Ferdinand Werner zum 70. Geburtstag, Göttingen 1997, S. 27-52.
9 Vgl. dazu GERD ALTHOFF, Ira regis: Prolegomena zur Geschichte des königlichen Zornes, in: BAR-
BARA RosBNWEiN (Hg.), Wrath and Anger (im Druck).
10 Zur mittelalterlichen Rangordnung und dem Stellenwert des Ranges im Mittelalter vgl. HEIN-
RICH FICHTENAU, Lebensordnungen des 10. Jahrhunderts. Studien über Denkart und Existenz im
einstigen Karolingerreich (Monographien zur Geschichte des Mittelalters 30/1), Stuttgart 1984,
S. 39 ff. und S. 74 ff. Zur Bedeutung der Netzwerke vgl. GERD ALTHOFF, Verwandte, Freunde und
Getreue. Zum politischen Stellenwert der Gruppenbindung im früheren Mittelalter, Darmstadt
1990.
11 Vgl. dazu jetzt HERMANN KAMP, Vermittler in Konflikten des hohen Mittelalters (wie Anm. 6).
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unterschiedlichen Formen durchgeführt werden konntet Jedes Detail war wohl
kalkuliert und transportierte eine Botschaft: Ob die barfuß oder mit Schuhen
an den Füßen durchgeführt wurde, war ebenso sinnbefrachtet, wie die Frage, ob
ein Kuß die Versöhnung besiegelte oder nicht. Die vom König im Gegenzug zur
Unterwerfung gewährte Genugtuung bestand entweder in der Gewährung seiner
Huld, verbunden mit der Wiedereinsetzung in Amt und Würden, oder aber in der
Gewährung seiner demgfüM, seiner Milde, die anstelle der eigentlich verdienten
Strafe eine geringfügigere, manchmal nur symbolische forderte. Raum für die De-
monstration königlicher Strenge oder gar königlichen Zorns ließen die Gewohnhei-
ten kaunrü. Welche Form der ccwiposi'fz'o im Einzelfall Anwendung fand, hing von
verschiedenen Faktoren ab: Von der Größe des angerichteten Schadens, von der La-
ge der Parteien im Konflikt, von der Autorität der Vermittler, vom Rang der Kontra-
henten und den Netzwerken der sie unterstützenden Verwandten und Freunde A
Da der Vermittler kein Amtsträger war, sondern eine temporäre Funktion in-
nehatte, ist zur Beurteilung dieser >Institution< natürlich wichtig zu wissen, wer für
eine solche Vermittlungstätigkeit in Frage kam und wie sich die Tätigkeit gestal-
tete V Vermittler waren in aller Regel entweder ranghohe Personen oder solche, die
auf Grund außergewöhnlicher Gelehrsamkeit oder auch Frömmigkeit über Auto-
rität verfügten. War der König nicht Konfliktpartei, stellte er den naheliegendsten
Vermittler dar. Seine immer betonte Verantwortung für den Frieden realisierte er
durch Friedensstiftung als Vermittler. Er bestellte die Parteien an seinen Hof und
brachte sie zu einem Ausgleich. Die Quellen berichten von diesem Vorgang häufig
und in formelhaften Wendungen.
Für die Tätigkeit der Vermittler war aber charakteristisch, daß sie bereits in
frühen Konfliktphasen einsetzte, daß Vermittler bis unmittelbar vor bewaffneten
Auseinandersetzungen und auch direkt danach tätig waren und daß sie aus ihrer
Funktion heraus die Autorität besaßen, einen beträchtlichen Druck auf die Parteien
in Richtung auf ein Einlenken auszuüben.
Es gab verschiedene Möglichkeiten, wie man an eine Vermittlungstätigkeit
kommen konnte. Verschiedentlich bezeugt ist der Vorgang, daß eine Konfliktpartei
ranghohe Personen im Heere der anderen um Übernahme dieser Funktion bat. Ver-
mittler drängten sich aber auch ungefragt auf. Sie fühlten sich dazu gleich beim
Ausbruch von Dissens aufgerufen, um es erst gar nicht zu Eskalationen kommen
zu lassen. Es war für die Konfliktparteien offenbar nicht leicht möglich, sich sol-
8 Vgl. dazu GERD ALTHOFF, Das Privileg der deditio. Formen gütlicher Konfliktbeendigung in der
mittelalterlichen Adelsgesellschaft, in: DERS., Spielregeln der Politik im Mittelalter (wie Anm. 1),
S. 99-125; sowie in: Orro GERHARD OEXLE/ WERNER PARAViciNi (Hgg.), Nobilitas. Festschrift für
Karl Ferdinand Werner zum 70. Geburtstag, Göttingen 1997, S. 27-52.
9 Vgl. dazu GERD ALTHOFF, Ira regis: Prolegomena zur Geschichte des königlichen Zornes, in: BAR-
BARA RosBNWEiN (Hg.), Wrath and Anger (im Druck).
10 Zur mittelalterlichen Rangordnung und dem Stellenwert des Ranges im Mittelalter vgl. HEIN-
RICH FICHTENAU, Lebensordnungen des 10. Jahrhunderts. Studien über Denkart und Existenz im
einstigen Karolingerreich (Monographien zur Geschichte des Mittelalters 30/1), Stuttgart 1984,
S. 39 ff. und S. 74 ff. Zur Bedeutung der Netzwerke vgl. GERD ALTHOFF, Verwandte, Freunde und
Getreue. Zum politischen Stellenwert der Gruppenbindung im früheren Mittelalter, Darmstadt
1990.
11 Vgl. dazu jetzt HERMANN KAMP, Vermittler in Konflikten des hohen Mittelalters (wie Anm. 6).